Magazinrundschau - Archiv

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67 Presseschau-Absätze - Seite 2 von 7

Magazinrundschau vom 01.11.2016 - MicroMega

Auf ITV lief vor drei Wochen ein Film über "muslimische Ungläubige", der die Geschichte vieler vom Glauben Abgefallener muslimischen Ursprungs erzählt. Viele der Befragten haben sich im Film nur verhüllt gezeigt, aus Angst, schreibt die algerische Soziologin Marieme Helie-Lucas:  "Ja, Angst. Heute, im Vereinigten Königreich: Angst, physisch angegriffen, ja umgebracht zu werden. Das erscheint Ihnen unbegründet? Ich glaube nicht: In Paris müssen einige Journalisten algerischer Herkunft, die über den muslimischen Fundamentalismus berichten, seit Jahren im Versteck leben. Eine Theaterschauspielerin algerischen Ursprungs ist am hellichten Tag angegriffen worden, mit der Absicht, sie bei lebendigem Leib zu verbrennen, weil sie ein Stück mit dem Titel 'J'ai trente ans et je me cache encore pour fumer' (Ich bin dreißig und verstecke mich immer noch um zu rauchen) gegeben hat...  Seit der Rushdie-Affäre haben die Fanatiker immer weitergemacht."

Hier der von Hélie-Lucas empfohlene Film:

Magazinrundschau vom 19.07.2016 - MicroMega

Aus Anlass des Todes von Michel Cimino bringt Micromega ein langes Interview, das Fabrizio Tassi und Emilio Cozzi vor fünf Jahren mit dem Regisseur geführt haben. Auf die Frage, ob er heute "Heaven's Gate" nochmal drehen würde, antwortet er nur auf Umwegen: "Nein. Ich hasse es dieselbe Sache zweimal zu machen. In meiner ganzen Karriere habe ich niemals eine Szene neu geschnitten. Das ist eine der nervendsten Sachen, die dir passieren können. Ich sage nicht, dass beim Drehen alles von vornherein perfekt ist. Aber wenn ich eine Idee über eine Szene im Zusammenhang mit der Geschichte habe, dann drehe ich, bis ich sie realisiert habe. Diese Szene und keine andere. Ich klebe nicht verschiedene Versionen der selben Sequenz zusammen, um dann die vielleicht die besten Teile auszuwählen und sie zu montieren. Damit riskiert man den Zusammenhalt des Films."

Magazinrundschau vom 14.06.2016 - MicroMega

Der bekannte Philosoph Roberto Esposito legt eine neue Philosophie Europas vor und stellt im Gespräch mit Diego Ferrante und Marco Pasentier von Micromega die Frage, wie Europa zu vereinen sei - was für ihn offenbar nicht ohne eine europäische Revolution denkbar ist, denn die ökonmische Einigung über den Euro habe sich als ungenügend erwiesen: "Sie hat mehr Probleme geschaffen als gelöst. Der Prozess ist dennoch unumkehrbar, denn eine Rückkehr wirft noch größere Probleme auf, wie die Geschichte gezeigt hat. Die problematischen Konsequenzen einer finanziellen Einheit, die nicht von einer politischen getragen ist, liegt vor aller Augen. Der einzige Weg scheint mir darum trotz allem, an die Konstruktion eines europäischen Volks zu denken. Aber das setzt eine harte Konfrontation von zwei Ideen von Europa voraus, die schon die einzelnen Völker teilen, da sie durch allzu unterschiedliche Lebensumstände zu sehr gespalten sind, als dass sie einfach vereinigt werden könnten. In diesem Sinne mache ich in dem Buch auf die Notwendigkeit eines sozialen Konflikts aufmerksam, der dem Prozess einer europäischen Konstitutionalisierung Kraft geben würde. Schon Hegel lehrte, dass der Konflikt, solange er als politische Konfrotation ausgetragen wird, konstituierende Funktion hat."

