9punkt - Die Debattenrundschau

Die dunkelsten Sehnsüchte der Menschen

Kommentierter Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
21.11.2023. In der NZZ setzt Michael Wolffsohn alle Hoffnung auf das liberale Judentum. Im Perlentaucher skizziert Richard Herzinger die Geschichte des linken Antisemitismus seit Voltaire. SpiegelOnline analysiert das Dilemma der Araber, die heimlich mit Israels Vorhaben sympathisieren, die Hamas zu zerstören. Es wird fortan keine Judenmassaker mehr ohne massive Gegenwehr geben, schreibt Rafael Seligmann in der Welt. "Wandel durch Annäherung" hat zumindest dafür gesorgt, dass die Russen ziemlich schlecht auf Krieg vorbereitet sind, meint der Politologe August Pradetto in der FR. Und der Tagesspiegel weiß: Javier Milei ließ seinen Hund klonen.
Efeu - Die Kulturrundschau vom 21.11.2023 finden Sie hier

Politik

Judenfeindschaft, die sich heute vor allem in der obsessiven Verdammung Israels äußert, ist in der linken Ideologiegeschichte tief verankert, schreibt Richard Herzinger im Perlentaucher: "Sie geht bereits auf die Blütezeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert zurück. Denn nicht nur Vertreter der feudalen und klerikalen Reaktion, auch bedeutende Aufklärer wie Voltaire hegten heftige antijüdische Ressentiments - freilich aus dem umgekehrten Motiv wie die Verteidiger der alten Ordnung. Aufseiten der Gegenaufklärung ging der traditionelle christliche Antijudaismus nahtlos in die Anklage über, die Juden seien als 'zersetzendes', wurzelloses Element für die Auflösung der 'natürlichen' hierarchischen Ordnung der Gesellschaft verantwortlich. Aufklärer wie Voltaire hingegen bezichtigten das Judentum, starrsinnig an einem archaischen Gottesglauben festzuhalten und damit eine Quelle des antiaufklärerischen Obskurantismus zu sein."

Der antiimperialistischen Linken, die Israel für "einen kriegsverbrecherischen Kolonisator im Dienst des Weltkapitals" hält, ruft der Medientheoretiker Gerhard Schweppenhäuser in der taz entgegen: "Wer sich die Vernichtung des Staates Israel zum Lebenszweck macht, will niemanden von staatlicher Herrschaft befreien. Er will 'die eigenen Leute' einem - teils imaginären, teils realen - autoritären Staat unterwerfen. Was Hamas und Hisbollah als Befreiungskampf verkaufen, ist in Wahrheit Unterdrückung im Namen größenwahnsinniger religiöser Fantasien, namentlich Gottesstaat, Kalifat. Das seit Jahrzehnten andauernde Leiden der Palästinenser*innen ist ihre Verhandlungsmasse im Kampf um die Herrschaft. Indem sie die Verteidigungsschläge der israelischen Armee heraufbeschwört, nimmt Hamas nicht nur israelische Juden als Geiseln, sondern auch die Bevölkerung des Gazastreifens. Hat die antiimperialistische Linke einen blinden Fleck auf dem rechten Auge? Die Unterwerfung der Besitzlosen unter aufrührerische Anführer dient der Etablierung neuer, tendenziell faschistischer Klassenherrschaft."

