Literarischer Rettungsschirm für Europa

Als ich Sterne aus der Nähe sah oder: Integration in vier Punkten

Von Marko Pogacìar
24.09.2012. Der kroatische Dichter Marko Pogacìar resümiert seine wichtigsten Integrationserfahrungen: hinter den verschlossenen Türen der Polizeistation in der Zagreber Petrinska-Straße, auf der Titelseite der größten türkischen Tageszeitung, in einer Massenschlägerei beim Lyrikfestival im polnischen Bydgoszcz und auf dem Flughafen in Kopenhagen, wo ihm ein Licht aufgeht.
Beitrittskapitel eins

Es war Ende der neunziger Jahre, die Panzerspuren der vierten Brigade, die die guten und schlechten Jungs der Militäroperation Sturm nach Hause brachte, waren schon etwas verwischt, die Geräusche der Waschmaschinen, Kühlschränke, Fernseher und Stereoanlagen der falschen Nationalität, die ihnen noch monatelang auf überladenen Lkw-Anhängern und Traktoren folgten, waren bis zur Hörbarkeitsschwelle verklungen und mir ging das alles am Arsch vorbei. Ich war genau halb so alt wie jetzt und irgendwie nicht richtig integriert. Die Typen aus dem Gymnasium waren damals auf drei Sachen scharf: Fußballklub Hajduk, Kroatien und Oasis. Der Mechanismus nicht kompliziert. Auf Hajduk fuhren dort, seit man denken kann, mehr oder weniger alle ab und es gab sogar mal eine Zeit, als das sinnvoll war. Bevor er ein drittklassiger Provinzfußballklub geworden war und seine Anhänger eine Bande kahl geschorener Faschisten, konnte dieses Team auf europäischen Cups abräumen: 1944 gewannen sie noch als Mannschaft der Volksbefreiungsarmee Jugoslawiens, in Split besiegten sie die unerreichte britische Mannschaft. Ich hatte zwei linke Beine und keine Lust, im Tor zu stehen, in Stadions zu gehen oder überhaupt etwas in Verbindung mit Fußball zu tun.

Auch Kroatien geriet in diesen Jahren unweigerlich in den Mittelpunkt, noch viel mehr als jetzt. Es stimmt zwar, dass wir ein schlechtes Leben hatten, in dieser erbärmlichen turbo-katholischen, nationalistischen Autokratie, aber, hey, wir hatten unseren Staat! Weder damals noch heute begriff ich, welchen Wert ein Staat an sich haben soll, also ging mir auch das am Arsch vorbei. Das kommt möglicherweise daher, dass ich das ungetaufte Kind eines slowenischen Jugo-Offiziers bin, der sich bei Kriegsbeginn in seine Republik absetzte, und einer kroatischen Postbeamtin, die geblieben ist; und solche, das weiß man ja, waren immer die Feinde, sie waren vielmehr die Verräter Unserer Sache. Wenn ich es recht bedenke - ich hatte noch Glück gehabt.

Das hatte alles eine wirtschaftliche und politische Grundlage, es ist die Folge von ein paar hässlichen Ideen und dumpfen Menschen; und Oasis? Tja, das werde ich wohl nie verstehen. Die Chronologie ist jedenfalls offensichtlich: Ein paar Jahre zuvor konnten wir zum ersten Mal MTV-Signale empfangen (man sagte, nicht ganz zu Unrecht, die Satellitenschüsseln hätten die UdSSR gestürzt) und die Hyperinflation der Spektakel, denen wir tagtäglich ausgesetzt waren, erhielt endlich auch ihre popkulturelle Gestalt. Also, im Rahmen, oder besser im Kern, einer ähnlich geschaffenen großen Geschichte - jener damals absolut dominanten Geschichte der Reintegration und Homogenisierung der "kroatischen nationalen Identität und ihres Wesens", dieses sehr unklaren, aber allgegenwärtigen Sprosses unserer jahrhundertelang ersehnten Eigenständigkeit - ereignete sich meine erste wichtige Integrationserfahrung.

Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen. An der Hosentasche meiner Armee-Cargohose trug ich einen Cripple-Bastards-Anstecker, auf dem T-Shirt die Aufschrift "Mirjana liebt nur echten Ärger und Punk". Der General war gerade erst abgekratzt. Die mit Gesichtern und Slogans übermalten Wände waren mit den eigenen Gesichtern retuschiert und eine Nation verliebter Politiker stand vor den Wahlen. In manche Viertel konnte man nicht einfach so gehen; früher oder später geriet man an Skinheadgruppen und Fußballfans, die einem im kurzen Prozess die Haut in den Nationalfarben gerbten. Wir blieben deshalb im Rudel, bis nur wir zwei übrig blieben. Wir, ein glänzendes Tandem, entdeckten an einer Wand ein kroatisches Wappen und machten uns mit Händen und Füßen daran zu schaffen, weil wir von diesem Wappen (nonstop) die Nase voll hatten, wir wollten es von dieser Wand reißen und dieses Abreißen dauerte, es ging nicht, denn das Wappen war schwer und hing fest; und dann legte sich plötzlich über alles Finsternis.

Und ich sah am blauen Himmel alle Sterne, hauptsächlich gelbe, doch irgendwie merkwürdig verstreut, und ich integrierte mich sofort in den Boden. Der dreitürige Schrank, der uns am Genick hielt und mit uns auf den Asphalt schlug, öffnete mein erstes Beitrittskapitel: Es zeigte sich, dass das Wappen im Eingang der Polizeistation in der Petrinska-Straße gestanden hatte, und in dieser Nacht lernte ich hinter verschlossenen Türen alles, was ich über meine bis dahin klug verborgene Eigenständigkeit wissen musste. Und die nationale Integration war, das war klar, sine qua non: der erste Schritt in Richtung Europa.


Beitrittskapitel zwei

Wenn sich meine erste, protoeuropäische Integration im verfaulten Herzen des jahrhundertealten Schutzwalls des Christentums abspielte, dann ereignete sich die zweite, wenn auch ihrer Absicht nach viel europäischere, in ihrem scheinbaren völligen Gegensatz am geografischen und politischen Rand Europas, im ausgeschlossenen Istanbul am Bosporus. Ich kam dort als junger Student an, zur Silvesterfeier, mit meiner Freundin und Freunden, nach fünfunddreißigstündigem Geholper im Bus einer Ferienorganisation. Istanbul ist im Winter verführerisch; Istanbul am Morgen, Istanbul in der Nacht, es stinkt nach Brausegetränk, Fisch und Rauch, es webt einen dichten Lichtgobelin, der sich wie ein riesiges Delta in die kluge Finsternis Asiens gießt; eine Stadt, deren Körper jeden Augenblick Gramm für Gramm Seelen ausatmen, Tonnen für Tonnen Scheiße ins Meer ablassen. So ein Istanbul; ein nacktes und wildes Phantasma, das Taksim Square in der Neujahrsnacht.

Diese glänzende Discokugel verstreute sich in Nebenstraßen, die Lautsprecher krächzten und klapperten, wir waren zu fünft und blieben zusammen. Plötzlich schrien die Mädchen, das Gedränge war unerträglich, es trug uns fort und wir sahen die Quellen des Geschreis nicht mehr; wo noch vor einem Augenblick ihre Köpfe ragten, war ein Bündel Männer zusammengekommen, das von Sekunde zu Sekunde größer wurde. Wir kehrten zu den Stimmen zurück, schlugen uns nach hinten durch - eine lag schon am Boden, an der anderen zogen und zerrten fünfzehn Typen. Wir schoben die Menschen zur Seite, stießen und schlugen, wo es nötig war, bis wir sie endlich befreit und in eine Nebenstraße gezogen hatten. Sie waren regelrecht abgetatscht worden, brannten vor Wut und befanden sich in einem leichten Schockzustand, doch die Nacht lebte weiter; sie pulsierte und floss in den Morgen, pulsierte mit den betrunkenen Zellen und löschte in ihrem Strom Erinnerungen aus, sie vertrieb den Schatten eines ganzen Jahres.

