Magazinrundschau - Archiv

Outlook India

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Magazinrundschau vom 05.07.2011 - Outlook India

Vom exemplarischen Fall der Aneignung und Umwendung einer verpönten Kastenbezeichnung berichtet Chander Suta Dogra. Eigentlich ist "Chamar" (zu deutsch: Haut, der traditionelle Name der wegen der Arbeit mit Leder als unrein verachteten Kaste der Schuster und Gerber) ein Schimpfwort, dessen Verwendung mit Gefängnisstrafe bewehrt ist. Nur nennen die Angehörigen dieser Kaste sich inzwischen selbstbewusst selber so, es ist sogar unter den Jugendlichen eine richtige Musikkultur rund um die Aneignung des Begriffes entstanden: "Was den Jugendlichen an diesen Songs am allermeisten gefällt, sind die Videos mit ihren stattlichen, gutgebauten Chamar-Jungs, die ihren Bizeps präsentieren und mit Schwertern und Gewehren hantieren. Diese Selbstdarstellung als Machos ist ganz klar der Versuch, sich als der höher angesehenen Kaste der Jat Sikhs gleichwertig zu präsentieren, die als stark und kraftvoll gelten. Pamma Sunar, ein Musiker aus Phagwar, hat im Januar diesen Jahres den Song 'Fighter Chamaar' veröffentlicht, mit provokativem Text und gewagten Videobilder. 'Wir kämpfen um Gleichberechtigung und Selbstachtung und schon werden wir deswegen bedroht', erklärt Sumar, der Mitglieder der Jat Sikhs für die Urheber von Drohbriefen und telefonischen Schimpfkanonaden hält."


Hier das Video zu "Fighter Chamaar":


Stichwörter: Aneignung, Gleichberechtigung, Led

Magazinrundschau vom 31.05.2011 - Outlook India

Die Titelgeschichte gilt einer Generation neuer Bollywood-Protagonisten, die sich von Helden der Vergangenheit stark unterscheiden. Sie spielen Rollen, die näher an gewöhnlichen Menschen sind als die überlebensgroßen Figuren der früheren Superstars. Die Regisseurinnen und Regisseure, Komponisten und Kameraleute haben ganz andere Horizonte als ihre Vorgänger. Namrata Joshi fasst das Neue in ihrem großen Überblick so zusammen: "Was diese Newcomer auszeichnet, ist ihre mit einer Leidenschaft fürs Kino verbundene Professionalität. Sie kennen sich alle bestens aus im Kino. 'Sie habe Filme aus allen Weltteilen gesehen und dann eine eigene Sprache entwickelt. Sie entwickeln die Grammatik unseres Kinos weiter', meint der als Regisseur und Produzent bereits etablierte Anurag Kashyap. Bisher fasste man in der Industrie vor allem mit Hilfe von Familienverbindungen Fuß - für die meisten der Newcomer gilt das nicht mehr. Die Mehrzahl hat keinerlei Bollywood-Hintergrund, stammt aus Mittelschicht-Familien mit Bildungshintergrund und kommt aus entlegenen Ecken des Landes wie Madhepura und Hazaribagh."

Magazinrundschau vom 17.05.2011 - Outlook India

Als Literat genoss und genießt der Nobelpreisträger Rabindranath Tagore Weltruhm. Zu seinem 150. Geburtstag wird jetzt jedoch auch der Künstler und Maler Tagore entdeckt und sein Werk in einem großen Buchprojekt, wie Arpita Basu berichtet, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht: "Tagores künstlerische Arbeiten existierten für den Laienn bislang nur als Fußnote eines überwältigenden Werks aus Prosa, Drama, Musik und Poesie. Diese 'Fußnote' umfasst allerdings ein überraschendes Korpus: mehr als 2.000 Kritzelzeichnungen, Skizzen und Gemälde. Obwohl es siebzig Jahre gedauert hat, dieses Oeuvre einmal zusammenzutragen, hat das Warten sich gelohnt. Die Gemälde werden gerade mit Spezialkameras fotografiert und in vier Bänden als Rabindra-Chitravali veröffentlicht werden. Der erste Band ist letzte Woche in Delhi erschienen, die anderen drei folgen im Juni. Die Bilder werden in Kategorien von fantastischen Tierformen bis Menschengesichtern als Masken und Porträts, Landschaften und einigen mehr zusammengefasst. Sie deuten eine 'modernistische Wendung' an: eine Bewegung weg von den klassischen Zügen von Balance und Harmonie, hin zu einer Ästhetik des nicht Vorhersehbaren."
Stichwörter: Delhi, Skizzen

