Magazinrundschau - Archiv

Magyar Narancs

287 Presseschau-Absätze - Seite 3 von 29

Magazinrundschau vom 29.06.2021 - Magyar Narancs

Die Wochenzeitschrift Magyar Narancs kommentiert das skandalöse "Gesetz gegen Pädophile", das unter dem Vorwand des Kinderschutzes homo- und transsexuelle Menschen stigmatisiert und kriminalisiert, und die Reaktionen darauf: "Denn während die für die Dauer des Fußballspiels Ungarn gegen Deutschland auf das Münchener Rathaus gehängte Regenbogenfahne über die primäre Bedeutung hinaus lediglich soviel sagt, dass man mit der Diskriminierung von Homosexuellen in Ungarn nicht einverstanden ist, oder vielleicht 'Orbán ist ein Idiot', bedeutet die Unterstützung der Regenbogengemeinschaft durch Markus Söder, dass Viktor Orbán für ihn kein Partner ist - und dies kann in der Tat wehtun. Genau so wie die Wahrheit wehtun kann: nämlich, dass in Ungarn der Staat - sich auf den Schutz der Kinder berufend und Pädagogen mit Sanktionen bedrohend - die sexuelle Aufklärung in den Schulen beschnitten, einen bedeutenden Teil der Weltliteratur auf den Index verbannt und wiederholt eine Menschengruppe lediglich aufgrund ihrer sexuellen Identität stigmatisiert und kriminalisiert hat. (...) Die Schande kann nicht größer sein. (...) Doch der Protest erreichte, was so ein Protest erreichen kann, und eigentlich sogar mehr."

Magazinrundschau vom 15.06.2021 - Magyar Narancs

Im Interview mit Orsolya Karafiáth spricht der Schriftsteller und Fotograf Péter Nádas unter anderem über Andersartigkeit als Essenz seiner Freundschaft zum verstorbenen Péter Esterházy. "Für mich ist das Anderssein wichtiger. Die Mehrheit erträgt das nur schwer, erhebt ihre Stimme dagegen, verfolgt und bestraft es. Ich genieße es. (...) Die Wortführerin der Freundschaft mit Esterházy war die Andersartigkeit. Wir haben es beide schrecklich genossen, dass wir beide in fast allen Angelegenheiten über fast alles anders dachten. Und darin ähnelten wir uns sehr. (...) Jeder ist ein Rassist, ein Nationalist, verachtet den anderen, das andere Geschlecht oder das eigene, die eigene Mutter, den Vater. Leider muss ich sagen, dass dies zu den menschlichen Konstanten gehört. Die Frage ist nur, was ich damit anfange, was ich dagegen tue. Natürlich hätte ich es gerne, wenn jeder so denkt, wie ich. (...) Doch bei uns war der Anschluss genau anders. Und wenn ich die Andersartigkeit nicht genießen kann, dann gibt es ein großes Problem, dann genieße ich die Andersartigkeit und auch die Alleinexistenz des anderen Wesens nicht. Übrigens ist dies die Grundlage jeder Kunst und jeglicher Literatur."

Magazinrundschau vom 01.06.2021 - Magyar Narancs

Im Interview mit Dorka Czenkli spricht die Kunsthistorikerin, Galeristin und Kunsthändlerin Judit Virág über die Entwicklung der Sammlerszene für ungarische Malerei vor und nach der Wende. "Um die Wende entstanden beinahe sofort Galerien und Auktionshäuser. Ich denke, dass der ungarische Markt genauso funktioniert wie überall auf der Welt. Bei den Sammlern gab es jedoch große Veränderungen. Vor der Wende konnte man genau sagen, aus welchen gesellschaftlichen Schichten und Berufen die Käufer kamen. Eine große Rolle spielten Intellektuelle, Ärzte, Rechtanwälte, Theaterschaffende und Kleinunternehmer. Heute könnte ich überhaupt nicht mehr eingrenzen, wer sammelt. Man kann nicht eindeutig sagen, dass es die Nachkommen früherer Sammler seien. Nach der Wende tauchten ungarischstämmige, im Ausland lebende, wohlhabende Menschen auf. Gleichzeitig begannen Banken zu sammeln und Ausländer  erschienen auf der Bildfläche, die keinerlei Beziehung zu Ungarn hatten, jedoch beträchtliches Kapital."
Stichwörter: Ungarische Malerei