"Jüdisches Leben war, ist und… bleibt Existenz auf Widerruf", schreibt der Historiker Michael Wolffsohn, der in der NZZ unter anderem fragt, wo Diaspora-Juden noch sicher sind. Zwar seien in jüngster Zeit viele Juden nach Israel geflohen, zugleich konstatiert er eine zunehmende "Ent-Israelisierung der Diasporajuden" in Folge der innerjüdischen Spaltung in Israel. Hoffnung setzt Wolffsohn auf das liberale Judentum: "Während in Israel etwa 30 Prozent der Juden im Sinne der religiösen Gebote leben - Tendenz aufgrund der hohen Geburtenrate steigend -, beträgt der Anteil religiöser Juden in der Diaspora nicht mehr als 10 Prozent. Die Synagogen sind sogar an den hohen Feiertagen (Neujahr und Jom Kippur) eher spärlich gefüllt. Unverdrossen bauen (aus schlechtem Gewissen) besonders deutsche Kommunen neue Synagogen, um zu beweisen, wie gut sie es mit den Juden meinen. Nennenswerten Zulauf verbuchen allein die inzwischen auch quantitativ beachtliche modern-orthodoxe und seelsorgerisch vorbildliche Chabad-Bewegung sowie die relativ immer noch kleine Gemeinschaft des liberalen Judentums. Das bedeutet: Jüdischer Geist bzw. jüdische Inhalte sind für die erdrückende Mehrheit der Diasporajuden ein Nichts. Ihr Jüdisch-Sein ist fremdbestimmt - allein durch die postchristlich rechten und linken sowie die islamischen Gefahren von außen."

In der Welt kommentiert Rafael Seligmann die Reaktion Israels auf den Terror der Hamas: "Die ungewohnte Resistenz der Juden plagt die verwöhnten Seelen der Antisemiten. Über Jahrtausende hatten sie sich an wehrlose jüdische Opfer gewöhnt. Das Zurückschlagen Israels empört Syriens Gewalthaber Baschar al-Assad, der mehrere Hunderttausend seiner Landsleute abschlachten ließ, Irans Frauenmörder, den Kurdenbekämpfer Recep Tayyip Erdogan und linksradikale Europäer und Amerikaner, die Zionisten als kolonialistische Unterdrücker anprangern, unisono. Die Wehrbereitschaft der Israelis reizt sie bis aufs Blut. Sie ahnen, dass es fortan keine Judenmassaker ohne massive Gegenwehr geben wird. Sie sollen sich dessen gewiss sein."

Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman könnte im Gaza-Krieg als Vermittler auftreten, sich als Schutzmacht für die Palästinenser inszenieren, den Terror der Hamas verurteilen und seine "diskreten Beziehungen" zu Israel einsetzen, aber er schweigt, schreibt Susanne Koelbl auf SpiegelOnline. Denn der Kronprinz steckt in einem Dilemma, die Annäherung an Israel liegt auf Eis, überhaupt stehen die arabischen Herrscher unter Druck, sich von Israel zu distanzieren, so Koelbl: "Die Dilemmata der Araber reichen wahrscheinlich sogar noch tiefer. In Hintergrundgesprächen mit Diplomaten ist zu hören, dass mehrere Golf-Regierungen insgeheim erhebliche Sympathie für Israels Vorhaben hegen, die Hamas zu zerstören. Die sunnitische Terrororganisation wird seit über dreißig Jahren mit Waffen und Training aus Iran aufgerüstet, politisch ist sie mit der ungeliebten Muslimbruderschaft verbunden. Viele Golf-Monarchien betrachten die Hamas deshalb als gefährlichen politischen Akteur, den sie gern los wären."

Israels Finanzminister Bezalel Smotrich fordert "palästinenserfreie Zonen", Landwirtschaftsminister Avi Dichter spricht von einer "Gaza nakba 2023" - für den Tagesspiegel hat Malte Lehming mit Michael Sfrad, israelischer Anwalt mit dem Schwerpunkt auf Völkerrecht gesprochen: "Durch Wut und ein verständliches Bedürfnis nach Rache entstünden die meisten Kriegsverbrechen, sagt er. 'Als Menschen müssen wir solche Impulse kontrollieren und uns an die moralischen und rechtlichen Grenzen halten.' Deswegen verurteilt Sfard die inflammatorische Rhetorik einiger israelischer Politiker. Sie normalisiere 'die dunkelsten Sehnsüchte der Menschen' und schaffe Raum für die Befürwortung schwerer Verstöße gegen das Kriegsrecht. 'Wenn wir dem nicht Einhalt gebieten, werden solche aufrührerischen Reden eines Tages zu kriminellen Handlungen führen.'"

