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Kirgisenküsse: Aktan Arym Kubats 'Centaur' (Forum)

Von Anja Seeliger
11.02.2017.


Diese Geschichte ist schnell erzählt: Ein Familienvater verliert Frau und Kind, weil er nachts Pferde stiehlt. Nicht um sie zu verkaufen, sondern um sie zu reiten. Das ist selbst im Kirgisistan des 21. Jahrhunderts nicht zu akzeptieren: Vor schneebedeckten Wipfeln wird die Hauptfigur zur Beute von neuen Kapitalisten, neuen Islamisten und traditionellen Richtern, die ihm zur Strafe eine Reise nach Mekka aufbrummen, um ihn nicht ins Gefängnis werfen zu müssen.

Aktan Arym Kubat träumt in seinem Film von einer Zeit, in der die Menschen mit den Pferden noch eine Einheit bildeten. Die Hauptfigur, die der Regisseur auch spielt, ist dabei eine Art heiliger Narr, ein Träumer, der sich ständig in die Nesseln setzt und nichts so liebt wie seinen kleinen Sohn, der nicht sprechen will. Das ist kein interessanter Film, aber ganz langweilig ist er auch nicht - wegen der wunderbaren  kirgisischen Landschaft, und weil es diese eine Szene gibt, in der Traditionalisten und Islamisten der Dorfgemeinschaft aneinandergeraten. Es sind die Frauen, die die neuen Bartträger kritisieren (unterstützt von einigen Männern): Frauen, die immer zu Hause hocken und sich alles vorschreiben lassen, das sei ganz unkirgisisch. Die jungen Männer, die es nicht gewohnt sind, kritisiert zu werden, reagieren ausgesprochen sauer.

Man lernt auch, wie Kirgisen küssen. Wer möchte das nicht wissen?

Anja Seeliger
 
Centaur. Regie: Aktan Arym Kubat. Mit Aktan Arym Kubat, Nuraly Tursunkobejoev, Zarema Asanalieva, Taalaikan Abazova, Ilim Kalmuratov,Bolot Tentimyshov, Maksat Mamyrkanov u.a., Kirgisistan / Frankreich / Deutschland / Niederlande 2017. 89 Minuten. (Vorführtermine)