Iwan Maiski

Die Maiski-Tagebücher

Ein Diplomat im Kampf gegen Hitler. 1932-1943
Cover: Die Maiski-Tagebücher
C.H. Beck Verlag, München 2016
ISBN 9783406689369
Gebunden, 896 Seiten, 34,95 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Gabriel Gorodetsky. Aus dem Englischen von Karl Heinz Siber. 1932 erhielt Iwan Maiski die Ernennung zum sowjetischen Botschafter in London. Früher als andernorts hatte man im Kreml erkannt, dass Hitler vor den Toren der Reichskanzlei stand und seine "Machtergreifung" Europa einen neuen Krieg bringen konnte. Maiski sollte eine Annäherung Moskaus an die Westmächte vorbereiten. Nach vielen Rückschlägen wurde er im Zweiten Weltkrieg tatsächlich zum Architekten des sowjetisch-westlichen Bündnisses. Der Kampf gegen das Dritte Reich war das Lebensthema des weltgewandten Diplomaten und zieht sich wie ein roter Faden durch seine Aufzeichnungen. Dass diese überhaupt existieren, ist eine Sensation, denn unter Stalins Terrorregime konnten sie ihren Urheber leicht den Kopf kosten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.11.2016

Rezensent Cord Aschenbrenner ist sichtlich angetan von den spannenden Einblicken die das Tagebuch des sowjetischen Botschafters Iwan Maiski gewährt. Maiski war 1932 bis 1943 Botschafter in London und hat in dieser Zeit gewissenhaft Tagebuch geführt. Von den insgesamt 1800 Seiten hat es ein gutes Viertel in die deutsche Fassung geschafft, welche nicht aus dem russischen Original, sondern der englischen Version übersetzt wurde. Als "der richtige Mann am richtigen Ort" wurde Maiski eine Schlüsselrolle in der Korrespondenz zwischen Winston Churchill und Josef Stalin zuteil, erzählt Aschenbrenner. Besonders virtuos zeigte er sich wohl im knüpfen neuer, einflussreicher Kontakte wie zum Beispiel zu H.G. Wells oder dem Ehepaar Beatrice und Sidney Webb, beide aktiv in der sozialistischen Fabian Society. Auch Journalisten und konservative Politiker spann er gerne in sein soziales Netz ein. All dies geschah mit der Hoffnung auf eine Annäherung Großbritanniens an die UdSSR, eine Hoffnung, die sich mit der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Paktes zerschlug. All diese Einblicke verdankt der Leser der akribischen Arbeit von Maiski, dessen Tagebücher Aschenbrenner als "hochinteressant, energiegeladen und oftmals amüsant" lobt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.10.2016

Mit großem Interesse hat Jürgen Zarusky die Tagebücher des sowjetischen Botschafters Ivan Maiski in London gelesen, die sehr plastisch, aber alles andere als eindeutig von seiner Tätigkeit zwischen 1932 bis 1943 Zeugnis geben. Maiski war Stalins Abgesandter, aber einerseits den Freuden des britischen Upperclass-Lebens zugeneigt, anderseits auch zerrissen in seinen strategischen Ambitionen, wie Zarusky beschreibt: Erst agierte er zusammen mit Churchill und Eden gegen jede Form von Appeasement an Nazi-Deutschland, dann nach dem Hitler-Stalin-Pakt musste er plötzlich die entsetzten Briten beschwichtigen. Mit den englischen Linke hatte er am wenigsten zu tun. Als ganz aufrichtige Quelle kann der Rezensent die Tagebücher allerdings nicht ansehen, das konnte sich ein sowjetischer Funktionär gar nicht leisten, weiß Zarusky, bedauert aber dennoch, dass Maiski nichts über Vorgänge in der Sowjetunion verlauten lässt (zu Terror, Schauprozessen und Enthauptung der Roten Armee). Und auch wenn  Zarusky nicht alle Einschätzungen des Herausgebers Gabriel Gorodetsky teilt und sich eine direkte Übersetzung aus dem Russischen gewünscht hätte, findet er die Edition doch erhellend und verdienstvoll.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.09.2016

Rezensent Alexander Cammann staunt über die Farbigkeit und Offenherzigkeit der Tagebücher Iwan Maiskis, wenngleich er auch gestehen muss, dass die ausschließlich politischen Niederschriften des sowjetischen Spitzen-Funktionärs trotz der lebendigen Schilderungen von Gesprächen, Konflikten, Einschätzungen und Erinnerungen in der Geballtheit ein wenig ermüden. Ein Glück also, dass die kommentierte, bebilderte, etwa ein Viertel der Tagebücher umfassende Edition des Historikers Gabriel Gorodetsky nun auch auf Deutsch vorliegt, meint der Kritiker. In den Aufzeichnungen aus den Jahren 1932 bis 1943 lernt Cammann, wie "umtriebig" Maiski, der als sowjetischer Botschafter nach London entsandt wurde, Kontakte zur britischen Presse, Gesellschaft und zu britischen Intellektuellen pflegte, aber auch wie konfliktreich sich die Anti-Hitler-Koalition zwischen den USA, Großbritannien und der Sowjetunion gestaltete und wie "explosiv" Zusammentreffen zwischen Maiski und Churchill werden konnten. Auch wenn der Rezensent hier keine Deutungen der Ereignisse vorfindet, hat er die Tagebücher, die verdeutlichen, welcher Druck auf den Machteliten lastete, mit Gewinn gelesen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.09.2016

Hin und wieder hat Rainer Blasius Zweifel an der Urteilskraft des Autors. An Iwan Maiskis Selbstüberschätzung hingegen zweifelt er nicht. Sonst aber scheint ihm die deutsche Auswahledition aus Maiskis Tagebüchern aus seiner Zeit als Stalins Mann in London während der Jahre 1932-1943 interessantes Lesefutter zu sein. Nicht zuletzt, weil Gabriel Gorodetskys Herausgebertexte sowie Einschübe aus Maiskis Memoiren die Einträge für den Leser erhellen, wie er findet. Es geht um Maiskis Überleben als Diplomat, um Begegnungen mit Schriftstellern und Premiers und Maiskis Stalinkult, alles filmaffin und nicht immer den Tatsachen entsprechend vom Autor verpackt, meint Blasius.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.09.2016

Wlodzimierz Borodziej schaut hinter die Kulissen der Tagebücher des Weltkriegsdiplomaten und später geschassten Stalin-Verehrers Iwan Maiski. Auch wenn der Rezensent statt der gefeierten amerikanischen die auf ein Viertel geschrumpfte deutsche Ausgabe vor sich hat, kann er erkennen, dass es sich mitnichten um ein spontanes und in diesem Sinn historisch authentisches Tagebuch aus dem London der Kriegszeit handelt, weiß der Rezensent durch die kommentierende, ja polemisierende und korrigierende Vermittlung des Herausgebers Gabriel Gorodetsky, der durch unermüdliche Archivrecherchen nachweisen kann, wie Maiski seine Aufzeichnungen frisiert, um Moskau hinzuhalten, und wie treu er dem System dient. Für Borodziej alles in allem eine lesenswerte Diplomatengeschichte der 1930er und 1940er Jahre, wobei er den Kommentar noch mehr schätzt als die Quelle selbst.