9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Überwachung

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.02.2022 - Überwachung

Nach den Enthüllungen über die Überwachungssoftware Pegasus (Unsere Resümees) veranlasste Joe Biden eine "Initiative für Exportkontrolle und Menschenrechte" - der Export von Technologien, die genutzt würden, um "Widerspruch zu ersticken", müsse künftig strenger kontrolliert werden, erinnert Georg Mascolo in der SZ. Die Unterstützung Deutschlands für die Initiative lässt auf sich warten, überhaupt unternehmen die EU und Deutschland nichts, so Mascolo weiter:  "In den deutschen Sicherheitsbehörden und bis hinein in die Regierung gibt es solche, die keine neuen Regeln wollen. Das Vorgehen der USA sei Heuchelei, die könnten noch die raffiniertesten Trojaner selbst entwickeln. Aber Deutschland könne das nicht und sei auf diesen Markt angewiesen. Sonst sei man taub und blind. Auf EU-Ebene fehlte es bis heute bisweilen sogar an den simpelsten Dingen - beispielsweise einer Antwort auf einen Brief, den Reporter ohne Grenzen, Amnesty International, Human Rights Watch und zahlreiche weitere NGOs im Dezember an den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell geschrieben haben. Darin fordern sie 'effektive Schritte' und Sanktionen, um Pegasus einzuhegen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 21.01.2022 - Überwachung

Nein, heise.de-Redakteur Axel Kannenberg will partout nicht, dass die neue Innenministerin Nancy Faeser Telegram abschaltet. Die Coronaleugner würden nur den Kanal wechslen, und er verlöre den Messenger, den er nun mal nutzt. Und das Abschalten hat für ihn eine Tendenz: "Wer als Rechtsstaat einmal keine Abschaltung ausschließen mag, der findet dann auch beim nächsten Mal wohl kaum ein Ende. Oder doch, nämlich eins der demokratischen Kultur und des offenen Internets, wie wir es kennen und mehrheitlich auch schätzen. Denn dann trennt uns online auch nicht mehr so viel von Ländern wie Kasachstan, die bei Demonstrationen das Internet abklemmen, oder China, wo die Great Firewall die unerwünschten Dienste aussperrt. Dann gibt es für Telegramisten wie mich sicher auch 'berufliche Weiterbildungen', wo dann Parolen einstudiert und Schilder hochgehalten werden, auf denen steht 'Ich liebe die Bundesinnenministerin'."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.01.2022 - Überwachung

Die Landesmedienanstalten drohen, eine Reihe von Pornoseiten in Deutschland sperren zu lassen, die keine Alterskontrollen installiert haben. Was als nächstes, fragt Philipp Bovermann in der SZ. Telegram? Portale mit Links zu raubkopierten Filmen? Jeder, der sich nicht benimmt? Und natürlich machen Alterskontrollen per Ausweis das anonyme Surfen unmöglich. Von Kollateralschäden für das Netz insgesamt ganz zu schweigen: "Das Internet, das scheinen viele Menschen immer noch nicht begriffen zu haben, ist kein lineares Medium, mit Kanälen, die man einfach abschalten kann, und dann sind sie weg. Es ist, sofern man es nicht radikal umzubauen gewillt ist, ein dezentrales Netzwerk. Ein Weltgehirn. Man kriegt Erinnerungen nicht weg, indem man sich einen Teil des Kopfes abschneidet."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 18.12.2021 - Überwachung

Telegram arbeitet zwar nicht mit staatlichen Stellen zusammen, das heißt aber noch lange nicht, dass der Dienst sicher ist, erklärt Malaika Rivuzumwami in der taz: "Der Messengerdienst bietet beispielsweise eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht als Grundeinstellung an. Diese muss für jeden einzelnen Kontakt aktiviert werden. Das unverschlüsselte Chatten nennt Telegram 'cloud chat'. Was nett klingt, bedeutet, dass private Gespräche auf den Telegram-Severn abgespeichert werden. Auch verzichtet Telegramm nicht komplett darauf, Metadaten zu sammeln. Laut ihren Datenschutzbestimmungen wird die IP-Adresse erfasst, wodurch Nutzer:innen geortet werden können. Konkret heißt das in der App: 'Wir erfassen deine IP-Adresse, welches Gerät du nutzt etc.' Was genau hinter 'etc.' steckt, erklärt Telegram nicht."
Stichwörter: Telegram, Clouds

