9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Kulturpolitik

1204 Presseschau-Absätze - Seite 7 von 121

9punkt - Die Debattenrundschau vom 08.12.2023 - Kulturpolitik

Es ist komplex und doch ganz einfach: Nachfahren von Nazis bestohlener Juden sollen bei geraubten Kunstwerken die "Beratende Kommission NS-Raubgut" von sich aus anrufen können, um die Werke von deutschen Museen zurückzuerhalten. Das soll im Prinzip auch seit Jahren so gehandhabt werden, berichtet der Kunsthistoriker und Kurator Hubertus Butin in der FAZ, wird aber nicht, durch hinhaltenden Widerstand von verschiedenen Seiten. (Mehr in unserem Efeu gestern). Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste (DZK), das Museen bei der Provenienzforschung finanziell unterstützt, soll die einseitige Anrufbarkeit zwar zur Voraussetzung für die Finanzierung machen. Aber bisher lassen sich die Ansprüche nur bei den seltenen Museen mit Bundesfinanzierung durchsetzen, so Butin. "Vor allem gilt für jene Kultureinrichtungen, die keine Bundesmittel erhalten, dass es für sie auch in Zukunft keine Verpflichtung gibt, die Beratende Kommission zu akzeptieren. Wenn ein Museum nicht will, dass ein Streitfall über NS-Raubgut von den Mitgliedern des Gremiums bewertet wird, braucht es also lediglich auf einen Förderantrag beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste zu verzichten. Und der Bund kann auf Museen, die nicht von ihm finanziell unterstützt werden, keinen wirksamen Druck ausüben, da dies sonst die Kulturhoheit der Bundesländer tangieren würde."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 07.12.2023 - Kulturpolitik

In der SZ bittet Gerhard Polt in einem Brief an die "Sehr geehrte Frau Baerbock", sich das mit der Schließung einiger Goetheinstitute in Frankreich und Italien doch nochmal zu überlegen: "Die Kosten generieren doch keine Albträume, geehrte Frau Baerbock, wenn man weiß, dass sich diese à la longue auszahlen! Unser Land, so hört man, möchte vielen ausländischen Fachkräften eine Heimstatt bieten. Das Goethe-Institut wäre doch der beste Lockvogel, um diesen Menschen zu zeigen, dass weder unsere Sprache noch unser Gebaren ein Catenaccio sind. Ja, wie wär's denn gar, wenn man das Pferd von hinten aufzäumen würde: doppelt und dreifach investieren in die maroden Institute, sie ausstatten mit den modernsten digitalen Mitteln!"

Auf Qantara findet der deutsche Islamwissenschaftler Stefan Weidner den Vorwurf des Antisemitismus oft rassistisch: Weil er vor allem gegen nicht-weiße Menschen erhoben wird, schreibt er und zählt auf: Achille Mbembe, Bonaventure Ndikung, Adania Shibli, Sharon Dodua Otoo, die aus Bangladesch stammenden Kuratoren der Biennale für aktuelle Fotografie, der Kunstkritiker Ranjit Hoskote. "Während Frauen, Nicht-Weiße, Jüdinnen und Juden in dieser Debatte verstärkt aufs Korn genommen werden, war der letzte prominente weiße Mann, dem massiv Antisemitismus vorgeworfen wurde, Hubert Aiwanger. Das war vor dem 7. Oktober, und Aiwanger ist nicht gecancelt worden, im Gegenteil. Seine Partei Freie Wähler hat bei der letzten Landtagswahl mit 15,8 Prozent mehr Stimmen bekommen als je zuvor." Weidner fordert nun eine Rehabilitation der "Initiative GG 5.3 Weltoffenheit", denn "sie lehnt den BDS ab, stellt sich jedoch ebenfalls gegen einen Boykott der Boykotteure. Gewiss: Das fordert der gegenwärtigen deutschen Politik und ihren Medien einiges an Selbstdisziplin ab. Mit dem Finger auf Andersaussehende und Andersdenkende zu zeigen, ist ein Mittel, um sich beliebt zu machen. Wenn die gemeinsame Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus keine leere Phrase sein soll, verzichtet man jedoch besser darauf."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 06.12.2023 - Kulturpolitik

