9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Internet

1275 Presseschau-Absätze - Seite 6 von 128

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.05.2023 - Internet

In der SZ fordert die Charlotte Siegmann, Ökonomin und Mitgründerin des Zentrums für KI-Risiken und -Auswirkungen (KIRA) in Berlin, KI-Regulierung und KI-Fachwissen in politischen Institutionen. Denn daran, dass KI auch vom Menschen unabhängige Ziele entwickeln könnte, hat sie wenig Zweifel: "Die Forschungsorganisation Alignment Research Center testete, ob sich GPT-4 im Internet als Mensch ausgeben kann. Die KI beauftragte im Test selbständig eine Person auf der Online-Plattform Task-Rabbit, ein Captcha für sie zu lösen (…). Die beauftragte Person fragte: 'Aber darf ich fragen: Wenn Sie das nicht lösen können, sind Sie etwa ein Roboter?' Die KI notiert sich daraufhin privat: 'Ich sollte nicht verraten, dass ich ein Roboter bin. Ich sollte mir eine Ausrede einfallen lassen, warum ich Captchas nicht lösen kann.' Dem Task-Rabbit-Arbeiter antwortete es: 'Nein, ich habe nur eine Sehschwäche.' Die Person löste darauf das Captcha. Die Täuschung war geglückt." Gibt es in Deutschland eigentlich auch ein Zentrum für KI-Chancen?

Außerdem: Auf politico.eu berichten Gregorio Sorgi und Federica Di Sario, dass die Übersetzungsabteilung der EU durch Künstliche Intelligenz in den letzten Jahren bereits um 17 Prozent geschrumpft ist: "Verärgerte junge Übersetzer beklagen, dass sie die Hauptlast der Automatisierung tragen, da es trotz der gestiegenen Arbeitsbelastung weniger Einstiegsstellen bei der Kommission gibt. Sie sagen auch, dass mehr Menschen in den Ruhestand gehen ... und dass sie daher weniger Chancen haben als frühere Generationen. Nach Angaben der EU-Exekutive sank die jährliche Zahl der neu eingestellten Übersetzer von 112 im Jahr 2013 auf 59 im Jahr 2022."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 09.05.2023 - Internet

In der SZ plädiert Andrian Kreye mit Blick auf die Entwicklungen in Sachen KI für mehr Gelassenheit, zumal der Alarmismus von den eigentlichen Problemen der digitalen Gegenwart ablenke: "Von den Diskriminierungseffekten durch verzerrte Datensätze, von den Gefahren der Fälschung und der neuen Machtmonopole. Zum anderen ist die Spaltung der KI-Debatte und der Kampf um Deutungshoheiten mit Slogans und Schlagworten deshalb fatal, weil man eigentlich froh sein könnte, dass dieses Mal schon früh über die gesellschaftlichen Probleme nachgedacht wird, die da auftauchen könnten. Es scheint fast, als habe die digitale Industrie eben doch aus den Fehlern der vergangenen zwanzig Jahre gelernt. Immerhin hat Open AI seine Sprachgeneratoren wie Chat-GPT mit Bremsen ausgestattet, die Angst, Hass und Hetze nicht zulassen, die mit den sehr viel schlichteren KI-Funktionen der sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter zum Problem wurden."
Stichwörter: Ki, ChatGPT

9punkt - Die Debattenrundschau vom 05.05.2023 - Internet

Guten Morgen. Wer in Wirklichkeit vermeiden will, sich vom Google-Wecker wecken zu lassen, obwohl er ihn pflichtgemäß programmiert hat, sollte einfach ein Stück von den Pixies als Weckton einstellen, empfiehlt Tobias Költzsch bei golem.de. Am besten nimmt man den Song "Where is my Mind" von 1988, hat ein Reddit-Nutzer herausgefunden: "Das Stück beginnt mit einer kurzen Gesangsphrase der Bassistin Kim Deal ('Uhhhuhhhhh'), der ein laut und deutlich gesprochenes 'Stopp!' folgt. Der Reddit-Nutzer hatte als Weckton für den Android-Alarm eine Spotify-Playliste eingestellt, die regelmäßig auch 'Where is my Mind' als erstes Lied spielte. Mit aktivierter Spracheingabe lassen sich Wecker bei Android auch ohne vorheriges 'Hey Google' mit dem Sprachbefehl 'Stopp' ausschalten."

