9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Europa

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 26.01.2024 - Europa

In Deutschland ist die Zahl der antisemitische Vorfälle seit dem 7. Oktober stark angestiegen, meldet die FAZ, nachdem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein die Zahlen in Berlin vorgestellt hatte: "Über 2000-mal sei in Deutschland innerhalb von mehr als 100 Tagen ein Jude angegriffen, bedroht, beleidigt oder in Angst versetzt, sei öffentlich antisemitische Hetze verbreitet worden." Auch in Italien sieht es nicht besser aus, berichtet Karen Krüger, ebenfalls in der FAZ. "Noch nie wurde in Italien dem Holocaust-Gedenktag mit einer solchen Besorgnis entgegengeblickt wie in diesem Jahr. Nie hielt man das Risiko für antisemitische Vorfälle und antiisraelische Demonstrationen, die den Tag überschatten könnten, für größer. Die harte israelische Reaktion auf den 7. Oktober, die den Gazastreifen, wie der Oberrabbiner von Rom, Riccardo Di Segni, unlängst anprangerte, in eine 'von Kratern übersäte Mondlandschaft' verwandelt habe, hat auch in der italienischen Gesellschaft wieder die antijüdischen Stereotype vom rachsüchtigen Juden, der für das Leiden der anderen unempfänglich ist, an die Oberfläche gespült. Das Klima in Italien ist mittlerweile so vergiftet, dass Mitglieder der jüdischen Gemeinde intern dazu aufforderten, nicht an den Feierlichkeiten zum 27. Januar teilzunehmen: Angesichts der Anfeindungen und anstatt sich weiterhin als Staffage für Gedenkveranstaltungen zur Verfügung zu stellen, solle man die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Erinnerung lieber Nichtjuden überlassen."

In der SZ denkt Julian Nida-Rümelin nicht nur über ein AfD-Verbot nach, sondern fordert die demokratischen Parteien auch auf, beim Thema "Migration" nicht länger wegzuschauen: "Der Zusammenhang zwischen einem Übermaß an illegaler und unregulierter Einwanderung und dem Erstarken des Rechtspopulismus liegt auf der Hand. Die AfD war dabei, als Partei zu sterben, als die Flüchtlingskrise 2015/16 eskalierte, begleitet von der mehr als fahrlässigen Behauptung der damaligen Bundeskanzlerin, man könne im 21. Jahrhundert staatliche Grenzen nicht mehr schützen. Der AfD hat diese Politik zu einem massiven Aufschwung verholfen. Die Tatsache, dass es seit 2015 bis in die Gegenwart dauerte, bis die Europäische Union begonnen hat, eine realistischere Migrationspolitik zu betreiben, ist ein politischer Skandal. Seit 2015/16 wusste man spätestens, welche Herausforderungen sich da für Europa auftürmen. Geschehen ist so gut wie nichts.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 25.01.2024 - Europa

Heinrich Wefing besucht für die Zeit Adam Bodnar, den neuen Justizminister in Polen, der vor der Herkulesaufgabe steht, das illiberale System, das die PiS in den letzten Jahren aufgebaut hat, zu reformieren: also "die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen, die Staatsanwaltschaften zu entpolitisieren, korrupte Richter zur Verantwortung zu ziehen". Bodnar versucht es mit Geduld und kleinen Schritten, doch selbst dabei "trifft er auf brutalen Widerstand. Zwei Gegenspieler hat er im Moment vor allem: Staatspräsident Andrzej Duda, der weitreichende Befugnisse hat, viel mehr als etwa der deutsche Bundespräsident. Und das Verfassungstribunal, das höchste Gericht in Polen. Alle 15 Richterinnen und Richter wurden von der PiS gewählt. 'Niemand am polnischen Verfassungsgericht', sagt Bodnar, 'versucht überhaupt noch, so zu tun, als wären die Urteile unpolitisch. Das Gericht wird benutzt, um bestimmte politische Ziele durchzusetzen.'" Dem liberalen Richterverband geht das alles zu langsam. Sein Präsident Krystian Markiewicz "fordert im Gespräch mit der Zeit einen Parlamentsbeschluss, um mehrere Richter am Verfassungsgericht auf einen Schlag auszutauschen. Genau so hatte seinerzeit die PiS ihre ersten Richter im Verfassungstribunal installiert. Ob das damals rechtlich zulässig war, ist bis heute umstritten. Aber die Menschen hätten die neue Regierung gewählt, damit sich etwas ändert, nicht fürs Zögern und Taktieren. Muss man also doch mit denselben Mitteln operieren wie die Feinde des Rechtsstaats, um den Rechtsstaat wiederherzustellen?"

