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J-Pop und Fantasy: "Suzume" von "Makato Shinkai (Wettbewerb)

Von Thekla Dannenberg
23.02.2023.

Seit der verehrungswürdige Hayao Miyazaki seine Ghibli-Studios geschlossen hat, wird dem japanischen Regisseur Makoto Shinkai gern die Rolle des legitimen Nachfolgers zugeschrieben. Seine Animes brechen in Japan alle Kassenrekorde. Und natürlich verbinden sich auch in Shinkais Filmen ganz wie bei Miyazaki das Realistische und das Fantastische, das Heute und das Gestern, der Mythos und die Hypermorderne. Doch während sich bei Miyazaki Trauer und Wunder zu einem ganzen Kosmos der Poesie fügten, überwiegen in Shinkais "Suzume" das Abenteuerliche, das Fantastische, das Romantische. Der Film zielt auf ein jugendliches Publikum, das er mit J-Pop und Fantasy auf eine Achternbahnfahrt der Gefühle schickt. Mitreißend ist der Film durchaus, aber an die Stelle der Poesie tritt hier der Eskapismus, an die Stelle der Fantasie der Einfall.

Suzume wächst seit dem Tod ihrer Mutter bei ihrer Tante in der japanischen Provinz auf. Auf dem Weg zur Schule begegnet sie dem geheimnisvollen jungen Souta, einem Schönling vor dem Herrn, dem sie in den verlassenen Badehaus-Bezirk folgt. Hier befindet sich einer von mehreren über ganz Japan verteilten Übergänge in die andere Welt, wie Suzume erfahren muss. Souta gehört zu einer alten Familie von Schlüsselwärtern, die um die Geheimnisse dieser Welt weiß: Die Tore können in das paradiesische Immer und Ewig führen, aber auch jene gewaltigen göttlichen Mächte freisetzen, die Japan mit furchtbaren Erdbeben überziehen. Unglücklicherweise befreit Suzume eine boshafte Gottheit, die in Gestalt eines süßen Kätzchen Unheil und Verderben bringt - und den schönen Souta in einen dreibeinigen Kinderstuhl verwandelt. Ein nicht wirklich überzeugender Einfall.

In rasanten Registerwechseln zieht Shinkai seine Geschichte ab: Suzumes Sehnsucht nach ihrer Mutter, die zarte Romanze mit Souta und die krachende Action, wenn wieder ein Höllenwurm ausgebrochen ist. Die anderen Menschen erhalten auf ihren Handys nur eine Edbeben-Warnung, Suzume und Souta sehen das Entsetzliche. Sie jagen dem bösen Kobold durch das gesamte Land nach, per Fähre und Shinkansen, durch Kobe und am Fuji vorbei bis nach Tokio, wo Souta studiert. Es wirkt ein bisschen kalkuliert.

Die Teenager-Romanze fordert immer wieder ihren Tribut. Doch die große Schwäche dieses Animes ist der Wurm. Er soll eine furchterregende Macht darstellen, seit Jahrhunderten verantwortlich für Erdbeben und Tsunamis, für Kobe und Fukushima. Doch er sieht eigentlich immer nur aus wie ein roter Regenwurm mit Pelz.

"Suzume". Regie: Makoto Shinkai. mit den Stimmen von Nanoka Hara, Hokuto Matsumura und anderen, Japan 2022, 122 Minuten. (Alle Termine)