9punkt - Die Debattenrundschau vom 07.10.2021 - Überwachung

Der Psychologe Gerd Gigerenzer hat gerade ein Buch veröffentlicht -  "Klick. Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen" (Alexander Armbruster bespricht es heute in der FAZ, mehr in unserer Bücherschau ab 14 Uhr) - das sich skeptisch mit den Folgen der Digitalisierung auseinandersetzt. Vor allem die neuen Überwachungsmöglichkeiten ängstigen ihn. Er würde es vorziehen, für Internetdienste zu bezahlen, erklärt er im Interview mit der SZ, dann wäre es mit dem Überwachungskapitalismus vorbei. Verhindert wird dies jedoch durch "das sogenannte Privatsphären-Paradox. Die meisten Deutschen machen sich Sorgen um ihre Privatsphäre und ihre Daten. Eine repräsentative Studie von uns hat ergeben, dass dennoch 75 Prozent der Deutschen nicht einmal einen Euro dafür ausgeben würden, wenn sie ihre Daten nicht hergeben müssten. Obwohl sich die Leute in Deutschland stärker als in anderen europäischen Ländern bewusst sind, dass private Dienstleister ihre privaten Daten sammeln und auswerten. Wenn man nicht bereit ist, für seine Privatsphäre ein paar Euro im Monat zu bezahlen, dann willigt man freiwillig in ein digitales Überwachungssystem ein, das man in anderen Ländern wie China verteufelt."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 25.09.2021 - Überwachung

Im taz-Interview mit Johannes Drosdowski erzählt die Aktivistin Lilith Wittmann, warum sie die CDU-Wahlkampf-App einfach hacken musste und konnte: "Wähler*innendaten an der Haustür zu erfassen ist eine abstruse, eine gefährliche Idee. Wenn man in einer großen Stadt wie Berlin einfach mal so Daten zu ein paar Hunderttausend Haushalten hat, kann man damit wunderschön Wahlbezirke neu schneiden, sodass die CDU sie möglichst alle gewinnt. Gerrymandering nennt man das in den USA. Da wird ständig an den Wahlkreisen rumgeschnitten... Die Daten sind auch generell, ohne diese Nutzung, hochsensibel. Besonders wenn sie an der Haustür erfasst werden, ohne dass ich weiß, dass sie in eine Datenbank kommen. Aber Letzteres ist natürlich auch ein Problem. In einem Kreis war zum Beispiel erfasst worden, dass eine bestimmte Person sich gerne ein Grundstück im Neubaugebiet sichern würde. Das geht niemanden etwas an. In dem Kreis gab es eine besonders große Datensammlung. Das ist beängstigend und verstörend."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 13.09.2021 - Überwachung

Seit dem 11. September wurden immer mehr Gesetze zur Überwachung der Bürger durchgewunken, auch in Deutschland, stellt Markus Reuter in netzpolitik fest. "Ein Blick in die von netzpolitik.org geführte 'Chronik des Überwachungsstaates' zeigt mehr als 50 Gesetze, die seit 9/11 eingeführt wurden, die allesamt Überwachung befördern, Grundrechte abbauen und Privatsphäre einschränken. Anti-Terror-Gesetze, die mit einer zeitlichen Befristung eingeführt wurden, haben die nachfolgenden Bundesregierungen entfristet. Der Ausbau von Überwachung ist vielfältig. So gibt es immer mehr Datenbanken, immer mehr wird über uns gespeichert, immer mehr Merkmalen erfasst. Dazu gehören der biometrische Pass mit Fingerabdrücken und biometrischem Foto genau wie die anlasslose Erfassung unserer Flugreisen bis hin zur Vorratsdatenspeicherung im Internet. Hinzu kommen Kennzeichenscanner, Funkzellenabfragen und immer neue technische Möglichkeiten. Bei der Verknüpfung von Datenbanken schreitet der deutsche Staat mit dem Registermodernisierungsgesetz voran, das in Zukunft eine Zusammenführung von Daten technisch deutlich erleichtert." Schließlich kommt noch hinzu, so Reuter, dass sich die Budgets für die Sicherheitdienste verdoppelt oder sogar verdreifacht haben.