Auch in der Kulturpolitik kann die neue polnische Regierung in den Kulturinstitutionen kaum die PiS-Anhänger ablösen, ohne gegen die von der PiS verabschiedeten Gesetze zu verstoßen, konstatiert der polnische Journalist Konstanty Gebert in der SZ. "Wenn man sich das Ausmaß der Zerstörung in den vergangenen acht Jahren vor Augen führt, waren die Eingriffe der neuen Behörden bislang erstaunlich zahm. Die großen Reformen konzentrieren sich auf die öffentlichen Medien. Kultureinrichtungen, die zum Imperium von Pater Tadeusz Rydzyk, dem Gründer des fundamentalistischen katholischen Radio Maryja, gehören, haben einen Teil ihrer staatlichen Unterstützung verloren. Ein Spielfilm des verstorbenen großen Regisseurs Andrzej Wajda über den Solidarność-Führer Lech Wałęsa wurde im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt, woraufhin aus den Reihen der PiS empörte Proteste wegen der 'Politisierung' des Mediums laut wurden. Einige Kultureinrichtungen wurden fusioniert, was personelle Veränderungen ermöglicht. 'Das sind Höhlenmenschen. Die Deutschen werden sich freuen', kommentierte der ehemalige Kulturminister Piotr Gliński."

Im NZZ-Gespräch mit Lucien Scherrer sieht der französisch-marokkanische Historiker Georges Bensoussan eine große Gefahr für die französische Demokratie, die von der Linken ausgehe. Diese sehe nicht, dass der islamistische Antisemitismus viel tödlicher als der Rechten sei und unterstützte vorbehaltlos propalästinensische Kundgebungen. "Diese Demonstrationen sind letztlich ein oberflächliches Phänomen. Die tiefere Realität ist schwieriger zu erkennen, denn die große Mehrheit in diesem Land demonstriert nicht. Sie geht nicht auf die Straße. Ich bin davon überzeugt, dass diese Mehrheit zutiefst antiislamistisch eingestellt ist, aber nicht gehört wird. Sie spürt, dass Frankreich der gleichen Gefahr ausgesetzt ist wie Israel: dem Islamismus, der im 'Bataclan' getötet hat, der einen Priester enthauptet hat, der 86 Menschen in Nizza und die Redaktion von 'Charlie Hebdo' getötet hat. Die Medien spiegeln dieses Frankreich oft nicht wider, sie sind von einer kulturellen, intellektuell verarmten Linken geprägt. Diese Linke erkennt in den Muslimen, angefangen mit denen in Gaza, die neuen Verdammten dieser Erde."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 24.01.2024 - Europa

Wir müssen dringend Antworten finden auf die Frage, was eine deutsche Identität ist, was sie in Zukunft sein kann, meint Aleida Assmann im Spiegel-Gespräch. Die historische Verantwortung für den Holocaust gehört für Assmann zum "kollektiven nationalen Selbstverständnis", müsse aber um die Erinnerung an die Nakba ergänzt werden, meint sie: "Ich glaube, man macht vielen Zugewanderten überhaupt erst deutlich, warum die Erinnerung an den Holocaust so wichtig ist, wenn man ihre eigenen Erfahrungen anerkennt und den Holocaust dazu in Beziehung setzt. Die Frage ist doch, wie wir Lehren aus der Vergangenheit ziehen und die deutsche Verantwortung in die Zukunft weitertragen wollen, in einem Land, das eben nicht mehr ethnisch deutsch ist. Das geht nur dann, wenn man über 1945 hinausdenkt und die Ereignisse von 1948 in die kollektive Erinnerung einbezieht. Man kann die Vertreibung der Palästinenser auch als indirekte Folge des Holocausts sehen - die Deutschen haben auch dafür eine Mitverantwortung."

Noch schwieriger als der Aufbau einer Demokratie ist deren Wiederherstellung, denkt sich Timothy Garton Ash, der im Guardian skizziert, wie Donald Tusk in Polen "mit dem eisernen Besen" durch die Hochburgen der PiS-Partei kehrt: "Es handelt sich nicht wie 1989 um eine von außen aufgezwungene Einparteiendiktatur, bei der sich fast alle Polen - darunter viele der ehemaligen kommunistischen Machthaber - einig sind, dass sie durch eine friedliche Revolution umgewandelt werden muss. Vielmehr handelt es sich um ein völlig hausgemachtes Durcheinander, das zum größten Teil in Gesetzen verborgen liegt, die von einer demokratisch gewählten parlamentarischen Mehrheit verabschiedet wurden. Zweitens handelt es sich um Hyperpolarisierung, Fake News und Hysterie, die stark an die heutigen Vereinigten Staaten erinnern. Wie die Maga-Republikaner und die linken Demokraten leben auch die Anhänger von Kaczyński und Tusk in unterschiedlichen Realitäten, wobei jeder den anderen wegen Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit und Verrat an der Nation anprangert. Eine stabile liberale Demokratie hängt von einem grundlegenden gesellschaftlichen Konsens über die Legitimität wichtiger Institutionen wie Parlament, Präsidentschaft, unabhängiger Gerichte und freier Medien ab. Wie stellt man eine gut funktionierende liberale Demokratie wieder her, wenn dieser minimale gesellschaftliche Konsens nicht existiert?"