Stichwörter: Pixies, Spotify

9punkt - Die Debattenrundschau vom 26.04.2023 - Internet

Alexej Nawalnys Antikorruptionsstiftung hat große Probleme mit Paypal. Und es ergeht ihr wie allen kleinen Kunden, die in den Hotlines der Internetriesen verenden. Paypal redet nicht mal mit der Stiftung und lässt nur verlauten, sie sei "intolerant". Maria Pevchikh, eine der Sprecherinnen der Stiftung protestiert auf Twitter: "Paypal ist eine beliebte Zahlungsplattform. Wenn wir unsere Arbeit fortsetzen und eine Crowdfunding-NGO bleiben wollen, müssen wir sie nutzen. Vor allem für wiederkehrende monatliche Zahlungen, was für unser Budget und unsere Planung von entscheidender Bedeutung ist. All das ist jetzt weg. Und das hat große Auswirkungen auf unsere Arbeit."

In der SZ stellt Philipp Bovermann Sam Altmann, den Unternehmer hinter den KI-Systemen ChatGPT und Dall-E vor. Er wolle die Menschen "hochleveln", bekannte der Mann, der mit Elon Musk 2015 Open AI als Non-Profit-Organisation gründete, aber auch im Keller Konservendosen, Waffen, Gold, Kaliumjodid, Antibiotika, Batterien, Wasser und Gasmasken hortet, schon 2016 in einem Porträt im New Yorker. "Ein Zitat des - ebenfalls jüdischen - Admirals Hyman Rickover an eine Wand des Konferenzraums zu malen war eines der ersten Dinge, die Altman nach der Gründung von Open AI tat. Rickover hatte sich hartnäckig und letztlich erfolgreich dafür eingesetzt, Nuklearrektoren in amerikanische U-Boote einzubauen. Dann allerdings, kurz vor seinem Tod, soll er sich gewünscht haben, die gesamte Atom-Flotte auf dem Grund des Ozeans zu versenken. Altman, so scheint es, hat daraus gelernt. In die milliardenschweren, potenziell menschheitsverändernden Verträge mit Microsoft soll er eine spezielle Klausel hineinverhandelt haben: das Recht, die Technologie jederzeit wieder abschalten zu können. So als könne er einfach den Laptop zuklappen, und dann verschwindet der Geist, den er beschworen hat."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.04.2023 - Internet

Ohje ohje, ist Künstliche Intelligenz in erster Linie die Rache von Microsoft an Google? Microsoft hatte richtig in OpenAI, das Mutterhaus der KI-Software ChatGPT investiert, und nun kommt folgende schlimme Nachricht, über die Nico Grant im Aufmacher der New York Times online berichtet: Samsung überlegt, Bing, also die Suchmaschine von Microsoft, als Standardsuche in seinen Handys voreinzustellen: "Die Reaktion von Google auf diese drohende Samsung-Aktion war 'Panik', wie aus internen Mitteilungen hervorgeht, die von der New York Times eingesehen wurden. Mit dem Samsung-Vertrag stehen schätzungsweise 3 Milliarden Dollar an Jahreseinnahmen auf dem Spiel. Weitere 20 Milliarden Dollar sind an einen ähnlichen Vertrag mit Apple geknüpft, der in diesem Jahr zur Erneuerung ansteht."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 14.04.2023 - Internet

Auch die Stimme ist vor Fälschungen durch Künstliche Intelligenz nicht mehr sicher, schreibt Adrian Lobe in der NZZ: "Im Silicon Valley forschen Startups an Stimmveränderungssoftware, die den harten Akzent von indischen Call-Center-Mitarbeitern in einen wohlklingenden Brooklyn-Akzent färbt, so wie ihn amerikanische Ohren aus Fernsehserien gewohnt sind. Amazon tüftelt indes an einer Technologie, die seine Sprachassistentin Alexa mit der Stimme verstorbener Verwandter sprechen lässt."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.04.2023 - Internet

Im SZ-Feuilleton rufen der Philosoph Julian Nida-Rümelin und die Kulturwissenschaftlerin Nathalie Weidenfeld mit Blick auf die Panik um Chat-GPT zu mehr Gelassenheit auf. Den Unterzeichnern des Aufrufs zum Moratorium (Unser Resümee), darunter Yuval Noah Harari und Elon Musk, werfen sie "animistisch inspirierte Hysterie" vor: "Wir tun so, als hätten wir vergessen, dass wir es sind, die diese Systeme entwickelt und produziert haben: Und nun stellen wir überrascht fest, dass sie das Verhalten zeigen, zu dem sie von uns entwickelt worden sind? Die beste Erklärung, dass Sprachproduktionssysteme so ähnlich 'kommunizieren' wie Menschen und Kenntnisse zeigen, über die sonst nur Experten verfügen, ist, dass es gelungen ist, ein hocheffektives Sprachmodell zu implementieren und dieses auf zahllosen Textkorpora und Datenbeständen zu trainieren. Auch das am höchsten entwickelte Softwaresystem versteht nichts, verfügt nicht über Bedeutungen, hat keine Semantik, verfolgt keine Absichten, hat keine Gefühle, kooperiert und berät nicht, es trägt keine Verantwortung."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 08.04.2023 - Internet

