Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
05.02.2007. Warum das Feuilleton überschätzt wird. Wer Angst vor MairDumont hat. Inwiefern die Branche kein Krisenmanagement beherrscht. Und wo Kette auf Anti-Ketten-Kämpfer trifft.

buchreport.express

Im Interview mit buchreport zeichnet der frühere Berlin Verlag-Chef und heutige Krimiautor Veit Heinichen ein düsteres Bild der Buchbranche. Vieles sei seit seinem Ausstieg "ohne Not vergeigt" worden, "als alle noch dachten, dass Wachstum keine Grenzen kenne. Die Branche habe das Krisenmanagement nicht gelernt. Die kulturelle Vielfalt sei durch den schnöden Umsatzgedanken der Konzerne bedroht. "Muss der gebundene Ladenpreis jedes Jahr neu diskutiert werden? Wir setzen ihn fahrlässig aufs Spiel."

Im Aufmacher-Artikel berichtet buchreport (anlässlich einer Konferenz in Berlin) über die neuesten Trends bei "Open Access"-Publikationen. Dabei lassen immer mehr Verlage die Autoren für die Veröffentlichung bezahlen, um die Einnahmeverluste durch wegfallende Abogebühren zu kompensieren. "Die Veröffentlichung eines Aufsatzes kann zwischen 1500 bis 9000 Euro kosten", erklärt der Konferenzveranstalter Arnoud de Kemp im Gespräch mit buchreport. Insgesamt sei die Debatte über Open Access in den vergangenen Monaten ruhiger geworden, bilanzieren die Dortmunder.

Dass die Mayersche im Herbst eine Filiale in Gütersloh entwickelt, hat in den Augen der buchreporter "Symbolcharakter". Denn dort blase die Mayersche im Revier des bisherigen Platzhirsches Folkert Roggenkamp, Kopf des Bündnisses Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Buchhandlungen (AuB), die 2006 als Gegengewicht zur wachsenden Macht der Ketten gegründet wurde. Derweil lässt Roggenkamp sein Amt als AuB-Funktionär ruhen - um Gespräche mit der Mayerschen über eine mögliche Kooperation aufzunehmen.

Weitere Themen: Die Fernsehzeitschrift TV Movie bringt eine Hörbuchedition zu Hollywood-Filmen in Kooperation mit Random House Audio heraus; außerdem startet die Kinozeitschrift Cinema mit dem HörGutVerlag eine zehnteilige Hörbuchedition mit Porträts von Regisseuren (hier der Artikel zu den neuen Editionen). Der Verband deutschsprachiger Übersetzer hat das von den Verlagen vorgeschlagene "Münchner Modell" zur Vergütung von Übersetzern kategorisch abgelehnt - dieses sei ohne Rücksprache mit den Übersetzern bestimmt worden. Der Gesamtumsatz im französischen Buchhandel ist 2006 um 1,5 Prozent gesunken, das Absatzvolumen schrumpfte sogar um 3 Prozent. Demgegenüber ist in der Schweiz die Anzahl der Neuerscheinungen 2006 um 17 Prozent gestiegen. Und hier die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Höhepunkt des Heftes ist der Vortrag von Roger Willemsen anlässlich des Treffens der Arbeitsgemeinschaft Publikumsverlage, den das Börsenblatt abdruckt. Darin erklärt Willemsen, warum die Verlage den Trends (wegen ihrer Produktionsfristen) stets hinterherrennen, weshalb sich große Verlage mit ihren Programmen immer ähnlicher werden, dass die Auswirkungen des Feuilletons überschätzt werden (da dieses selten kaufanleitend sei) und wieso gut konzipierte Veranstaltungen für Verlage notwendig sind.

Im Gastkommentar schildert die Verlegerin Karin Schmidt-Friedrichs, wie sie einem dreisten Bücherdieb das Handwerk legen konnte: Ein Lagerist hat angeblich über 1000 Bücher im Wert von mehr als 75.000 Euro mitgehen lassen - und unter anderem auf dem Amazon Marketplace verhökert. "Müssen wir als Branche - aber auch Internetportalen im Speziellen - die Ladenpreisbildung besser, intensiver und konsequenter kommunizieren", fragt die Verlegerin. Und: "Wie viele Presseexemplare verstecken sich in der schönen Rubrik "neu & gebraucht"?

Im "Menschen"-Ressort stellt Nils Kahlefendt die Quedlinburger Buchhändler Ernst-Ulrich (nebenbei Regisseur) und Jens Jürgens (Konzertsänger) vor. Den Fragebogen hat die Autorin Linn Ullmann ausgefüllt (die High Heels liebt und gerne ein gutes Souffle zubereiten könnte).

Ein Extra-Teil widmet sich dem Reisemarkt: Die Umsätze seien stabil bis steigend, dennoch spürten die Verlage zunehmend die Marktmacht des neuen Verbundes MairDumont. Dieser investiere alleine zehn Millionen Euro in die Erweiterung der Marco-Polo-Kartenserie (hier der Aufmacher-Artikel).

Weitere Themen: Ex-Börsenblatt-Vizechefin Sibylle Fuhrmann wirft einen Blick auf die Übersetzerförderung. Viele Geldtöpfe seien streng limitiert, andere gut verborgen. Die Übersetzerförderung durch die Europäische Union unterstütze keine Einzeltitel, sondern nur "Projekte" (vier bis zehn Titel). Michael Roesler-Graichen schreibt einen Werbetext für die Verbandsplattform Volltextsuche online (eine Erklärung, wie wichtig die Kooperation mit Suchmaschinen ist). Silvia Werfel stellt vier Positionen von Buchgestaltern zur Frage "Sind Typografen stille Diener der Leküre - oder dürfen sie den Leser fordern?" vor - von Jost Hochull, der seine Kunst in den Dienst des Lesers stellt, bis Ludovic Balland, der Texte inszeniert und "Rasterdenken" ablehnt. Sabine Schwietert berichtet von der Premiere der Verleihung des Preises "Hörbuch des Jahres".
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