Udo Di Fabio

Die Weimarer Verfassung

Aufbruch und Scheitern
Cover: Die Weimarer Verfassung
C.H. Beck Verlag, München 2018
ISBN 9783406723889
Gebunden, 299 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Vor einem Jahrhundert, am 14. August 1919 wurde die Weimarer Reichsverfassung verkündet. Sie war das Ergebnis einer Revolution, die für die einen zu weit ging und für die anderen unvollendet blieb. Es war die erste republikanische Verfassung der Deutschen, von gewählten Vertretern des Volkes beschlossen und in Kraft gesetzt. Die Verfassung von Weimar war es aber auch, auf deren Grundlage der Reichspräsident am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler ernannte. Erosion und Scheitern der Verfassung von Weimar stehen für den Zusammenbruch von Demokratie, Rechtsstaat und Zivilisation in der Mitte Europas. Unsere Zeit, gerade in Deutschland, hat nichts mit den Bedingungen der Jahre zwischen 1919 und 1933, nichts mit Kriegstrauma, Reparationen, Hyperinflation und dem damaligen Klima von Gewalt und Hass zu tun. Dennoch werden Gedanken auf Weimar gelenkt, wenn in Europa Populismus, politische Instabilität, Angriffe auf den Rechtsstaat und autoritäre Tendenzen wiederkehren, die man längst überwunden glaubte.
Auch heute bleibt die Frage offen, ob die Weimarer Demokratie mit daran gescheitert ist, weil ihre Verfassung institutionell falsch angelegt war. Es lohnt sich hier, vorgeblich altbekanntes Terrain neu zu vermessen, um aus der Vergangenheit etwas für die Gegenwart zu lernen. Di Fabio analysiert verfassungshistorisch tragende staatsorganisationsrechtliche Entscheidungen, ihre Folgen im praktischen politischen Prozess, aber auch die Kräfte, denen das Recht mitunter machtlos gegenübersteht. Es geht dabei nicht so sehr um den rechtstechnischen Vergleich zum Grundgesetz, sondern weit mehr um die Einsicht, wie das Recht einer Demokratie die Spielregeln vorgibt, sie damit stützen, fördern, aber auch blockieren kann. Die institutionelle Analyse zeigt aber auch, dass letztlich keine rechtliche Sicherung vor einem Verfall der politischen Kultur zu schützen vermag. Das Recht behält nur dann seine Wirkung, wenn die Kultur der Demokratie in den Köpfen und Herzen der Menschen verwurzelt ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.01.2019

Rezensent Valentin Feneberg hört Udo Di Fabios Rat, die Weimarer Republik und ihr Scheitern nicht mit der Besserwisserei der Nachgeborenen zu bewerten. Die verfassungshistorische Analyse des Bonner Rechtsprofessors besticht laut Feneberg durch die Einbettung der staatsorganisatorischen Elemente der Weimarer Verfassung in den zeitlichen Zusammenhang. Wie die konkrete Umsetzung aussah, vermittelt der Autor laut Rezensent mit erzählerischer Leichtigkeit und mitunter im Ton einer rechtsphilosophischen Abhandlung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.11.2018

Christoph Möllers ist enttäuscht vom Buch des Staatsrechtlers und ehemaligen Verfassungsrichters Udo Di Fabio. Was der Autor hier mit einigem wissenschaftlichem Anspruch zur Geschichte der Weimarer Republik vorlegt, genügt laut Möllers nicht den Bedürfnissen des Kenners, überfordert andererseits aber den Laien. Di Fabios geordnete Gesamtdarstellung mit politischem Schwerpunkt lässt den Rezensenten Genaueres zur Reichsverfassung vermissen, die gewählte Reichspräsidenten-Perspektive verhindert laut Möllers zudem den Blick auf die Bedeutung von Strukturen. Die Unterschiede zwischen Reichsverfassung und heutiger Verfassung hätte der Autor nach Meinung des Rezensenten stärker herausarbeiten, seine Thesen ruhig steiler gestalten können. Insgesamt hätte sich Möllers mehr erwartet als bloße Ereignisgeschichte.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2018

"Udo Di Fabio malt den Teufel an die Wand", schreibt der rezensierende FAZ-Redakteur Reinhard Müller im ersten Satz seiner Kritik. Und das Dumme ist: Er scheint es zurecht zu tun. Denn die Parallelen zwischen der Weimarer Zeit und den jetzigen Wirren - Parteienverdruss, versagende Eliten, unverantwortliche Wähler, erodierende Institutionen - liegen auch für den Rezensenten auf der Hand. Um so dankbarer ist er für diesen Blick auf das Demokratieversagen der Zwanziger und frühen Dreißiger. Die Verfassung war anders, aber eben das zeigt für Müller - der hier mit dem Autor einig ist - , dass es nicht allein an der Verfassung liegt. Immerhin geht der jetzigen Demokratie das Plebiszitäre ab, das Di Fabio mit Theodor Heuss als Prämie für Gesinnungspolitiker ansehe. Auch die Unabhängigkeit der Justiz ist ein Thema: Di Fabio sei sich der Lage in Ungarn und Polen, wo die Verfassungsgerichte gerupft werden, bewusst. Müller vermisst am Ende konkrete Lösungsvorschläge - lastet das dem Autor aber eigentlich nicht an.
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