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die verfassungsfeindliche NPD (inzwischen: "Die Heimat") für zunächst sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen, das Urteil ist auch für ein mögliches AfD-Verbot relevant, erklärt Christian Rath in der taz, denn: "Erstens ist das Instrument des Ausschlusses einer verfassungsfeindlichen Partei von der staatlichen Finanzierung jetzt voll einsetzbar. Letzte Zweifel an der Zulässigkeit hat das Bundesverfassungsgericht beseitigt. Zweitens hat das Gericht klargestellt, dass die Voraussetzungen für ein Parteiverbot und einen Finanzierungsausschluss fast identisch sind. Einziger Unterschied: Beim Parteiverbot ist eine gewisse Stärke/Potenzialität erforderlich. Drittens kommt es für die Verfassungsfeindlichkeit nicht nur auf die Partei- und Wahlprogramme einer Partei an, sondern auf die 'wirklichen Ziele' der Partei. Hier muss die Partei sich auch Äußerungen der Parteiführung zurechnen lassen. Auch das Verhalten führender Funktionäre von Teilorganisationen wie Landesverbänden sind der Partei zuzurechnen."

Gerade die Demos in kleineren ostdeutschen Ortschaften sind bemerkenswert, erkennt der Chemnitzer Protestforscher Piotr Kocyba im Spiegel-Interview an, denn: "In mancher dieser kleineren Ortschaften bedarf es sehr viel Mut, öffentlich gegen die AfD Gesicht zu zeigen. Da haben die Rechten die Vorherrschaft. In diesen Orten kennt man sich persönlich. Da ist schnell klar, wer bei der Demo gegen die extreme Rechte war und wer öffentlich Kritik an der AfD geäußert hat." Und: "Da geht es nicht nur um Beleidigungen, sondern tatsächlich auch ans Eingemachte. Es sind nicht immer physische Übergriffe, es sind manchmal Angriffe auf das Wohneigentum. Es kann Stress bei der Arbeit geben. Ich kenne Aktivisten und Aktivistinnen aus der prodemokratischen Zivilgesellschaft, die nicht mehr ins Restaurant gehen, weil sie angespuckt werden von anderen Gästen."

Als "historisch" sieht Nils Minkmar in der SZ die Rede an, die Emmanuel Macron anlässlich des Trauerstaatsakts für Wolfgang Schäuble gehalten hat. Macron plädierte für eine intensivere Kooperation mit Deutschland (an der, bedauert Minkmar, die Bundesregierung in den letzten Jahren kein großes Interesse gezeigt habe). Auch weil Macron die Rede in weiten Teilen auf Deutsch gehalten habe, sei der französische Präsident das Risiko eingegangen, vor seinen französischen Wählern als "Agent deutscher Interessen" dazustehen. Gesprächsbedarf gebe es reichlich: "In den vergangenen Wochen mehrten sich die Frust-Signale aus Paris bezüglich der zögerlichen deutschen Haltung bei der Taurus-Lieferung für die Ukraine. Und man könnte es verstehen, wenn auch das allzu hanseatisch-lauwarme Engagement für die deutsch-französische Sache allmählich zu einer Gereiztheit bei Macron führen würde. Zwar soll es auf der Arbeitsebene zwischen den Ministerinnen und Ministern wieder besser funktionieren, aber niemand wird die Jahre der Ampel als Blütezeit der exekutiven Verbrüderung zwischen Paris und Berlin beschreiben. Von deutscher Seite verzeichnet die Chronik das Fischbrötchen von Hamburg und die von der grünen Außenministerin angestoßene Schließung gleich dreier Goethe-Institute in Frankreich."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 23.01.2024 - Europa

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Zwei Jahre berichtete der ukrainische Journalist Stanislaw Assejew aus den besetzten Gebieten in der Ostukraine, bis er verschleppt, inhaftiert und im Gefängnis Isoljazija gefoltert wurde. Von seinen Erfahrungen erzählt er in seinem aktuellen Buch "Heller Weg, Donezk" und im NZZ-Gespräch: "'Wenn die Zellentür aufging, musste man sich sofort eine Tüte über den Kopf ziehen, mit dem Rücken zur Tür stehen und die Hände auf den Rücken halten', berichtet Stanislaw Assejew. Wer nicht innerhalb von Sekunden strammstand, wurde unter die Pritsche geprügelt und musste dort bellen wie ein Hund. Die Aufseher lachten dann, genauso wie bei der Folter mit Elektroschocks. 'Die Prozeduren', wie die Folterer ihre Methoden nennen, gehören zum Alltag im Isoljazija-Gefängnis. 'Wenn sie foltern und dabei lachen, baut das noch größeren Druck auf. Denn das heißt, dass diese Leute durch nichts aufzuhalten sind', stellt Assejew nüchtern klar und macht eine Handbewegung, als wolle er diese ganzen Schandtaten einfach wegwischen, endgültig aus der Welt räumen."