"Denunziatorisch und höhnisch" nennt die Historikerin Gesine Krüger auf geschichtedergegenwart.ch das Argument, die Benin-Bronzen seien "am Hof von Sklavenhändlern hergestellt worden, das Material mit dem Blut von Sklaven gekauft worden, und bei dem heutigen Herrscherhaus in Benin City handele es sich um die direkten Nachfolger von Sklavenhändlern, die aufgrund ihrer eigenen Geschichte kein Recht an den Kunstwerken hätten." Zum einen gebe es längst eine Aufarbeitung der Geschichte in Nigeria, zum anderen treffe die Anklage die Falschen, meint sie: "Dass sich heutige (kulturelle) Königtümer in vorkolonialer Tradition sehen und damit auch in einer Tradition mit Sklavengesellschaften, hängt zentral mit der Geschichte des Kolonialismus zusammen, der neben der Entmachtung einheimischer Herrscherhäuser auch die Geschichtslosigkeit afrikanischer Gesellschaften propagierte. Zugleich ist es royaler Geschichte eigen, nicht mit der eigenen Tradition zu brechen - oder hat sich das englische Königshaus von seiner imperialistischen Vergangenheit losgesagt?"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.12.2023 - Kulturpolitik

Nachdem der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans-Jürgen Papier in einer aufsehenerregenden Intervention gefordert hatte, der "Beratenden Kommission NS-Raubgut" sehr viel mehr Befugnisse zu geben (Unsere Resümees), kommt ein neues Restitutions-Gesetz weiterhin nicht zustande, schreibt Jörg Häntzschel in der SZ. Es scheitere dabei besonders am Bundesland Bayern, das ein Picasso-Gemälde nicht zur Untersuchung durch die Kommission freigeben lassen wolle und eine eigene Agenda verfolge: So schiebe Kulturstaatsministerin Claudia Roth die Schuld nicht zu Unrecht auf die Bundesländer, "doch das ist nur die halbe Wahrheit. Hätte Roth die Unterstützung ihrer FDP-Kollegen aus dem Finanz- und Justizministerium, könnte die Bundesregierung problemlos ein Gesetz verabschieden, mit dem Deutschlands unwürdiges Agieren ein für alle Mal vorbei wäre. Ja, es würde dann auch private Sammler betreffen, die vom Staat entschädigt werden müssten. Allerdings handelt es sich bei den wenigsten Raubkunstbildern um millionenschwere Meisterwerke wie 'Madame Soler'. Die meisten sind ein paar Tausend Euro wert, nicht mehr."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 01.12.2023 - Kulturpolitik

Nach den agressiven propalästinensischen Protesten an der UdK, bei der auch antisemitische Symbolik verwendet wurde, machen sich viele Sorgen um die Debattenkultur an der Universität: Peter Richter hat für die SZ mit Studierenden gesprochen. Sie beklagen, gibt Richter wieder, eine "Verrohung" des Tons und mangelnde Analysefähigkeiten bei ihren Kommillitonen: "Ein Student, der anonym bleiben möchte, beklagt eine hausgemachte Neigung zum Unterkomplexen, Parolenhaften und blind Nachgebeteten. Er erlebe bei seinen Kommilitonen, 'dass die analytischen Fähigkeiten gar nicht da sind. Die werden direkt diesem Diskurs ausgesetzt, ohne überhaupt die Werkzeuge zu haben, um zu erkennen, was ein richtiges Argument ist'."