Von Trump und Bolsonaro kam Applaus nach dem Wahlsieg von Javier Milei in Argentinien, einiges unterscheidet Milei allerdings von den beiden ehemaligen rechtspopulistischen Präsidenten, schreibt Sandra Weiss, Lateinamerika-Korrespondentin des Tagesspiegels: "Zwar bedient sich Milei immer wieder der Anti-System-Rhetorik von Trump und Bolsonaro, allerdings verzichtet er im Gegensatz zu seinen Vorbildern auf rechtsradikale Ausfälle und befürwortet etwa die gleichgeschlechtliche Ehe. Seine künftige Vizepräsidentin Victoria Villarruel hingegen bedient die konservative Klientel, pflegt Kontakte zu rechten Gruppen auf der ganzen Welt und provoziert immer wieder mit Äußerungen über die Militärjunta (1976-1983). Die Tochter eines Offiziers zieht die von Menschenrechtsorganisationen auf 30.000 geschätzte Zahl der Todesopfer während der Diktatur in Zweifel. Alles an Milei ist skurril und widersprüchlich: Er ist Katholik, beleidigte aber den Papst als 'Symbol des Bösen'. Mithilfe seiner auf Esoterik spezialisierten Schwester Karina spricht er, so heißt es, mit seinem Lieblingshund 'Conan' im Jenseits. Als das Tier der Rasse Mastiff 2017 starb, ließ der Argentinier es in den USA klonen. Die Nachfahren benannte er nach berühmten Ökonomen, Milton Friedman und Robert Lucas."
Archiv: Politik

Europa

Deborah Feldman scheint in einer verkehrten Realität zu leben, ärgert sich Erica Zingher in der taz vor allem über die Verächtlichkeit, mit der Feldman im Interview mit dem niederländischen Medium NRC nicht nur über den Großteil der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden, nämlich über diejenigen, die in den 1990er Jahren aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion eingewandert sind, sprach. Sie unterstellte ihnen zudem "Macht und Einfluss". Zingher klärt Feldman auf: "Ein großer Teil jüdischer Realität in Deutschland lässt sich wie folgt herunterbrechen: Plattenbau, Altersarmut, Kriegserfahrung, Abwertung von Lebenserfahrung. Mehr als 93 Prozent der jüdischen Zugewanderten sind auf Grundsicherung im Alter angewiesen. Die meisten Älteren der ehemals Zugewanderten sind zwar top ausgebildet, arbeiten zum Großteil aber weit unter ihren Qualifikationen. Einen deutschen Pass gab es, wie von Feldman behauptet, für die ehemals 'jüdischen Kontingentflüchtlinge' nicht als Einreisegeschenk. Dieser konnte erst nach Ablauf einer bestimmter Zeitspanne beantragt werden. Knapp die Hälfte der Jüdinnen und Juden in Deutschland hat aufgrund der Zuwanderung der 90er Jahre ukrainische Wurzeln. Der russische Angriffskrieg ist für sie sehr nah."

Nur eine Minderheit der Muslime in Deutschland spricht Israel das Existenzrecht ab, die Mehrheit setzt auf die Zwei-Staaten-Lösung, schreibt Thomas Avenarius in der SZ: "Ohne Zweifel gibt es Antisemitismus unter Muslimen in Deutschland. Der harte Beleg, dass die Mehrheit dieser Menschen so denkt, fehlt aber. Der Bundespräsident hatte sich jüngst 'an die palästinensische Gemeinschaft in unserem Land' gewandt. Frank-Walter Steinmeier insinuierte dabei - ob gewollt oder ungewollt - genau diesen Generalverdacht. Palästinensische und andere Muslime dürften sich von der Hamas nicht missbrauchen lassen: 'Sprechen Sie für sich selbst! Erteilen Sie dem Terror eine klare Absage!' (…) Weil die Hamas eine Terrorgruppe ist, soll jeder deutsche Muslim sich bekennen müssen? Dazu müsste einer sich erst einmal als Sympathisant zu erkennen gegeben haben. Steinmeier sollte es besser wissen: Würde der Bundespräsident die Thüringer und Sachsen zu Bekenntnissen nötigen, weil in deren Bundesländern die Zahl der AfD-Anhänger erschreckend wächst?"