Magazinrundschau vom 10.05.2011 - Outlook India

Noch immer ist offiziell nicht ganz klar, wie weit Pakistan in die Aktion gegen Osama bin Laden eingeweiht war. Für Amir Mir ist die Sache - wie er in durchaus überzeugenden Einzelheiten belegt - recht klar: Die pakistanischen Geheimdienste waren recht früh informiert, Pakistan fürchtet in Wahrheit nicht den Zorn der USA, sondern der Islamisten. Eine Schlüsselfigur ist Shuja Pasha, Direktor des militärischen pakistanischen Nachrichtendiensts ISI: "Am 26. April trat eine Versammlung des pakistanischen Komitees der Vereinigten Stabschefs zusammen, das aus führenden Armeekommandanten besteht. Obgleich kein reguläres Mitglied des Komitees, war auch Pasha unter den Teilnehmern. Und zwar, wie aus Insiderkreisen verlautet, um eine Einschätzung der Konsequenzen der möglichen Tötung Osamas vorzutragen. Nach der Aktion vom 1. und 2. Mai bestätigte Paha der Asia Times Online, dass der ISI von dem Überfall in Abbottabad wusste. Diese Aussage ist bis heute nicht dementiert... Warum aber scheut sich Pakistan immer noch, zu seiner Rolle in der Jagd auf Osama zu stehen? Quellen in der Regierung sagen ganz klar, dass Pakistan Angst vor den Rückwirkungen seiner Beteiligung an der Tötung Osamas hat.".

Magazinrundschau vom 05.04.2011 - Outlook India

Sheela Reddy möchte Joseph Lelyvelds Gandhi-Biografie auf keinen Fall verboten, sondern diskutiert wissen. Aber den Autor, der sich gegen den Vorwurf verwahrt hat, er hätte Gandhi als Homosexuellen dargestellt, findet sie doch etwas sensationsheischend, um nicht zu sagen heuchlerisch. "Lelyveld beginnt damit, seine Leser zu warnen: 'In einem Zeitalter, in dem das Konzept der platonischen Liebe wenig glaubwürdig erscheint, können ausgewählte Details über die Beziehung und Zitate aus den Briefen leicht so arrangiert werden, dass sie zu bestimmten Schlussfolgerungen führen.' Dann leitet er seine Leser unerklärlicherweise zu genau der Schlussfolgerung, vor der er sie gerade gewarnt hat: Uns wird erzählt, dass Kallenbach lebenslang Junggeselle war, Gymnast und Bodybuilder [...] 'Selbst wenn Gandhi nicht in ihn vernarrt war, fühlte er sich doch auf jeden Fall hingezogen zu dem Architekten.' Und Lelyveld weiter, aus einem von Gandhis Briefen zitierend: 'Dein Porträt (das einzige) steht auf dem Kaminsims meines Schlafzimmers.' Er beschreibt liebevoll die Details in Gandhis Brief: Baumwolle und Vaseline, 'eine beständige Erinnerung'."