Magazinrundschau vom 11.05.2021 - Magyar Narancs

Die junge Regisseurin Zsófia Geréb inszeniert gerade an der Oper Dortmund die Uraufführung der Oper "Persona" des kanadischen Komponisten Thierry Tidrow. Im Gespräch mit Leonóra Mörk spricht sie auch über die Rückkehr der Barockoper: "In der Tat scheint es so, dass Regisseure immer mehr den Barock entdecken. Wahrscheinlich aus dem Grunde, weil die Musik außerordentlich frei und variabel ist, im Gegensatz zum Beispiel zu einer Puccini-Oper, bei der der Komponist wesentlich strenger bestimmte, wann was passieren soll. Barockwerke beschäftigen sich oft mit mythologischen Geschichten, die bei Regisseuren sehr beliebt sind, denn sie können sowohl symbolisch als auch wortwörtlich aufgefasst werden. Die Barockoper kann somit wesentlich einfacher in das Autorentheater integriert werden, während klassische Opern wesentlich exakter erscheinen, oder wenn die Inszenierung extrem ist, dann entfernte sich die Interpretation oft so weit vom eigentlichen Gehalt der Oper, dass sie kaum noch funktionierte." (Hintergrund:  )

Magazinrundschau vom 13.04.2021 - Magyar Narancs

Der Regisseur und Kritiker Attila Janisch wartet derweil gespannt darauf, wie sich die Schauspieluni (SZFE) unter den neuen Herren schlagen wird: "Ungefähr in 2024 werden die Ergebnisse messbar sein, denn die Abschlussarbeiten der Studenten der ab September startenden neuen Klassen werden dann veröffentlicht. (...) Die mit politischem Rückenwind kreierte neue SZFA hat noch nichts bewiesen, während die autonome SZFE in den letzten Jahrzehnten mehrfach unter Beweis gestellt hat, dass sie ihren Studenten eine Ausbildung auf Weltniveau bieten konnte. Die neue Führung der SZFA soll dies nun aus eigener Kraft ebenfalls beweisen."

Magazinrundschau vom 30.03.2021 - Magyar Narancs

Der bildendee Künstler Márk Fridvalszki studierte in Wien und Leipzig und lebt gegenwärtig in Berlin. Seine aktuellen Ausstellungen "Future Perfect - Vollendete Zukunft" und "Forward and Up!" kann man an der ICA-D in Dunaújváros in Ungarn oder dem Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin besichtigen. Mit Sirbik Attila sprach Fridvalszki unter adnerem über die Zukunft in der Vergangenheit als Konzept für seine Kunst. "Es geht in erster Linie weniger um ästhetische Fragen, darum ist es mir wichtig von Geist, Geistern und geistiger Natur zu sprechen. Es ist wichtig zu betonen, dass sich mein Interesse nicht auf zombiehafte Formalismen richtet, ich möchte nicht die Oberfläche der Vergangenheit kopieren. Diese Zombieformen kennen wir, es reicht wenn wir uns im Netz, in Filmen, in der Mode oder auch in verschiedenen Künsten umschauen. Wir erkennen überall die Skelette der Vergangenheit. Was mich beschäftigt, könnte man vielleicht Nostalgie gegenüber einer nicht verwirklichten Zukunft nennen."

Magazinrundschau vom 23.03.2021 - Magyar Narancs

Die angehende Regisseurin Lilla Kizlinger (Filmregie-Studentin an der Budepester SZFE) erhielt bei der diesjährigen Berlinale den Silbernen Bären für die beste schauspielerische Leistung in einer Nebenrolle im Film "Forest - I see you everywhere" von Bence Fliegauf. Im Interview mit Dorka Czenkli spricht sie über das Schauspielen: "Ich bin kein Mensch, der fünf Jahre lang Schauspielkunst lernt und haargenau weiß, woraus das Schauspielerdasein besteht (...). Wahrscheinlich besteht meine Schauspielerei daraus, dass ich nicht schauspielern kann. Ein professioneller Schauspieler kann viel mehr machen, während ich gegebene Rollen auf mich projizieren und so wiedergeben kann, wie ich spreche, wie ich bin. Das kann manchmal gut sein, manchmal nicht, denn ich kann zum Beispiel nicht so artikulieren, wie es Schauspieler generell können. Aber das störte mich und auch Bence Fliegauf nicht. Er holte auch aus den professionellen Schauspielern ihre hypernatürliche Seite heraus. Danach suchte er. (...) Ich weiß nicht, ob ich ein Amateur bin. Kann jemand, der auf der Berlinale einen Silbernen Bären erhält, ein Amateur sein? Sicherlich habe ich kein Schauspieldiplom und werde auch nie eins haben. Mit Zwanzig ist man höchstwahrscheinlich immer ein Amateur, egal was man macht. Nun, mit Ausnahme von Sportlern, die seit ihrer Kindheit Sport treiben."

