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Stichwort
Martin Walser
Rubrik: Vom Nachttisch geräumt - 7 Artikel
Vom Nachttisch geräumt 04.04.2018 […] Martin Walser ist 91 Jahre alt. Er schreibt heute eher noch mehr als früher. Er schreibt noch freier, noch selbstverständlicher. Als er im Jahre 2004 von Suhrkamp zu Rowohlt wechselte, da gab es Stimmen, die meinten, von dem alten Mann sei eh nicht mehr viel zu erwarten. Denen hat er es gezeigt. Es erschienen die Tagebücher und die viel angefeindete "Angstblüte", das von den Feuilletons bejubelte […] wenn die Blicke einander begegnen, der eigene inzwischen so verblasst ist, dass die Jugend ihn für bereits erloschen hält. Schauen wir uns Justus Mall an. So einen bekommen wir selten zu sehen.
Martin Walser: Gar alles oder Briefe an eine unbekannte Geliebte, Rowohlt, Reinbek 2018, 107 Seiten, 18 Euro […] Von
Arno Widmann
Vom Nachttisch geräumt 19.03.2018 […] "Ein Gespräch" ist der Untertitel des Buches. Es wird so getan, als würden Gespräche wiedergegeben, die der neunzigjährige Martin Walser mit seinem fünfzigjährigen Sohn Jakob Augstein geführt hat. Vielleicht verhält es sich wirklich so. Aber es drängt sich doch der Eindruck auf, dass der alte Hexenmeister es wieder einmal geschafft hat, einen dicken Brocken hinzulegen, eine faszinierende Lebensgeschichte […] dass ich erfahrungsgesättigt bin." Das ist der Schlusssatz dieses Kapitels. Augsteins Frage ist der Knopf, auf den der Autor Walser drückt, um eine fertige Pointe loszuwerden, die er seiner Figur Martin Walser in den Mund legt. Wir sehen einem Dramatiker bei der Arbeit zu, wie er Szenen kreiert, in denen seine Figuren auf Ideen, auf Formulierungen kommen. Die in Wahrheit natürlich nicht in diesen Situationen […] gar seit siebzig Jahren macht und immer noch machen kann, dann liegt der Hauptspaß nicht mehr in der Erzeugung der Illusion, sondern darin, ihre Fabrikation zu zeigen, ohne ihr Abbruch zu tun.
Martin Walser, Jakob Augstein: "Das Leben wortwörtlich - Ein Gespräch", Rowohlt, Reinbek 2017, 352 Seiten, 19,95 Euro. […] Von
Arno Widmann
Vom Nachttisch geräumt 20.01.2004 […] " Das ist so eng an David Hume, dass es nach dem Zopf des 18. Jahrhundert schmeckt. "Vielleicht bin ich vorsteuerabzugsberechtigt" dagegen ist ein Satz, der hat jene Komik, in der wir den Autor Martin Walser und uns sofort wieder erkennen. Es ist eine Komik, die uns nicht blind macht dafür, dass es vielleicht doch vernünftig wäre, den Steuerberater anzurufen und ihn mit diesem Satz zu konfrontieren […] wirklich gegen das spricht, was er tut, eben, um davon loszukommen; auch, um sich zu verurteilen, festzulegen, zu hindern. Aber es gelingt ihm nichts gegen sich, außer, dass er gegen sich redet."
Martin Walser: "Meßmers Reisen". Suhrkamp, Frankfurt/Main 2003. 191 Seiten, 17,90 Euro. ISBN 3 518 41463 1.
Lost in Translation
Genauigkeit tötet. Das stellt der Leser am Ende seiner Lektüre von Luca […] Von
Arno Widmann
Vom Nachttisch geräumt 05.06.2002 […] worden als hier von Martin Walser. Seit Jahren wartet man auf einen Autor, der uns die Augen öffnet für die Komik der sich aufplusternden Macht, der mit dickem Pinsel ein kräftiges Bild der vom eigenen Selbst hingerissenen Verrücktheit ihrer Träger und dem erbärmlichen Zustand ihrer Zuträger malt. Jetzt haben wir ihn. Er heißt Martin Walser, und er ist 75 Jahre jung.
Martin Walser: "Tod eines Kritikers" […] "Tod eines Kritikers" ist eines der besten Bücher nicht nur von Martin Walser. Es ist nicht damit zu rechnen, dass diesen Sommer noch ein Witzigeres, Böseres und Schöneres erscheint. Jedenfalls nicht von einem deutschen Autor. Vergessen Sie Reich-Ranicki. Er kommt nicht vor. Der Mann heißt Andre Ehrl-König, kommt aus Frankreich und spricht kein jiddisch, sondern von "Literatür". Er hat eine Fernsehsendung […] gleichzeitig darüber, dass er es nicht genau - differenziert - genug macht. Es ist ein pornographischer Blick. Gegen den ist nichts zu sagen als dass er sich bis zur Lächerlichkeit verguckt.
Martin Walser hat karikiert, was er kennt, also den Literaturbetrieb. Der Leser aber wird in Andre Ehrl-König und den Seinen die eigene Umgebung zur Kenntlichkeit entstellt wiedererkennen. Ehrl-König sagt immer […] Von
Arno Widmann