Magazinrundschau vom 19.01.2016 - MicroMega

Giona A. Nazzaro erzählt die Geschichte des iranisch-kurdischen Filmregisseurs Keywan Karimi, der trotz einer Abmilderung seines Urteils immer noch von Gefängnis bedroht ist: "Alles begann für den Regisseur mit dem Filmprojekt 'Writing on the City': ein Film, der die zahlreichen Wandlungen der Islamischen Republik von der Revolution im Jahr 1979 bis zur Wiederwahl des Präsidenten Achmadinedschad im Jahr 2009 über abgefilmte Graffiti auf den Mauern von Teheran erzählt. Am 14. Dezember 2013 taucht die Polizei in seinem Haus auf und beschlagnahmt Karimis elektronische Ausrüstung. Er verbringt zwei Wochen in absoluter Isolation im Gefängnis..." Nach acht Gerichtsterminen "wird er zu zwei Jahren Gefängnis und neunzig Peitschenhieben wegen 'Beleidigung des Islams' verurteilt. Später wird dieses Urteil auf sechs Jahre Gefängnis und 223 Peitschenhiebe erhöht." Durch internationalen Druck, so Nazzaro, beläuft sich das Urteil nur mehr auf zwei Jahre Gefängnis - nun seien die Kräfte bündeln, um auch diese Strafe noch abzuwenden.

Magazinrundschau vom 10.11.2015 - MicroMega

In diesen Tagen erscheint Emiliano Fittipaldis Buch "Avarizia" über das Finanzgebaren des Vatikans. Etwas großsprecherisch, als sei er Bernstein und Woodward in einer Person, erzählt er in Micromega, wie er in römischen Restaurants seine "Deep throats" traf, unter anderem einen hohen Würdenträger, der ihm von einem jungen Priesteranwärter aus seiner Bekanntschaft präsentiert wird. Er solle mit dem Auto kommen, nicht mit der Vespa, wird ihm vor dem Treffen gesagt: "Als die beiden den Kofferraum ihrer weißen Limousine öffnen, verstehe ich, dass das ein guter Rat war. Darin stecken große schwere Ordner voller Geheimdokumente aus der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls, aus der Vatikanbank, aus Katasterämtern und Unterlagen von Wirtschaftsprüfern, die für die internen Untersuchungen im Vatikans gearbeitet haben: 'Ich gebe dir das, weil Franziskus Bescheid wissen soll. Er soll wissen, dass der Vatikan in Rom Immobilien im Wert von 4 Milliarden Euro besitzt und dass dort keine Flüchtlinge wohnen, sondern ein Sack voll VIPs und Begünstigte, die lächerliche Mieten zahlen. Er soll wissen, dass die Stiftungen für Ratzinger und Wojtyla so viel Geld einkassiert haben, dass sie heute 15 Millionen Euro zu verwalten haben. Er soll wissen, dass eine Menge Kardinäle in Wohnungen von 400, 500, 600 Quadratmetern leben. Plus Penthouse und Dachterrasse."

Magazinrundschau vom 06.10.2015 - MicroMega

Der Blogger Asif Mohiuddin aus Bangladesch hat in Ferrara einen nach Anna Politkowskaja benannten Preis erhalten. Liest man seine Preisrede in Micromega, kann man nur konstatieren, das er ihn verdient hat: Von 84 Bloggern auf einer "!Hitlist" der Islamisten sind in diesem Jahr neun ermordet worden. Er selbst wurde mit einer Machete angegriffen: "In Bangladesch sind 89 Prozent der Menschen muslimisch. Bangladesch hatte sich von Pakistan als ein laizistisches Land abgesetzt, aber nach und nach ist es immer massiver islamisiert worden, vor allem durch das System der Madrasa, der islamischen Schulen, über die ich sehr häufig schreibe. Diese Schulen produzieren Jahr für Jahr Millionen Fanatiker." Der junge Filmemacher Shaheen Dill-Riazhat vor einigen Jahren eine bemerkenswerte Dokumentation zum Thema Madrasa in Bangladesch gemacht, "Korankinder", mehr hier.