Am Abend des darauffolgenden Tages kehrten wir in unsere Herberge zurück, dort wurde ein Film gedreht. Fünf oder sechs Reportagewagen standen vor dem Eingang, ein Haufen Scheinwerfer und Technik. Es stellte sich jedoch heraus, dass es um eine Reality-Show ging und die europäischen Stars darin waren wir. Den Vorfall, den wir fast vergessen hätten, haben TV-Kameras gefilmt - Journalisten haben uns gefunden und versteckt an der Rezeption gewartet. Wir gaben für die Hauptnachrichten Interviews, für ein paar Boulevardsendungen, mitsamt Beitrag zu Imkerei und Jagd, und für alle wichtigen Zeitungen: Am nächsten Tag war es in der Fünfzehnmillionenstadt unmöglich, hundert Meter zu gehen, ohne dass man von jemandem aufgehalten wurde, ohne dass sich jemand im Namen des ganzen türkischen Volkes entschuldigte, dass die Kurden für alles beschuldigt wurden, dass sie einem warme Brezeln in die Hand drückten und Ähnliches. Mein Gesicht - in Großaufnahme sah es wie eine ganz anständige Schlägerei aus - landete durch Zufall auf den Titelseiten der auflagenstärksten Tageszeitungen.

Moment mal, wer spinnt hier?, fragte ich den ältlichen Berichterstatter, ein erfahrenes Ass in Fischerweste. Wer hatte Interesse an der Fabrizierung eines Ereignisses, in das man uns absichtlich verwickelt hatte? Wer wurde instrumentalisiert und wozu? Ein Land mit so vielen schlimmen, insbesondere innenpolitischen Problemen müsste ganz andere brennende Themen haben als …

Der Fischerwestenmensch musterte mich von Kopf bis Fuß, zündete sich eine Zigarette an und sagte eiskalt, als würden den ganzen Tag lang vom Himmel gesandte Karpfen anbeißen: Integration. Europäische Integration. Wegen der großen proeuropäischen Kampagne in der Türkei haben sie die Gelegenheit genutzt, die Botschaft zu senden, dass Studenten aus den europäischen Ländern solche Sachen mitten in Istanbul nicht passieren dürften, und wenn sie dennoch passierten, dann stießen sie auf einstimmige Verurteilung. Wenn ihr nicht aus der Europäischen Union wärt, würde kein Hahn nach euch krähen, fuhr der Fischerwestenmensch fort und blies Rauch aus. Und ich brachte es einfach nicht übers Herz, ihn zu enttäuschen, seine Geschichte zu verderben, zu sagen: Ju nou, ajm from d Balkans …

So wurde ich zum zweiten Mal, gegen meinen Willen, am Genick gepackt und in die Sterne gestoßen.


Kapitel drei

Mit der Aneinanderreihung für mich bedeutender eurointegrativer Augenblicke fahre ich weiter innen im Kontinent fort, auf süßem Wasser.