Deutschland hat die Zuwanderung nicht im Griff, aber Deutschland braucht Zuwanderung, schreibt Jörg Phil Friedrich in der Welt mit Blick auf die Alterspyramide und den Mangel an Lehr-, Service- und Pflegekräften, aber: "Der Bund muss die Rahmenbedingungen schaffen, und das heißt vor allem: Möglichkeiten für Integrationswillige schaffen und andererseits die Bedingungen für die Unwilligen konsequent verschärfen. Für alle Geflüchteten und Migranten, die die Angebote von Sprachschulen, Qualifikationsmaßnahmen und Arbeitsmöglichkeiten nicht annehmen und sich nicht um eine erfolgreiche Integration bemühen, darf es nur noch Sachleistungen geben, darf nur das Existenzminimum gesichert werden. Die Aufenthaltsgenehmigungen müssen von der Bereitschaft zur und dem Erfolg bei der Integration abhängig gemacht werden. Wer andererseits Erfolg beim Spracherwerb und anderen Qualifikationsmaßnahmen hat, wer in Arbeit kommt und langfristig angestellt wird, ist bei der Vergabe von Wohnraum zu bevorzugen. Dezentrale, in bestehende lebendige Wohngebiete integrierte Unterbringungen sind dabei zu bevorzugen, um die Ausbildung von Parallelgesellschaften zu vermeiden."

Die Gefahr eines russischen Angriffs auf den Westen ist ein "Popanz. Nicht einmal für die Ukraine reichen die Mittel der russischen Führung aus", konstatiert der Politologe August Pradetto in der FR: "Die Russland-Politik des 'Wandels durch Annäherung', von der Intensivierung des Handels bis zur Kooperation im Wissenschaftsbereich, war offenbar keineswegs so falsch, wie jetzt im Westen gern suggeriert wird. Die russischen Streitkräfte sind nach dem Ende des Kalten Krieges nicht auf großangelegte Operationen - wie 2022 zur Eroberung der Ukraine angeordnet - oder gar für einen Krieg gegen den Westen vorbereitet worden. Seit den 1970er Jahren, erst recht in den Jahrzehnten nach 1990, sind die Moskauer Machthaber ebenso wie die Regierungen westlicher und mitteleuropäischer Länder immer weniger von aggressiven Absichten der anderen Seite ausgegangen. Die Kooperation mit Russland, die Handelsbeziehungen, die Wirtschaftsverflechtungen und damit die starke wechselseitige Abhängigkeit hatten auf beiden Seiten auch auf das Denken über militärische Sicherheit eine positive Wirkung."

Am Wochenende pries ein hochrangiger Taliban-Funktionär, der unbemerkt nach Deutschland eingereist war, in einer Kölner Ditib-Moschee die Vorzüge des Regimes in Afghanistan, Ali Erbas, Chef von Diaynet, der türkischen Religionsbehörde, der auch die Ditib untersteht, sagte vor 200 muslimischen Theologen aus 92 Ländern: "Das zionistische Israel begeht in Gaza einen Völkermord mit seinen Angriffen, die auf einem schmutzigen und perversen Glauben basieren." Auf ZeitOnline fragt sich Christian Parth, wie Deutschland die Ditib immer noch hofieren kann: "In einigen Bundesländern sitzt der Verband in den Kommissionen, die für die Gestaltung des Islamunterrichts an Schulen zuständig sind. Der deutsche Staat lässt sich von Aussagen mancher Ditib-Funktionäre blenden, die eine Unabhängigkeit von der Türkei und Diyanet behaupten. Und das womöglich sogar bewusst. Denn sobald Politiker hierzulande versuchen, die Ditib auszubremsen, bekommen sie den Druck aus Ankara zu spüren. Häufig schon hat Erdogan bewiesen, dass er sich von den politischen Entscheidungen aus Deutschland nicht beeindrucken lässt. Erdogan nutzt die Ditib, um den Deutschen zu zeigen: Selbst in eurem Land bin ich der Boss."
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Ideen