Die Proteste vom Wochenende galten nicht allein der AfD, insistiert Luisa Neubauer im Gespräch mit Daniel Bax von der taz: "Die Proteste richten sich an ganz vielen Orten nicht nur gegen die AfD, sondern gegen den Rechtsruck insgesamt. Viele sind überzeugt, dass man den Rechtsruck nicht mit einem Rechtsruck bekämpfen kann. Ich auch. Diese politische Herangehensweise schien eine Weile lang ja vorherrschend zu sein. Da sind alle politischen Parteien gefragt, sich kritisch zu hinterfragen." Gareeth Joswig berichtet in einem zweiten Titel über die Frage, was man an der AfD alles verbieten kann, die Partei selbst, die Jugendorganisation, die Parteieinfinanzierung.

Es gibt allen Grund, die AfD lautstark zu skandalisieren, und doch scheinen Thomas Schmid in der Welt (und in seinem Blog) die aktuellen Proteste "schal, bequem und wohlfeil". Die Rhetorik wende sich nicht nach außen, sondern nur nach innen, schreibt er: "Wie gedankenfaul der Konsens gegen 'rechts' in Wahrheit ist, wird daran deutlich, dass in diesen Kreisen beharrlich 'rechts' mit Faschismus in eins gesetzt wird. Am Ende der szenischen Lesung im Berliner Ensemble skandierte das Publikum minutenlang: 'Alle zusammen gegen den Faschismus!' Offensichtlich war der von sich selbst begeisterten Menge gar nicht klar, dass der Faschismus eine italienische Angelegenheit war, in Deutschland dagegen die Nationalsozialisten herrschten. Und dass die - später von der west- und gesamtdeutschen Antifa-Linken übernommene - Fokussierung auf den Faschismus ein Trick der DDR-Nomenklatura gewesen ist, um vom Spezifikum des Nationalsozialismus abzulenken: vom eliminatorischen Antisemitismus, dem sechs Millionen Juden zum Opfer fielen. In Anlehnung an einen berühmten Satz Max Horkheimers könnte man sagen: Wer aber nicht vom Antisemitismus reden will, sollte vom Rechtsradikalismus schweigen. Die große Anti-AfD-Front, die gegenwärtig Straßen und Plätze füllt, zeichnet daher ein Manko, eine Unterlassung aus. Wo waren diese Massen, nachdem am 7. Oktober 2023 das größte Massaker an Juden nach dem Holocaust stattgefunden hat?"

In der SZ begrüßt Gustav Seibt vor allem die Entspanntheit der Proteste: "Die Massenaufläufe hatten wenig gemein mit den Pegida- und Corona-Demonstrationen, in denen es 'denen da oben' mit Feinderklärungen 'gezeigt' werden sollte, in denen ein angeblich zum Schweigen gebrachtes 'wahres Volk' gegen 'Eliten' aufmarschierte. (…) Von fern erinnerten die Demonstrationen der letzten Tage an die Lichterketten, mit denen im Winter 1992 die deutsche, damals vor allem westdeutsche Gesellschaft auf die vorangegangene Welle von Gewalt gegen Ausländer und Flüchtlinge reagierte."

Auf der Liste der Herkunftsländer für Asylanträge in Deutschland steht die Türkei mit 63.000 auf Platz 2, erzählt Bülent Mumay in seiner FAZ-Kolumne. In den letzten drei Jahren haben über eine Million Türken, meist Junge, das Land verlassen. Zu den Gründen gehören Korruption und Wohnungsnot, während Erdogan Bauunternehmer schmiert und immer nur verspricht, Maßnahmen gegen drohende Erdbeben zu ergreifen: "Vor den letzten Kommunalwahlen hatte Erdoğan etliche Hunderttausend illegal errichtete und marode Bauten gegen Geld legalisieren lassen. Und wer leitet die Organisation, die jetzt in Istanbul Vorkehrungen gegen ein Beben treffen soll? Die Person, die seinerzeit eine Siedlung genehmigt hatte, unter deren Trümmern im Februar 2023 beim Erdbeben im Südosten des Landes 1.400 Menschen ihr Leben lassen mussten. Das Beben im letzten Jahr kostete über 50.000 Menschenleben. Gegen keinen einzigen Verantwortlichen in der öffentlichen Verwaltung wurde Anklage erhoben."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.01.2024 - Europa

Deutschland hat eines seiner größten Demo-Wochenenden der Geschichte hinter sich. Hunderttausende protestierten überall gegen die AfD. Etwas rätselhaft findet Anna Klöpper das in der taz schon auch: "Es ist nicht so ganz klar, wohin diese Protestwelle gegen rechts noch trägt, aber was man wohl festhalten kann nach diesem erneuten Wochenende: Da hat sich etwas ein Ventil gesucht. Was dieses 'Etwas' ist, darüber kann man nun streiten: Ist es ein Protest von Hunderttausenden gegen menschenverachtenden Rechtsextremismus, gegen die Deportationsfantasien von AfD-Politiker*innen und anderen Nazis? Ja, sicher. Nur: Deren 'Remigrations'-Theorien sind zwar schockierend, aber nicht schockierend neu."

