Andrej Platonow

Dshan oder Die erste sozialistische Tragödie

Prosa ∙ Essays ∙ Briefe
Cover: Dshan oder Die erste sozialistische Tragödie
Quintus Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783947215362
Gebunden, 376 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und aus dem Russischen übersetzt von Michael Leetz. Andrej Platonow (1899-1951) gilt als prophetischer Schriftsteller, der in seinem Werk die Tragödie der Sowjetunion erfasst und vorausgesehen hat. Doch bis heute ist vollkommen unbekannt, dass sein literarisches Schaffen zugleich ein hochaktuelles ökologisches Denken durchzieht. Erstmals wird in dem Band der ökologische Prophet Andrej Platonow erschlossen. Der Bogen spannt sich von seiner frühen Publizistik, in der er die Nutzung der Sonnenenergie und die Überwindung des Raubbaus an der Natur propagiert, bis zu dem Essay "Über die erste sozialistische Tragödie". In diesem Schlüsseltext reagiert Platonow einerseits auf die gewaltsame Industrialisierung unter Stalin, die den Menschen versklavte und die Natur zerstörte, andererseits warnt er vor einer künftigen ökologischen Katastrophe.
Der Roman "Dshan" erzählt von einem kleinen Nomadenvolk, das auf seinem Leidensweg durch die Wüste eine neue Seele erlangt. Dshan, so der Name des Volkes, heißt Seele. Im Kontext von Platonows ökologischem Denken erweist sich der Roman als Utopie von einer Menschheit, die es vermag, im Einklang mit der Natur zu leben und die Gefahr einer globalen Katastrophe zu bannen. Der Großteil der Werke ist zuvor nie auf Deutsch erschienen. "Dshan" wurde erstmals auf der Grundlage der unzensierten Originalfassung, die 1999 in Russland publiziert wurde, neu übersetzt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.02.2020

Sonja Zekri sieht in dem russischen Schriftsteller Andrej Platonow einen "ökologischen Propheten", der Menschlichkeit und Fortschritt immer zusammengedacht hat und würdigt die Neuerscheinungen "Dshan" und "Die glückliche Moskwa". Auch wenn "Dshan" für so manchen westlichen Leser nicht leicht zu entschlüsseln sei, findet Zekri die Anthologie "topaktuell, federleicht und anschlussfähig". Ohne die Geschichte der frühen Sowjetunion - als Stichwörter nennt sie die "gigantischen Projekte" der Bolschewiken, die "Elektrifizierung" des Landes, den Bau endloser Kanäle und riesiger Staudämme - ließen sich Platonows Arbeiten jedoch nicht begreifen. In Briefen und Essays warnt er bereits in den 30er Jahren vor einer Ausbeutung der Erde im Zuge rasanter Modernisierungen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.01.2020

Für Rezensentin Kerstin Holm gehört Andrej Platonow zu denjenigen Autoren, die den Sozialismus literarisch fruchtbar gemacht haben. Dass er auch als ökologischer Vordenker taugt, führt ihr der Band mit Prosa, Essays und Briefen des Autors vor Augen. Der Roman "Dshan" führt sie in die Wüste, wo ein Ökonom versucht, die an Hunger leidenden Menschen zu retten, indem er Nachhaltigkeit predigt. Eindrucksvoll findet Holm auch die Aufsätze im Band. Sie erschließen die Prosatexte, meint Holm, und lassen den Leser Platonows Sozialismus als frühe Form einer nachhaltigen Entwicklung erkennen. Die Klarsicht und das utopische Pathos, etwa in dem ökologischen Manifest "Über die erste sozialistische Tragödie", scheinen der Rezensentin bemerkenswert.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 13.12.2019

Dass dieser Roman von Andrej Platonow nicht als stalinistische Literatur durchging, wundert Uli Hufen nicht. Politisches Bewusstsein kann er darin kaum entdecken. Umso mehr lohnt sich die Lektüre seiner Meinung nach. Literarisch, weil der Autor in wenigen treffenden Sätzen Welten entwirft, Figurenbiografien lenkt und die Sowjetunion der 30er Jahre beschreibt. Idealistisch, weil Platonow seinem Glauben ans sozialistische Projekt mit der Geschichte der Umsiedelung des Dshan-Volkes einen utopischen Drive verleiht, ohne sich über seine Figuren zu erheben. Für Hufen ist hier mehr über die Revolution zu lernen als aus manchem Geschichtsbuch. Und die im Band enthaltenen Essays und Briefe des Autors zeigen Platonow als frühen ökologischen Sozialisten, meint der Rezensent.