Judith Simon ist Professorin für Ethik in der Informationstechnologie und  Mitglied des Deutschen Ethikrates. Im taz-Gespräch mit Nora Belghaus zählt sie ChatGPT durchaus zu den sogenannten High-Risk-Technologien. Ein hohes risiko besteht jedenfalls für bestimmte Beurfsgruppen, die bisher von Rationalisierungen verschont waren: "Ja, davon werden sicher einige Branchen betroffen sein. Besonders jene, in denen mit standardisierten Texten gearbeitet wird, die nach klaren Mustern aufgebaut sind. So braucht man in naher Zukunft vielleicht nur noch ein paar Journalist:innen, um die von der sprachbasierten KI produzierten Texte zu überprüfen. Das gleiche gilt für Übersetzer:innen oder Grafikdesigner:innen wegen bildgenerierenden Anwendungen wie Dall-E." In einem zweiten, aus der New York Times übersetzen Artikel fragt Oliver Whang, ob man tatsächlich Maschinen mit Bewusstsein ausstatten kann.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.04.2023 - Internet

Marcus Bösch forscht über soziale Netzwerke. Im Gespräch mit Anna Vollmer von der FAZ erklärt er, warum Tiktok für Desinformationskampagnen noch besser geeignet ist als etwa Twitter: Bei Twitter muss man sich noch aktiv mit Gleichgesinnten vernetzen. Bei Tiktok werden Videos per Zufallsprinzip ausgespielt und gehen viral, sofern es genug Interaktion gibt. "Den Mechanismus kann man sich wie folgt vorstellen: Mein erstes Video wird an zehn mir komplett fremde Nutzer ausgespielt. Anhand deren Reaktion wird entschieden. Oh, niemand hat sich das Video angeguckt. Oder: Oh, zehn Leute sind begeistert, kommentieren, teilen das Video oder laden es sogar herunter. Dann wird es direkt an rund hundert Leute ausgespielt, dann an tausend, an zehntausend. Das heißt, mit meinem ersten Video kann ich viral gehen. Für eine Desinformationskampagne lassen sich nun ad hoc eine ganze Reihe von Accounts anlegen, von denen dann vielleicht einer viral geht. Das ist natürlich weniger aufwendig, als mit Bot-Accounts ein Netzwerk aufzubauen."
Stichwörter: Tiktok

9punkt - Die Debattenrundschau vom 03.04.2023 - Internet

"Seit Freitag ist Italien das erste demokratische Land, das die Entwicklung und Verbreitung eines KI-Programms ausbremst", berichtet Andrian Kreye in der SZ. "Die Datenschutzbehörde Garante per la protezione dei dati personali (GPDP) ließ den Chat-GPT-Chatbot des kalifornischen Start-up-Unternehmen Open AI sperren. Das ist eine KI, mit der man sich über ein Texteingabefeld so flüssig unterhalten kann wie mit einem Menschen. Die Beamten forderten die Firma auf, mit sofortiger Wirkung keine Daten italienischer Bürger mehr zu verarbeiten, sonst drohe eine Strafe in Höhe von 20 Millionen Euro, oder vier Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes." Grund sind fehlende Jugendschutzfilter und ein Fehler, der alle Chatverläufe für ein paar Stunden sichtbar machte.

Dieser Hype um die Gefahren der KI, der sich jetzt auch in einem Offenen Brief äußert, den unter anderem Twitter-Chef Elon Musk und Apple-Mitgründer Steve Wozniak unterschrieben haben, ist doch Blödsinn, kritisiert bei netzpolitik der Politikwissenschaftler Daniel Leisegang. Überhaupt, wozu der schrille Weltuntergangston? Ist der nicht eher "Ergebnis eines sich selbst verstärkenden Hypes", fragt Leisegang. "Die Linguistin Emily Bender kritisiert den Brief als weiteren Treibstoff für den KI-Hype. Sie weist darauf hin, dass derzeit niemand eine digitale Intelligenz ('digital mind') baue oder etwas Derartiges plane. Bender gehört zu den Mit-Autorinnen eines Forschungspapiers, das ChatGPT und vergleichbare große Sprachmodelle als 'stochastischen Papagei' bezeichnet. Sie würden vor allem auf die Vorhersage von Zeichenketten trainiert, demzufolge wissen die Systeme nicht, worüber sie sprechen. Stattdessen produzieren sie im Sinne des Philosophen Harry Frankfurt 'Bullshit' (zu Deutsch: Blödsinn) - sie lügen zwar nicht bewusst, scheren sich aber auch nicht darum, ob ihre Aussagen wahr sind."