Der Politologe Dieter Rucht, Spezialist für Protestbewegungen, glaubt im Gespräch mit taz-Redakteur Konrad Litschko, dass die Bewegung zumindest präsent bleiben wird: "Wir werden vermutlich keine sich immer weiter steigernde Protestwelle erleben. Demnächst wollen die Protestierenden noch einmal eine Menschenkette um den Bundestag ziehen, das dürfte noch mal größer werden. Danach aber dürfte es Abflauen oder Innehalten geben. Aber es besteht eine gute Chance, dass sich der Protest immer wieder neue Angelpunkte suchen wird, dass er sich an kleineren Anlässen wieder entzündet, wenn sich etwa die AfD oder andere rechtsextreme Gruppen bei den Wahlkämpfen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg versammeln." Hier und hier die Die taz-Reportagen von den Demos.

Der Jurist Maximilian Steinbeis hat im Verfassungsblog dargelegt, wie eine Partei wie die AfD staatliche Institutionen kapern kann, wenn sie erst in entsprechende Positionen kommt. Im Gespräch mit Ronen Steinke in der SZ erklärt er, wie das geht. Man nehme etwa die Macht eines Parlamentspräsidenten. "Eine AfD-Person in diesem Amt könnte sagen: 'Hm, interessant! Ich kann die komplette Parlamentsverwaltung kontrollieren. Die Grünen müssen sich jetzt fragen, wer eigentlich ihre Dienst-E-Mails mitliest. Die Linken müssen sich jetzt fragen, ob sie den Auskünften des wissenschaftlichen Dienstes noch trauen können.' Die parteiische Nutzung solcher Institutionen ist Teil der autoritär-populistischen Strategie, und wenn man sich dessen bewusst wird, dann wird auch klar, weshalb es schon der Anfang vom Ende sein könnte, wenn autoritäre Populisten solche bislang neutralen Institutionen erobern."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.01.2024 - Europa

Nachdem das Publikum beim Thema Antisemitismus eher zurückhaltend reagierte, mobiliseren nun wenigstens die Correctiv-Enthüllungen über die rassistischen "Remigrations"-Fantasien der AfD. Überall sind an diesem Wochenende weitere Demos geplant. Gereon Asmuth begrüßt sie in der taz ausdrücklich: "Es geht um die Frage, auf welcher Seite man steht. Die Spaltung kommt ja nicht aus der Mitte der Gesellschaft. Es geht nicht um Debatten wie pro oder kontra Atomkraft, pro oder kontra Verkehrswende, pro oder kontra 3 Cent mehr für Bürgergeldempfänger, über die man sich leidenschaftlich zerfetzen kann und muss. Es geht ums Ganze. Die Rechtsextremen haben die Axt an die Grundfesten der Gesellschaft angelegt. Nicht um sie zu verändern, sondern um sie und die ihr innewohnende Humanität zu zerstören."

Um hier kulturelle Vielfalt zu pflegen, braucht man nicht zwei Staatsangehörigkeiten, meint der CDU-Politiker Stefan Heck in einem FAZ-Kommentar zum neuen Staatsbürgerschaftsrecht, das angeblich von siebzig Prozent der Bevölkerung abgelehnt wird. "Alle wohlgemeinten Angebote deutscher Integrationspolitik konnten weder die türkischen Flaggenmeere verhindern, die zur Unterstützung Erdogans auf unseren Straßen zu sehen waren, noch Solidarisierungen mit der militanten Hamas nach dem schrecklichen Überfall auf Israel. Wenn Menschen sich sinnbildlich mit dem deutschen Pass in der einen Hand auf die Versammlungsfreiheit unserer Verfassung berufen und mit der anderen Hand ausländische Flaggen zur Unterstützung von autoritären Regimen oder gar Terroristen schwenken, ist Integration ganz offensichtlich gescheitert."