Magazinrundschau vom 08.09.2015 - MicroMega

Mario Sesti setzt sich in Micromega interessant mit der Dramaturgie der neueren anspruchsvollen Fernsehserien auseinander und kommt dabei auch auf das italienische Beispiel "Gomorra" nach Roberto Saviano zu sprechen (gerne würde man die Serie auch hierzulande sehen!): "Die ganze Serie ist angelegt wie eine riesige Ouvertüre. Wer sie bis zum Schluss gesehen hat, weiß, dass sie zu ihrem Beginn zurückkehrt, wie ein Orgelpunkt, der vom Protagonisten Marco Damore gesetzt wird, wie eine musikalische Struktur, die am Ende auf den Einzelnen hinausläuft. Wie Saviano erklärt hat, gibt es aus dieser Szenerie kein Entrinnen. Die Erzählung des Manns hat keinen moralischen Kontrapunkt, es gibt keinen Widerspruch gegen das kriminelle Schicksal, keinen narrativen Gegengesang, der etwa die Institutionen oder den Staat ins Spiel bringt." Bei den Romanischen Studien gibt es einen langen, eher akademischen Artikel über die Serie.

Magazinrundschau vom 17.03.2015 - MicroMega

Mit Skepsis, aber auch Optimismus beobachtet Annamaria Rivera die Fortschritte für tunesische Frauen. Gewalt gegen Frauen wird in Tunesien immer stärker thematisiert, wie sie an dem Fall Mariams (Name geändert) schildert, der in ganz Tunesien heftige Debatten auslöste - Mariam wurde von zwei Polizisten vergewaltigt, während ein Dritter ihren Freund zwang, sie mit Geld aus dem Bankautomaten freizukaufen. "Als Mariam dann den Mut hatte, ihre Vergewaltiger anzuklagen, wurde sie zur Schuldigen gemacht. Sie war es nun, die wegen Verstoßes gegen die Sittlichkeit angeklagt wurde (damals waren noch die Islamisten an der Regierung). Aber es gab dann eine so große Mobilisierung von feministischen Gruppen und Menschenrechtsorganisationen, dass die Anklage gegen sie fallen gelassen wurde und statt dessen die beiden Polizisten zu sieben Jahren und ihr Komplize zu zwei Gefängnis verurteilt wurden. Und das nur anderthalb Jahre nach dem Zeitpunkt der Tat. Ich sage "nur", weil ich an die Fristen der italienischen Justiz denke, besonders bei sexueller Gewalt."

Magazinrundschau vom 24.02.2015 - MicroMega

Es ist nicht einfach, in Italien den Säkularismus durchzusetzen, schreibt Michele Sasso von L"Espresso in Micromega, ganz besonders nicht an an Schulen: "Auf den wöchentlichen Religionsunterricht zu verzichten, dürfte eigentlich kein Problem sein und erst recht nicht zu Diskriminierungen führen. Dieses Recht ist in Gesetzen, Gerichtsurteilen, Ministerialerlässen verankert - aber es wird nicht angewandt. In Instituten, die mit den Insignien der Republik geschmückt sind, wird das recht auf den Alternativunterricht häufig verweigert oder eingeschränkt und bringt Schülern und Familien Ärger." (Die Illustration entnehmen wir MicroMega.)

Magazinrundschau vom 13.01.2015 - MicroMega

Aus Anlass des Todes von Francesco Rosi bringt Micromega ein wehmütiges Gespräch, das Curzio Maltese im Jahr 2012 mit dem Regisseur geführt hat: "Kino, das war eine sehr tief empfundene, wichtige kulturelle Aktivität. Ich merke es, wenn sich Leute an Filme erinnern. Sie erinnern sich auch an Dinge, die nicht leicht waren. "Christus kam nur bis Eboli" war kein leichter Film, den man nur zur Unterhaltung sehen wollte. Da ging man hin, um über eine zurückgebliebene Gesellschaft nachzudenken, Süditalien, die untere Hälfte des Landes. Es war nicht nur mein Verdienst, sondern vor allem das Carlo Levis, der dieses Meisterwerk geschrieben hatte. Damals hat man solche Filme noch gewollt... Viele hatten überlegt, das Buch zu verfilmen, De Sica, sogar Rossellini, dann Visconti, aber sie gaben auf. In dieser Zeit fing man an, von den Filmen "Plots" zu verlangen. Bei mir gab"s keinen Plot, es gab einen großen Schauspieler, Gian Maria Volonté. Er spielte eine großartige Persönlichkeit, die es schaffte, sich an der Kultur Süditaliens zu messen, das von der anderen Hälfte des Landes so gut wie vergessen war."