Die Buchmacher

Großmacht Amazon

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
11.06.2007. Welche neuen Unregelmäßigkeiten bei der Buchhändler-Abrechnungs- Gesellschaft aufgefallen sind. Wie wichtig der erste Satz in der Literatur ist. Warum das Romangeschäft nicht rund läuft. Und weshalb Amazon zur Großmacht aufsteigt.

Börsenblatt

Bevor sich die BAG-Mitglieder am Donnerstag bei den Buchhändlertagen in Berlin treffen, analysiert das Börsenblatt vergleichsweise schonungslos die Situation der kriselnden Buchhändler-Abrechnungs-Gesellschaft (Zweck der Gesellschaft ist insbesondere die nationale und internationale Zahlungsabrechnung - Clearing - im Buchhandel, hier mehr). Neue "Unregelmäßigkeiten" seien jetzt durchgesickert. In den BAG-Bilanzen sollen noch "klärungswürdige Zahlen und Bewertungen" stehen. Dabei gehe es um Summen im sechsstelligen Bereich. Sorgen bereite auch die Tatsache, dass alle vier unter dem Dach der BAG wirtschaftenden Firmen mit Verlusten zu kämpfen hätten. Im Interview äußern sich die drei zur Wahl stehenden Vorstandskandidaten (Volker Neumann, Helmut Richter, Peter Peterknecht) zur Zukunft der BAG. Uneinigkeit herrscht beispielsweise in der Frage, ob die Vertriebstochter ZMV (handelt mit den Zanolli-Pleite-Resten) verkauft werden soll, und ob die BAG wieder zwei Geschäftsführer benötigt. "Darüber habe ich mir noch keine Meinung gebildet", erklärt Richter frank und frei.

Ob das die Bücher-Welt in dieser Woche bewegt? Der Salzburger Verleger Jochen Jung sinniert im Kommentar über den ersten Satz in der Literatur. "Anfangen, dort, wo nichts war, nur das weiße Blatt und darübergebeugt ein Kopf mit Ideen - ja, der erste Satz steht für den Schöpfungsakt schlechthin, für die Souveränität des Autors, des Machers, des Erfinders. Einer beginnt zu erzählen: Nennt mich Ismael."

Weitere Themen in dem insgesamt inhaltlich sehr dünnen (dafür anzeigenstarken) Börsenblatt: Andreas Trojan untersucht das Erotik-Segment im Taschenbuch-Bereich. Im Menschen-Ressort porträtiert Holger Heimann die Leiterin des Merlin Verlags, Katharina Meyer. Gastland auf der Frankfurter Buchmesse 2009 wird China. Das Unternehmen DiViBib, Tochter des ekz, testet die digitale Entleihe für Bibliotheken per Download. Mit 24 neuen und Backlisttiteln startet Reclam im Oktober eine "Taschenbuch-Offensive" (Börsenblatt). Und hier ist der neue Börsenblatt-Webauftritt zu sehen.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

"Das Romangeschäft läuft noch nicht rund", titel der buchreport und analysiert, dass das Buchhandelsgeschäft nach der April-Delle im Mai hauptsächlich am Sachbuch genesen ist (hier der Umsatztrend). Die Umsätze im Romanfach entwickelten sich von Monat zu Monat uneinheitlich, blieben aber bei gebundener Literatur hinter dem (bereits nicht sehr starken) Vorjahr zurück. "Anders als noch 2006 können die Taschenbuch-Romane die Hardcover-Schwäche nicht kompensieren", so buchreport. Mit Ausnahme der Longseller-Qualitäten entwickelnden, aber langsam absteigenden "Vermessung der Welt" dominiere frisch ausgepackte Ware, ohne dass sich darunter ein Volltreffer abzeichne. Die Verweildauer auf der "Spiegel"- Belletristik-Liste habe sich gegenüber dem Vorjahr mehr als halbiert - lediglich zehn Wochen habe ein Mai-Bestseller durchschnittlich auf der Liste gestanden.

In der Fortsetzung der Titelgeschichte blickt buchreport auf den Start des siebten und letzten "Harry Potter"-Bands, für den Carlsen einen 1-Million-Euro-Werbeetat auflege - bisherige Potter-Bücher seien mit 250.000 Euro angeschoben worden.

Trotz der zunehmenden Konkurrenz von rund einem Dutzend Hörbuch-Download-Portalen bleibt audible.de in Deutschland das Maß der Dinge. Das Portal hat laut buchreport (hier) seit Gründung Ende 2004 eine Million Hörbuch-Downloads verkauft. audible.de-Chef Arik Meyer: "Mit dieser Zahl sind wir in einer Größenordnung, wo der Break-even in Reichweite ist." Den rund 250.000 registrierten Nutzern stünden 4500 deutsche Titel zur Verfügung. Laut GfK hat Audible einen Marktanteil von etwa 70 Prozent.

Im Online-Bereich schildert buchreport den Aufstieg von Amazon zur "Großmacht". "Kaum hat Amazon den größten unabhängigen Hörbuchverlag, Brilliance Audio, gekauft, starten die Onliner eine Großoffensive im Print-on-Demand-Bereich (PoD)", so buchreport. Zwei Jahre nach der Übernahme des BoD-Dienstleisters Book Surge habe Amazon Kooperationsverträge mit großen Verlagen wie Harper-Collins, John Wiley & Sons, McGraw-Hill, Pearson, Springer, Gale, Oxford University Press, Cambridge University Press und Princeton University Press abgeschlossen. Die Vereinbarungen umfassten die digitale Archivierung, Herstellung und Auslieferung sowohl von Backlist- als auch Midlist- und aktuellen Titeln. "Vorteil für die Verlage: Ältere Titel bleiben verfügbar, hinzu kommt, dass Lager-Kosten eingespart werden."

Weitere Themen: Klett hat die restlichen 24,8 Prozent des AOL-Verlags gekauft - 75 Prozent gehörten schon seit 2000 den Stuttgartern. Verlage können die Google-Buchsuche jetzt in ihre eigenen Webseiten integrieren - der Service ist kostenlos. Bei der Book Expo America waren 2000 Aussteller und rund 36.000 Besucher zu Gast - volles Haus. Im Kommentar fordert Rainer Uebelhöde stationäre Buchhändler dazu auf, mit eigenen Download-Plattformen am Hörbuch-Boom teilzuhaben. Und hier die Bestsellerlisten.