Magazinrundschau vom 16.03.2021 - Magyar Narancs

Der Regisseur Dénes Nagy erhielt bei der diesjährigen Berlinale für seinen Film "Természetes fény" (Natural Light) den silbernen Bären für die beste Regie. Im Interview erzählt Nagy: "Alle meine bisherigen Arbeiten handelten von Gesichtern, beziehungsweise von der Beziehung zwischen Gesichtern und Gegenden. Mit 'Természetes fény' wollte ich herausfinden, wie man einen Spielfilm um ein Gesicht herum bilden kann, das alles in sich trägt, was die Geschichte erzählt. Darüber hinaus interessierten mich immer dichte Milieus und Atmosphären, wo nichts berechenbar ist, wo rohe Naturelemente bestimmend sind. Wir fingen vor fünf Jahren mit den Arbeiten an und wir waren bis zum letzten Augenblick unsicher, ob es klappt."

Magazinrundschau vom 02.02.2021 - Magyar Narancs

In der vergangenen Woche wurde entschieden, dass die drei wichtigsten Universitäten Ungarns außerhalb der Hauptstadt (Debrecen, Szeged, Pécs) ebenfalls in private Stiftungsuniversitäten umgewandelt werden, wobei die bereits bekannten Kuratoriumsmitglieder Politikerinnen und Politiker der Regierungspartei Fidesz oder regierungsnahe Geschäftsleute sind, die ihre Position alle auf Lebenszeit erhalten sollen. Neben dem Verlust der Autonomie der Universitäten, ist die Qualität der Forschung und Lehre ebenfalls ernsthaft gefährdet. Im Gegenteil zu den anderen Universitäten gab es an der Universität Szeged eine abstimmende Senatssitzung, wobei sie skandalös verlief, denn einerseits durften antragstellende Senatoren (Professoren) ihre Änderungsanträge nicht begründen, andererseits stimmten einige Professoren mit Fidesz-Parteibuch entgegen der Weisungen ihrer Fakultäten, welche die Umwandlung ablehnten. Der Universitätsprofessor Mihály Szajbély (Universität Szeged), der selbst einen Änderungsantrag stellte, erklärt im Interview mit György Bányai: "Was man uns angeboten hat, ist eine große Schüssel Linsen, wie der Rektor der Universität es in einer früheren Senatssitzung bezeichnete. Es gibt leider welche, die aus Naivität oder aus Pragmatismus unbedingt das Angebot wahrnehmen wollten. Damit machten sie aber die Universität zum Gegenstand eines Hasardspiels: wenn wir Glück haben und ein gutes Kuratorium und ein gutes Gründungsdokument bekommen, welches die Autonomie der Universität garantieren, dann könnte die ganze Geschichte auch gut ausgehen. Doch wenn es anders kommt, dann können wir alles verlieren."

Magazinrundschau vom 09.02.2021 - Magyar Narancs

Vor kurzem erschien der erste Band über das Lebenswerk des Regisseurs und Schauspielers Tamás Fodor, der ab den 1960er Jahren ein Gründungsmitglied und prägende Figur des ungarischen Underground-Theaters war. Fodor zieht in der Wochenzeitschrift Magyar Narancs Parallelen zwischen den Zeiten damals und den Ereignissen an den Hochschulen heute in einer Situation, in der die gegenwärtige Regierung die Autonomie der ungarischen Universitäten abwickelt: "Die Situation damals war auch nicht anders: man konnte wissen, dass sich die Macht mit allen erdenklichen Mitteln eine unabhängige Institution, eine autonome Form stemmen würde. Und trotzdem mussten wir für die entsprechenden Aktivitäten Verantwortung übernehmen. Später musste man dann auch politisch Farbe bekennen, denn wir mussten anerkennen, dass es nicht ausreicht, aus dem Sessel heraus für die Freiheit die Daumen zu drücken, man musste dafür auch etwas tun. Dies ist auch die große Frage der heutigen Generation: bleibt sie 'zivil' oder findet sie jene Aktionsformen, die sich nicht nur mit partikularen Angelegenheiten befassen. (...) Auch im Falle der Schauspieluni sehe ich, dass es ausgehend von einer technisch-spezifischen Forderung doch um die essentiellste und immanenteste politische Frage geht, nämlich um Unabhängigkeit und Autonomie. Jene Studenten und Hochschullehrer die sich hier zu Wort gemeldet haben, versuchten zunächst im Eigeninteresse aufzustehen und sich aufzurichten."