Liest man auch den FAZ-Leitartikel von Reinhard Müller, hat man den Eindruck, dass sich bei diesem Thema auch eine tiefe Spaltung in den bürgerlichen Fraktionen der Gesellschaft auftun wird: "Das jüngste Entsetzen über den hierzulande aufgeflammten Antisemitismus hat nur kurzzeitig zu neuem Nachdenken geführt. Schon ist ein neuer Grund gefunden: Die Grünen verkaufen den 'Anspruch auf Teilhabe' (die ist schon bisher niemandem verwehrt) als Antwort auf 'rechtsextreme Pläne zu millionenfacher Deportation'. Und deswegen soll Deutschland seine Tore weiter öffnen und den inneren Frieden aufs Spiel setzen?"

Sehr viel positiver dagegen Julius Betschka im Tagesspiegel: "Endlich verabschiedet sich das Land zudem vom antiquierten Abstammungsrecht. Wer nun in Deutschland (als Kind von Menschen mit unbefristetem Aufenthaltsstatus) zur Welt kommt, ist automatisch deutscher Staatsbürger. Staatsbürgerschaft wird damit neu gedacht: Bisher mussten sich selbst in Deutschland geborene, ausgebildete, arbeitende Menschen ausländischer Eltern einem Test unterziehen, wenn sie Deutsche werden wollten. Sie wurden darin nach den drei Farben der deutschen Nationalflagge gefragt. Dieses absurde Misstrauensvotum fällt weg."

Der Karlspreis der Stadt Aachen soll in diesem Jahr an den Rabbiner Pinchas Goldschmidt und die jüdischen Gemeinschaften Europas gehen. Michael Thaidigsmann kommentiert diese Entscheidung in der Jüdischen Allgemeinen als "faustdicke Überraschung" und würdigt den ehemaligen Oberrabiner von Moskau: "Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und seiner Weigerung, sich mit der Putin-Regierung zu solidarisieren, ging der Oberrabbiner im März 2022 notgedrungen ins Exil. Später wurde er nach 29 Jahren seines Amtes enthoben. Die Meldung, das russische Justizministerium habe ihn als 'ausländischen Agenten' gelistet, kommentierte Goldschmidt mit den Worten, er sei 'stolz darauf, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen und sich in die Liste jener Menschen einzureihen, die sich diesem schrecklichen Krieg widersetzen, der Hunderttausende das Leben gekostet hat'."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 19.01.2024 - Europa

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Im FR-Gespräch mit Michael Hesse fordert der Politologe Carlo Masala dringend eine Aufrüstung Deutschlands, vor allem im Hinblick auf einen möglichen Wahlsieg Donald Trumps. Deutsche Vorbehalte gegenüber dem Militär will er nicht gelten lassen: "Können wir das mal ablegen? Der Weltkrieg ist seit fast acht Jahrzehnten vorüber. Seit Mitte der 1950er Jahre gibt es eine Bundeswehr, von der klar ist, dass es keine Armee ist, die ein 'Staat im Staate' ist. Auch dann nicht, wenn man an die Skandale um Rechtsextremismus denkt. Wer so etwas denkt, sollte sein Geschichtsbild über die Bundesrepublik seit 1949 noch einmal gründlich überdenken. Es gibt im Grundgesetz ein Verbot von Angriffskriegen. Die Befürchtungen, die die Menschen 1955 bei Gründung der Bundeswehr hatten, gelten heute nicht mehr. Die Vorstellung, dass wir mit der derzeitigen Truppenstärke von 183 000 Mann Angriffskriege führen könnten, ist geradezu grotesk. Wir können laut Verfassung nur mit Mandat und innerhalb multilateraler Koalitionen agieren. Außerdem: Wir diskutieren diese Frage nicht im luftleeren Raum, sondern angesichts eines Angriffskrieges in Europa. Es geht hier um eine Nuklearmacht, die beständig Drohungen auch gegenüber Nato-Partnern ausstößt."

Es ist nicht mehr viel Zeit, in Deutschland Zustände wie in Ungarn oder Polen zu verhindern, warnt Miriam Rürup, Direktorin des Potsdamer Moses-Mendelssohn-Instituts im Tagesspiegel-Gespräch, in dem sie sich deutlich für ein AfD-Verbot ausspricht: "Der Rechtsstaat muss sich vor seinen Feinden schützen und dafür sollten alle Optionen geprüft und erwogen werden: Die Antragsberechtigten sollten dringend ernsthaft ein Prüfverfahren für ein AfD-Verbot in die Wege leiten - dazu gehört auch die vielleicht vielversprechendere Prüfung eines Verbots einzelner Landesverbände und die Optionen, durch Artikel 18 Grundgesetz sowie den Entzug von Finanzierungsgrundlagen. Ein Problem ist auch das allmähliche Hinein-Diffundieren in alle Gesellschaftsbereiche - seien es Jugendangebote oder neue Möglichkeiten der 'politischen' Bildung über die AfD-nahe Desiderius Erasmus-Stiftung, die letztlich über Steuergelder finanziert wird. Hier sollten und müssen alle Möglichkeiten der 'wehrhaften Demokratie' genutzt werden."