Sei präziser; wo war das genau? In Polen, weit im Nordwesten, bei Bydgoszcz. Was wolltest du dort? Ich habe an einem Lyrikfestival teilgenommen, ich wollte nichts. Wie bist du dorthin gekommen? Ich wurde in einem Auto hingefahren. Aus Berlin hat mich ein Freund mitgenommen, ein Pole, der die Sprache kennt und die Straßen. Auf dem Weg fuhren wir durch den Ort Bagdad. Welche Marke hatte das Auto? Ich weiß nicht. Was ist mit dieser Dichtung? Handelte es sich um Chiffren? Ja und nein. Es gab alle Arten von Dichtung, wie das bei Lyrikfestivals so ist. Die schlechte war wirklich schlecht. Gab es Eskalationen in dieser Hinsicht? Nein, dafür sind wir zu gut erzogen. Noch immer engt uns der warme Pullunder des Kleinbürgertums ein. Das ist unsere Rettung. Gab es in anderen Fragen eine Eskalation? Ist das eine Fangfrage? In Ordnung, sind die Polen große Katholiken? Die Polen sind sehr große Katholiken. Was muss jeder anständige polnische Ort außer einer Kirche, einem Feuerwehrheim und einer Kneipe haben? Ein Haus des Heiligen Vaters Johannes Paul II. Kann man das auf dein Land übertragen? Ja, bis auf das erwähnte Haus. Bei uns hängt der Papst an einem Ehrenplatz zwischen dem Staatswappen und dem Logo des Sponsorenbieres. Außerdem ist kaum etwas in diesem Land mein. Was mögen Polen in kleinen Orten überhaupt nicht? Sie mögen es nicht, wenn man den Papst bei seinem Vornamen nennt. Wojty?a hören sie nicht gern. Was ist deine Meinung? Ich denke, dass der Besagte ein gefährlicher Krimineller ist, so wie hauptsächlich alle seine Vorgänger, zusammen mit der dazugehörenden Firma. Was mögen Polen in kleinen Orten sonst noch nicht? Sie mögen es nicht, wenn sie dich bei einer Unterhaltung mit Serben und Muslimen ertappen. Denn wir Kroaten sind okay, Brüder, aber diese Muslime, diese Orthodoxen, Russen, wir haben doch gegeneinander Krieg geführt - wie können wir jetzt am selben Tisch sitzen? Was mögen sie noch nicht? Slowenen, die fließend Polnisch sprechen. Übersetzer. Erklär mir das. Željko sprach ein viel zu fließendes Polnisch. In der Bar, beim Abschluss des Lyrikfestivals. Der mit der verdächtigen Dichtung? Ja, aber jedes Festival ist so. Was ist weiter passiert? Nach ein paar Pils haben sie es ihm nicht mehr abgenommen, dass er kein Pole ist. Sie verlangten, dass er mit der Provokation aufhören solle. Dass er seine Papiere zeigen solle. Und dann? Er hat sich geweigert, seine Papiere zu zeigen, er hatte sie sowieso nicht bei sich. Und? Sie verlangten, dass er in ihrer Begleitung ins Hotel gehe und ihnen seine Papiere zeige. Er sollte beweisen, dass er kein Pole war. Oder dass er sofort mit der Provokation aufhören solle. Aufhören und sich entschuldigen. Und dann? Er hat sich nicht entschuldigt. Er ist aufgestanden und hat eine Fortsetzung des Gesprächs abgelehnt. Und sie? Sie haben ihn bedrängt, ihn geohrfeigt und am Kragen gezerrt. Und du? Ich habe ihn unter die Arme gefasst, gehalten, um eine allgemeine Scheiße abzuwenden. Und sie? Während ich ihn hielt, hat ihn einer mit dem Bein in das Gesicht geschlagen, mit einem high kick. Was ist danach geschehen? Allgemeine Kacke. Eine Massenschlägerei zum Abschluss des Lyrikfestivals, weshalb ich mich mit wer weiß wem integriert habe, denn die Beleuchtung war schlecht. In der Dunkelheit sehen alle Entitäten gleich aus, wenn sie zusammenstoßen. Wie endete es? Nach der allgemeinen und außerordentlich erfolgreichen Integration erwischte ich in Bydgoszcz den Zug nach Berlin und schlief im selben Moment ein.


Beitrittskapitel vier, vorerst das letzte

Diese Liste wichtiger Integrationen ist natürlich willkürlich und könnte anders aussehen. Sie folgt vorläufig einer vorgezeichnete Richtung - dem feuchten Traum eines jeden nicht integrierten Europäers: von der Peripherie bis zum Zentrum. Die europäischen Sterne überschütteten mich beim vierten Mal näher an der Wolkenmitte, dieses Mal integrierte ich mich vertikal. Und wieder hat meine mit beiden Armen angenommene Integration (wegen spezifischer Umstände konnte ich sie nämlich nicht anders annehmen) einen vollkommen vorhersehbaren Katalysator und eine Handlungsrichtung: Sie kam erzwungen, von oben herab, seitens Ordnung und Gesetz.