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Die große Gefahr des Klimawandels ist "ein Kollaps der Gesellschaft, unseres Rechtsstaates und unserer Demokratie", warnt im Tagesspiegel-Gespräch der Klimaphysiker Anders Levermann, der in seinem Buch "Die Faltung der Welt" für Wirtschaftswachstum in begrenztem Raum plädiert: "Unser Wohlstand und das immense Wirtschaftswachstum der vergangenen 100 Jahre sind direkt an das Verbrennen von fossilen Brennstoffen gekoppelt. Unsere Wirtschaft verursacht also den Klimawandel und wird zugleich unter dessen Folgen zu leiden haben. Dabei muss man die Wirtschaft immer als Teil der Gesellschaft begreifen. Die Sichtweise 'die Wirtschaft gegen uns' hat wenig Wert. Es geht um gemeinsame Verantwortung für die Zukunft. (…) Wir können nicht einfach aufhören, uns zu entwickeln. Wir brauchen Wirtschaftsaktivität, um die extreme Armut und Ungleichheit auf dem Planeten zu reduzieren, und außerdem hilft uns eine Reduktion des CO₂-Ausstoßes in der Klimakrise ohnehin nur bedingt. Vielen Leuten ist nicht klar: Wir stabilisieren die Temperatur der Erde nur, wenn wir auf null Emissionen kommen."

Im Welt-Gespräch mit Jakob Hayner hält der Philosoph Christoph Türcke das neue "Selbstbestimmungsgesetz" für die Durchsetzung einer neuen Doktrin: Das Gefühl werde hier zu einem Sein aufgespreizt, behauptet er und sucht die Begründung in der Digitalisierung: "Erst vor etwa 50 Jahren, mit dem Beginn der mikroelektronischen Revolution, begann der Diskurs, der der Zweigeschlechtlichkeit jegliche Naturgrundlage bestritt und behauptete: Sie ist nichts als eine patriarchale Konstruktion. Die Mikroelektronik hat die Binarität von Arbeit und Freizeit, von Öffentlichkeit und Privatsphäre tendenziell aufgelöst und damit die Deregulierung der kapitalistischen Produktion eingeleitet, die sich seither unaufhaltsam in alle Lebensbereiche ausdehnt. Spätestens mit dem Siegeszug des Smartphones ist sie in das Innere des Geschlechterverhältnisses eingedrungen. Seither kann man förmlich zusehen, wie das herkömmliche Geschlechtszugehörigkeitsgefühl an Selbstverständlichkeit verliert."
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Geschichte

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Im taz-Gespräch mit Doris Akrap erzählt der britische Historiker Simon Sebag Montefiore, was ihn dazu bewogen hat, eine "Familiengeschichte der Menschheit" zu schreiben: "Alle Menschen auf allen Kontinenten, in allen Zeiten, aller Herkünfte und aller Religionen haben Eltern. Natürlich ist Familie ein Konstrukt, eine gesellschaftliche Erfindung. Aber ob es nun zwei Väter gibt oder nur einen Samenspender, von zwei Menschen stammt man immer ab. Jeder ist also Teil einer Familie. …Familie kann repräsentiert werden durch Clans, Stämme, Staaten, Reiche, Religionen, Ideen und Ideologien. Familien repräsentieren immer das, was gesellschaftlich grade so los ist: Geschlechterverhältnisse, Ökonomie und Arbeit. Sie können auch ein Finanzunternehmen repräsentieren wie in Deutschland die Industriefamilie der Krupps. Bis heute sind viele deutsche Firmen in Familienhänden, was auch eine politische Bedeutung hat. Familie nutze ich als Werkzeug, um die großen Entwicklungen zu erzählen, seien sie technologisch, kulturell, medizinisch oder was Migration betrifft."
Archiv: Geschichte
Stichwörter: Montefiore, Simon Sebag