Wäre das  "Dritte Reich" nicht passiert, wenn man die Nazis rechtzeitig verboten hätte? Auch SZ-Redakteur Ronen Steinke plädiert in der Jüdischen Allgemeinen für ein Verbot der AfD und erinnert an den Juristen Karl Löwenstein (1891-1973), der aus Nazi-Deutschland emigriert war und den Begriff der "wehrhaften Demokratie" entwickelte. "Wie kann sich eine Demokratie gegen ihre Feinde behaupten, ohne selbst verschlossen und undemokratisch zu werden, fragte er. 'Sie muss wehrhaft werden', lautete seine Schlussfolgerung. Wobei er im englischen Original einen noch schwungvolleren Ausdruck prägte: 'militant democracy'. Übersetzt etwa: kampfbereite Demokratie. Nach der Befreiung von der Hitler-Herrschaft ist dieses Konzept dann im Gepäck der US-Armee zurück nach Bayern gekommen. Mit Löwenstein als ihrem Berater. So ist dieses Konzept 1949 auch ins Grundgesetz eingeflossen."

"Antisemitismus ist keine Meinung, schon gar keine, die es zu schützen gilt", hält Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, in seiner gestern beim Neujahrsempfang des Justizministeriums gehaltenen und heute von der Welt publizierten Festrede ein für alle mal fest. Er fordert härtere gesetzliche Maßnahmen gegen antisemitische Straftaten: "Wer es in diesem Land nicht erträgt, nach den Werten unserer Verfassung zu leben, der hat ein Problem und der kann nicht zu Deutschland gehören. Wer jüdischen Studenten den Zugang zum Hörsaal verwehrt, der ist Antisemit - und der ist Verfassungsfeind. Der freie Zugang zu Bildung ohne Ansicht von Herkunft und Religion ist in Deutschland nicht verhandelbar. Wer auf deutschen Straßen Hamas-Terror feiert, die Vergasung von Juden fordert und sich Adolf Hitler zurückwünscht, der ist Antisemit - und der ist Verfassungsfeind."

Fassungslos nimmt Jürgen Kaube in der FAZ die "infamen Verrücktheiten" zur Kenntnis, die die AfD und andere Rechtsextreme auf ihrer von Correctiv enthüllten Potsdamer Konferenz planten: Im Berliner Ensemble wurden die finsteren Pläne gerade fürs Theaterpublikum aufbereitet (siehe efeu). Kaube will es aber nicht nachvollziehen, wenn nun Politikern von Mainstream-Parteien, die sich auch mal handfester zu Migrationsproblemen äußern, gleich AfD-Nähe unterstellt wird. Man müsse eben auch sehen, dass es tatsächlich ein Problem mit Migration gibt, "und nicht nur eine Ideologie. Die Kommunen ächzen unter den finanziellen und infrastrukturellen Belastungen, die durch die Unterbringung und Versorgung der Zuwanderer entstanden sind. Die Bildungsrückstände in diesem Personenkreis sind immens, seine Integration in den Arbeitsmarkt erfolgt schleppend, der Anteil tatverdächtiger Zuwanderer in der Kriminalstatistik liegt häufig über ihrem Anteil an der Bevölkerung. Wer hier so tut, als dächten die Regierungsparteien oder die CDU sich diese Sachverhalte nur aus, vernebelt bewusst die Diskussion."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 18.01.2024 - Europa

Was, wenn Donald Trump am 5. November tatsächlich die amerikanischen Präsidentschaftswahlen gewinnen würde? Angenommen, er ließe die Ukraine wie angekündigt fallen. Angenommen, er würde den Austritt der USA aus der Nato verkünden? Gibt es dafür Notfallpläne in Deutschland, in Europa, fragen Anna Sauerbrey und Heinrich Wefing in der Zeit. So richtig offenbar nicht. Dabei wäre das für Europa "ein Schock. Europäische Staaten müssten ihre Verteidigungsbudgets massiv erhöhen - auf weit mehr als die vereinbarten zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt, die Deutschland und viele andere europäische Nato-Staaten schon heute nicht leisten. Vermutlich wäre eine Wiedereinführung der Wehrpflicht unausweichlich. Ob sich dafür politische Mehrheiten finden ließen? Ebenso unabsehbar wäre, ob es den europäischen Partnern dann gelingen könnte, ihre Sicherheit gemeinsam zu organisieren. Oder würden Interessengegensätze aufbrechen, würde jedes Land allein versuchen, seine Sicherheit durch bilaterale Abkommen zu organisieren? Mit Washington? Oder durch eine Annäherung an Moskau? Die bedrohlichste Frage von allen aber ist: die Atomfrage."
Stichwörter: Trump, Donald, Nato