Magazinrundschau vom 08.03.2011 - Outlook India

Auch Indien hat, wie die Titelgeschichte von Outlook India zeigt, seinen Karl Theodor zu Guttenberg, das heißt einen charismatisch-populistischen Politiker neuen Typs. Allerdings sieht Baba Ramdev etwas anders aus und hat einen Yoga- statt eines Schlosshintergrunds. Genauer gesagt: Er ist der größte Yoga-Guru des Landes, der sich nun zum Vorkämpfer gegen Korruption und Schwarze Kassen stilisiert und mit einer eigenen Partei antreten will - geschickterweise unterbreitet er allerdings den großen Parteien attraktive Kooperationsangebote. Sheela Reddy hat ihn getroffen und beschreibt das von ihr mit Skepsis, aber nicht ohne Anerkennung betrachtete Phänomen: "Nicht gerade der Selbstbeschreibung des asketischen Mönchs entspricht sein offenkundiges Bedürfnis nach Aufmerksamkeit. Bei seinem Auftritt vor der Fernsehkamera ist ein Auge immer aufs Studiopublikum gerichtet, das er nicht weniger ängstlich als irgendein Schauspieler beobachtet, um zu sehen, wie die Performance ankommt. (...) Seine Kritiker spotten über seine Tendenz, die riesige Anhängerschaft - 'mehr als eine Milliarde Menschen', erinnert mich Ramdev mehr als einmal - mit potenziellen Wählern zu verwechseln. (...) 'Im vergangenen Jahr', berichtet er, 'habe ich mit meiner Kampagne gegen Korruption und Schwarzgeld zig Millionen Menschen im halben Land erreicht. Im nächsten Jahr kommt die andere Hälfte dran.'"

Magazinrundschau vom 01.03.2011 - Outlook India

Im Jahr 2011 findet in Indien eine große Volkszählung statt. Gesellschaftliche Veränderungen werden an neuen Kategorien deutlich: Sexarbeiterinnen werden nicht mehr länger mit Bettlern in dieselbe Schublade gesteckt, eine Transgender-Kategorie gibt es jetzt auch. Noch nicht ganz gelöst scheint, wie Debarshi Dasgupta berichtet, das Problem mit mancher abseits aller Öffentlichkeit lebenden Ethnie, insbesondere jener der Sentinelesen: "Diese gehörten zu den ersten Bewohnern Indiens, sind Abkömmlinge derjenigen, die vor rund 70.000 Jahren Afrika verließen und sind heute nur noch auf einer der Andaman und Nicobar-Inseln - der Nord-Sentinel-Insel - zu finden. Die Sentinelesen stellen aus drei Gründen eine Herausforderung für die Volkszählungs-Beamten dar. Zum einen gelten sie als Fremden gegenüber sehr feindlich eingestellt; zweitens spricht niemand sonst ihre Sprache; und drittens gibt es eine offizielle Regelung, dass die Sentinelesen in Ruhe gelassen werden sollen. In der Vergangenheit wurden von den Volkszählern Säcke mit Lebensmitteln, vor allem Früchten wie Kokosnüssen, entlang der Küste der Nord-Sentinel-Insel zurückgelassen, um sie aus ihrem Habitat zu locken. Wenn sie dort dann auftauchten, wurden sie fotografiert und nach diesen Fotos gezählt.... Unter Verwendung dieser 'Locken-und-Schießen'-Methode kam man 2001 auf eine Bevölkerungszahl von 39, wobei man allerdings glaubt, dass die wirkliche Zahl zwischen 50 und 200 liegt."
Stichwörter: Transgender, Volkszählung