Ich ging wieder auf Dichterreise, nach Kopenhagen, genauer - ich kam von dort zurück. Alles war in bester Ordnung: Ich ging entspannt in der Stadt spazieren, mit dem Fahrrad fuhr ich kreuz und quer durch Nørrebro, feierte in speziellen Wohnungen "für Unterhaltung und Entspannung", die jedes neuere Gebäude in Vesterbro hatte, las (Nekropoetik!) an den Gräbern von H. C. Andersen und Kierkegaard, lungerte tagelang in Christiania herum und was nicht alles. Seit Anfang der siebziger Jahre beheimatet diese halbextraterritoriale Oase eine lebendige Bildwirkerei nicht integrierter Typen - von alt gewordenen Hippies, Punks und delogierten Hausbesetzern, über nonstop zugekiffte Rastas und nur nonstop Zugekiffte bis zu militanten Veganern, Fruktariern und verschiedenen Aktivisten für alles, was Schatten warf. Doch sobald man Christiania verließ (Schilder verrieten ordentlich, dass man sich wieder auf dem Gebiet der Union befand), war man wieder im Herzen Europas - in jenem feuchten Traum - und aus dem Traum musste man irgendwie nach Hause finden.

Dieser Prozess wird gewöhnlich als Aufwachen bezeichnet; Tranströmer sagt: Aufwachen ist ein Fallschirmsprung aus dem Traum. So fand ich mich vom Bett auf dem Flughafen wieder. Und auf dem Flughafen tat ich ein, zwei Stunden lang Dinge, die man an Flughäfen gewöhnlich tut - hauptsächlich nichts. Und dann näherte ich mich, gestärkt vom Traum, dem Riesenvogel: Ich nahm alles Metallische aus den Taschen, legte das Laptop in die Kunststoffwanne und ging wie eine Million Mal bisher auch ganz ruhig durch den Metalldetektor. Und dann riefen sie mich zurück und fragten, ob meine Tasche wirklich meine sei. Ich sagte: So richtig wirklich. Und sie fragten, ob es eine Möglichkeit gebe, dass jemand etwas hineingetan habe. Ich sagte, es bestehe überhaupt keine Möglichkeit. Und dann fragten sie, ob mir bewusst sei, dass ich Waffen bei mir hätte, und ich starrte sie an. Und dann fiel es mir ein und ich lachte und ich griff in die Seitentasche, um das Schweizermesser herauszuholen, das ich sonst zum Flaschenöffnen und Zahnstochern benutze, ich hatte es im Handgepäck vergessen, dann gingen zwei zweitürige Polizisten auf mich los, drängten mich mit aller Kraft gegen die Wand, in die ich meine Nägel bohrte, und es wurde plötzlich dunkel; eine warme Dunkelheit, in der wie eine vollkommene Aureole lebendige gelbe Sterne blinkten.

Sobald ich zu mir kam, fragten sie. Wo haben Sie die Waffe her?, fragten sie. Was hatten Sie mit der Waffe vor?, fragten sie. Kennen Sie jemanden auf dieser Liste?, fragten sie; wissen Sie, dass es in Dänemark …

Und ich wusste zum ersten Mal. Alles war mir endlich klar, doch ich war zu aufgeregt, um mitzuarbeiten. Ich lächelte geheimnisvoll, was meine Wohltäter noch mehr aus der Bahn warf. Ich wollte nicht abfliegen. Ich dachte: Das ist Schicksal! Ich wollte alt werden und sterben in dem Land, in dem ein Korkenzieher eine Waffe war, dafür war ich bereit zu kämpfen. Ich schwieg weiterhin wie ein Grab, bis sie mich mit fiesen Fragen herumkriegten. Mir rutschte heraus, dass ich als Schriftsteller in Dänemark war. Was für ein Schriftsteller?, fragten sie. Dichter, sagte ich kaum hörbar. Dichter - ach, zum Teufel mit dem, sagten sie und wiesen mit dem Bein zum Ausgang und ich lächelte immer noch selig. Es gab keine Literatur mehr, um mich freizukaufen. Doch die Sternchen, die ich sah, waren dieses Mal hundert Prozent europäisch und endlich konnte ich aufatmen. Ich, integriert.

Übersetzt aus dem Kroatischen von Blažena Radas


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Marko Poga?ars Text erschien in der Reihe "Europe now: Ein literarischer Rettungsschirm für Europa", die das Internationale Literaturfestival Berlin organisiert hatte. Wir bringen in Kooperation mit dem Festival 19 Texte von 19 Autoren, jeden Tag einen.