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.01.2024 - Europa

Die Aufregung über die Bauernproteste ist übertrieben, meint Benedict Neff in der NZZ, ja schlimmer, ein weitreichend friedlicher Protest, werde als rechtsextrem diffamiert: "Unter dem Eindruck einer bedrohlichen Situation schafften es die beiden Minister - und einige andere Politiker -, einen legitimen, landesweiten Bauernprotest in die Nähe von Umsturz und Rechtsextremismus zu rücken." Was soll dieses permanente Warnen vor einem Zusammenbruch der Demokratie, fragt Neff: "Die politische Betroffenheit scheint ehrlich gemeint, ist keine zynische Inszenierung. Dennoch ist die Warnung weniger harmlos, als sie daherkommt. Sie ist auch ein Mittel, um politische Gegner auszuschalten und die Gesellschaft zu einem kollektiven Gegenprotest zu mobilisieren. Habecks besorgte Rede ist eine Form der Propaganda. Ähnlich gestaltet sich auch die Bekämpfung der AfD. Die Partei wird vom Establishment als rechtsextrem deklariert, in manchen Bundesländern darf sie - mit dem Gütesiegel des Verfassungsschutzes - sogar als 'gesichert rechtsextrem' bezeichnet werden."

Für den Historiker Ulrich Herbert muss man die AfD hingegen ganz klar als "rechtsextrem" und demokratiegefährdend einstufen, wie er im SZ-Interview mit Peter Laudenbach sagt. Der zukünftige Umgang mit der Partei ist in jedem Fall eine Herausforderung: "Die demokratischen Parteien sind in einer schwierigen Situation. Es gibt drei Möglichkeiten: Entweder man grenzt sich klar ab und die AfD klar aus, wie bisher. Das zeigt bis jetzt wenig Wirkung und ermöglicht es der AfD, sich als einzige wahre Opposition zu inszenieren. Oder man geht auf sie zu, bis hin zu Koalitionen oder Tolerierungsbündnissen; so wie es in einigen europäischen Staaten schon geschieht. Das geht an die Substanz von Demokratie und Rechtsstaat. Das konnte man in Polen sehen, das kann man in Ungarn sehen, man wird es auch in Italien erleben. Oder man verbietet die AfD und ihre Nebenorganisationen und geht gegen sie vor, in aller repressiven Konsequenz. Das könnte vermutlich nur eine konservative Regierung durchsetzen. Es würde zu einer enormen Polarisierung im Lande führen. Ich bin mir nicht sicher, welche der drei Optionen man sich wünschen sollte."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 16.01.2024 - Europa

Soll man die AfD angesichts ihrer großen Erfolge in den Umfragen und guten Aussichten bei kommenden Wahlen verbieten? Ein sehr riskanter Schritt, meint taz-Redakteur Christian Jakob im Leitartikel, der aufruft über alle denkbaren Maßnahmen gegen die Partei offen zu diskutieren: "Das sehr verdienstvolle Thüringenprojekt des Verfassungsblogs macht sich seit Längerem Gedanken, wie die Demokratie gegen eine 'autoritär-populistische Machtübernahme' resilient gemacht werden kann. Unter anderem schlägt es vor, die Landesverfassung so zu ändern, dass Höcke in einem dritten Wahlgang nicht mit einfacher Mehrheit zum Regierungschef gewählt werden kann. Das Beamtenrecht solle so reformiert werden, dass die Spitzen von Verfassungsschutz (VS) und Polizei nicht einfach neu besetzt werden könnten. Andere denkbare Gegenstrategien sind mühsamer, viele unsicher, einige gefährlich. Der schlechteste Weg ist aber, über diese Strategien nicht zu reden. Zu klären ist, wann das Gegenmittel schlimmer ist als das Problem - und wann eben nicht." "Antifaschismus ist wieder 'in'", meldet die taz im Berlin-Teil und verweist auf die starke Mobilisierung nach den Correctiv-Enthüllungen über die "Remigrations"-Träume der AfD.

Das von Correctiv aufgedeckte "Remigrations"-Treffen beweist, dass die AfD rechtsextrem ist, meint Reinhard Müller in der FAZ: Wenn "wichtige Mitglieder der Partei den womöglich regelmäßigen Austausch mit völkischen Extremisten pflegen (ausgerechnet daran will sich der AfD-Vorsitzende nicht erinnern?), dann bestätigt das, dass der zuletzt offenbar verfolgte Kurs einer öffentlichen Mäßigung (Auflösung des 'Flügels', versuchte Zurückhaltung mit radikalen Äußerungen) nur Schein gewesen ist." Allerdings heiße das nicht, dass Immigration nicht ein Problem ist: "Der Massenzustrom ist keine Erfindung hysterischer Politiker oder Medien, und er hat Folgen mit Sprengkraft, die erst nach und nach spürbar sind. Dem können sich allenfalls die einstweilen verschließen, die gut abgesichert Verantwortung bestenfalls für sich selbst tragen."