Magazinrundschau vom 15.02.2011 - Outlook India

In seinem "Delhi Diary" stellt Vinod Mehta die Frage, die sich so mancher in manchem Land dieser Erde nach den Ereignissen von Ägypten wohl stellt: "Könnte es auch hier passieren? Die führerlose Revolution in Ägypten hat für so manche Besorgnis gesorgt, ob nicht die Verdammten unserer Erde sich zusammentun könnten, um ihre Herrscher herauszufordern. Experten aller Couleur antworten auf diese Frage zunächst mit einem emphatischen nein. Wir leben in einer lebendigen Demokratie mit regulären Wahlen, freien Medien und einer wachen Justiz... Freilich kann man argumentieren, dass es in Wahrheit hier schon passiert. Die Ungerechtigkeit, gegen die die Protestierenden vom Tahrir-Platz wüten - Korruption, keine Jobs, steigende Preise, schlechte Regierungen -, all das findet man an vielen Ecken unseres gesegneten Landes. Die tribale Bevölkerung Indiens, drei Mal so umfangreich wie die Gesamtbevölkerung von Ägypten, lebt Tag für Tag mit Beschwernissen, die zehn mal so schlimm sind wie die, die die gewöhnlichen Bewohner von Kairo durchmachen müssen. Das Pro-Kopf-Einkommen in Ägypten ist vier mal so hoch wie das Pro-Kopf-Einkommen der indigenen Bevölkerung in Dantewada."
Stichwörter: Tahrir, Delhi, Indigene, Tahrir-Platz

Magazinrundschau vom 08.02.2011 - Outlook India

Das britische Außenministerium spart - und darum macht das BBC-Hindi-Programm nach siebzig Jahren dicht. Das Entsetzen unter vielen gebildeten Indern ist groß, der Sender hatte treue Fans, die ihn für seine Verlässlichkeit verehrten. Namrati Joshi hat einen regelmäßig sich treffenden 200-köpfigen Zuhörerclub getroffen: "Die Mitglieder wollen ans britische Außenministerium schreiben und manche planen eine öffentliche Verbrennung von Bildnissen David Camerons... Derart tief empfundene Reaktionen gegenüber etwas so Profanem wie einem Radiosender mögen den Fernseh- und Internet-gewohnten Kids von heute seltsam vorkommen, nicht jedoch ihren Mittelschicht-Eltern, die mit BBC Hindi aufwuchsen... Der TV-Produzent Sonal Joshi erinnert sich daran, wie der verstorbene Hindi-Dichter Bhawani Prasad Mishra, ein Freund der Familie, dem Sender lauschte. 'Wir waren sieben oder acht und mussten mucksmäuschenstill sein, wenn er die Nachrichten hörte.' Der Softwareprogrammierer Anurag Narayan konstatiert, dass BBC Hindi für die Erwachsenen in seiner Familie so etwas wie die Bibel war. 'Ich erinnere mich, wie mir mein Großvater versicherte, dass alles, was die BBC sagte, korrekt sein musste. Er stellte sogar seine Uhr nach den BBC-Nachrichten."
Stichwörter: Cameron, David, Mittelschicht

Magazinrundschau vom 09.11.2010 - Outlook India

In Burma stehen demnächst Wahlen an. Das kann nur eine Farce werden, meint Amartya Sen. Er fordert die Welt auf, endlich etwas zu tun, um den unterdrückten Burmesen zu helfen. Seine konkreten Vorschläge: Die UN sollte eine Untersuchungskommission einsetzen und von ihrer windelweichen Position Burma gegenüber abrücken. Ein Wirtschaftsembargo, dass vor allem die Industrien betrifft, an denen die Militärs beteiligt sind. Ein Reiseembargo für die Mitglieder der herrschenden Militärjunta (die ihre Alterskrankheiten gern im Ausland behandeln lassen). Und schließlich eine starke Reaktion der Weltgemeinschaft, die ihre wirtschaftlichen Interessen noch immer über die burmesische Bevölkerung stellt. "Es ist allerdings schwierig, Regierungen wie Indien, Thailand oder China davon zu überzeugen, dass ihre Politik in Bezug auf Burma grausam und roh ist, wenn die westlichen Länder, die die Herrscher von Myanmar gern scharf verurteilen, in ihren eigenen Beziehungen zu Burma längst nicht alles tun, was in ihrer Macht steht. Verschiedene europäische Länder sowie andere Staaten haben starke Geschäftsbeziehungen zu Burma, zum Beispiel was das Öl angeht. Weder die EU noch die USA oder die Schweiz, Kanada und Australien haben ihre Macht benutzt, finanzielle Sanktionen über das Regime verhängen zu können, um substantielle Veränderungen in dessen Politik zu fordern."