Biometrische Daten sind aber nicht nur Mittel zur Überwachung, sie sind auch ein sehr lukratives Geschäftsfeld, erzählt Matthias Monroy, ebenfalls auf netzpolitik. "Schätzungen zufolge soll der globale Markt für biometrische Systeme von 28 Milliarden Dollar im Jahr 2019 auf 55 Milliarden Euro im Jahr 2024 wachsen. Ein großer Teil davon betrifft Grenzkontrolltechnik, darunter etwa stationäre und mobile Scanner, Sensoren, Datenbanken, Server und Infrastruktur für Netzwerke. In Europa wird dieser Markt von den französischen Konzernen wie Idemia, Atos und Sopra Steria sowie Accenture aus Irland und Hewlett Packard aus den USA dominiert. So haben es dänische Forscher:innen in einer von der EU-Kommission finanzierten Studie rekonstruiert. Die Europäische Union zahlt fast eine Milliarde Euro für den Ausbau ihrer großen Migrationsdatenbanken."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 07.09.2021 - Überwachung

Mit dem Argument des Kinderschutzes wollte Apple eine enge Überwachungssoftware auf seinen Handys installieren. Nach Protesten hat der Konzern das Projekt vorerst zurückgezogen. Zu spät?, fragt Peder Iblher bei hpd.de: "Die strikte Privacy-Politik, mit der Apple seinen Markenkern auch gegen Widerstände verteidigt hatte, ist offenbar Geschichte. 'What happens on your iPhone, stays on your iPhone' - dieser Werbespruch ist obsolet und der Vertrauensbruch nicht einfach wiedergutzumachen."
Stichwörter: Apple

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.09.2021 - Überwachung

Apple ist in den letzten Monaten durch Pläne, die Handys seiner Nutzer automatisch zu durchsuchen, ins Gerede gekommen. Edward Snowden war einer der prominentesten Gegner dieser Maßnahme (unser Resümee und mehr hier). Markus Reuter und Holly Hildebrand berichten nun in Netzpolitik, dass Apple die Pläne vorerst zurückstellt: "Die kommenden Monate werden zeigen, ob Apple die Pläne weiter verfolgt oder tatsächlich von ihnen abrückt. In der Vergangenheit haben große Unternehmen solche Verschiebungen genutzt, um eine Protestwelle abflauen zu lassen. Dies war beispielsweise bei WhatsApp und der Einführung neuer Geschäftsbedingungen der Fall."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 27.08.2021 - Überwachung

Apple hat angekündigt, die Iphones seiner Fans permanent auf Fotos zu scannen, die nach Kinderpornografie (beziehungsweise "Child Sexual Abuse Material, CSAM)" aussehen könnten. Bei entsprechenden Funden würde Apple die Behörden gewissermaßen automatisch informieren. Damit wird eine neue Überwachungstechnik eingeführt, auf die die Regierungen sicher gerne zugreifen werden, meint Edward Snowden in seinem Blog. Und Apple handelt keineswegs, um Kinder zu schützen - eher sich selbst, vermutet er: "Wenn Sie ein unternehmenslustiger Pädophiler mit einem Keller voller CSAM-verseuchter Iphones sind, begrüßt Apple Sie, dass Sie diese Scans komplett vermeiden können, indem Sie einfach den Schalter 'Icloud-Fotos deaktivieren' umlegen, eine Umgehung, die offenbart, dass dieses System nie zum Schutz von Kindern entwickelt wurde, wie sie Sie glauben machen wollen, sondern eher zum Schutz ihrer Marke. Solange Sie das Material von ihren Servern fernhalten und Apple so aus den Schlagzeilen heraushalten, ist es Apple egal."
Stichwörter: Apple, Snowden, Edward