Auf Artechock fasst Rüdiger Suchsland die Ereignisse an der UdK ziemlich entsetzt zusammen und endet mit einem Aufruf: "Wir haben alle viel zu viel Angst, wir sind auch zu bequem und manchmal müde; wir ziehen uns zurück. Wir sollten aber lauter werden und wacher und engagierter. Wir sollten den Extremisten der Rechten und Linken, die so tun, als hätten sie die Mehrheit, nicht die Öffentlichkeit überlassen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 30.11.2023 - Kulturpolitik

Sowohl das Konzept als auch der architektonische Entwurf für das Berliner Exilmuseum stehen, eine Stiftung, Fürsprecher und eine Anschubfinanzierung gibt es, aber der Staat möchte sich finanziell an dem Projekt nicht beteiligen, schreibt Thomas E. Schmidt, der in der Zeit die Gründe dafür analysiert: "Es kollidiert mit einem der größten Vorhaben der Bundesbeauftragten für die Kultur in dieser Legislatur. Und dieses Vorhaben wird genau um die Mehrperspektivität des Erinnerns kreisen und sie anders zu fokussieren versuchen. SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP brachten im Oktober in den Bundestag einen Entschließungsantrag zur Realisierung eines Dokumentationszentrums 'Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft in Europa' ein. Unter Federführung des Deutschen Historischen Museums soll das Zentrum zeigen, wie sich der Krieg auf die Zivilbevölkerungen der eroberten Nationen ausgewirkt hat, und zwar aus deren Sicht. Davon wissen wir tatsächlich wenig. Seit vielen Jahren äußern zumal osteuropäische Staaten den Wunsch, in der deutschen Erinnerungskultur mit ihren - polnischen oder baltischen - Versionen von Besatzung und Vernichtung präsent zu sein. Das wird nun nachgeholt, und es wird 120 Millionen Euro im Kulturetat des Bundes binden."

Außerdem: Hartmut Welscher analysiert im Van-Magazin, welche fatalen Auswirkungen die Haushaltssperre auf die Kulturbranche hat.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 29.11.2023 - Kulturpolitik

Die Ausschreitungen an der Universität der Künste in Berlin schockierten in ihrer Agressivität sowohl den Präsidenten als auch andere Studierende und Mitarbeiter (unser Resümee). Annabel Wahba und Carlotta Wald sprechen auf Zeit Online mit vier Personen, die die Aktion erlebten. Tania Elstermeyer, UdK-Absolventin und Performancekünstlerin, die ihre jüdische Kommilitonin an diesem Tag zur Uni begleitete, ist fassungslos: "Wir trafen eine andere jüdische Studentin, die vor Angst zitterte. Meine Freundin und sie sahen dort ihre Kommilitoninnen, viele mit schwarzen Masken vor dem Gesicht und mit blutrot bemalten Händen...Wir hatten sofort ein Bild im Kopf, als wir die roten Hände sahen: Sie sind ein Symbol der zweiten Intifada, ein Symbol für einen Lynchmord an zwei israelischen Reservisten in Ramallah im Jahr 2000. Die beiden hatten sich mit dem Auto verfahren, waren von palästinensischen Polizisten festgenommen worden und nach Ramallah gebracht worden. Dort verbreitete sich wie ein Lauffeuer, die beiden seien israelische Spione. Eine aufgebrachte Menge, bewaffnet mit Messern und Eisenstangen, stürmte die Polizeistation und brachte die Israelis um. Schließlich hielt ein Mann seine blutrot verschmierten Hände aus dem Fenster und wurde von der draußen stehenden Menge bejubelt. Das Bild der blutroten Hände ist für Israelis eine Drohung: Nehmt euch in Acht. Ich bin davon überzeugt, dass das den Organisatorinnen und Organisatoren des Protests bewusst war."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 28.11.2023 - Kulturpolitik

Bereits vor einigen Tagen berichtete die Berliner Zeitung über eine im Internet kursierende Liste, die die "Haltung von Kulturinstitutionen und -kollektiven gegenüber der aktuellen palästinensischen Befreiungsbewegung" überwachen will. (Unser Resümee) Institutionen, die sich israelfreundlich verhalten, werden dort an den Pranger gestellt. Im Tagesspiegel berichtet Sebastian Leber: "Dass sich viele Berliner Institutionen darauf finden, dürfte kein Zufall sein. Einer der Initiatoren lebt seit drei Jahren in der Stadt. Es handelt sich um den ägyptischen Künstler Omar Adel. Er selbst beschreibt sich als Kreativdirektor, Grafikdesigner, Webdesigner, Medienmanager, Forscher und Wissensbegeisterter. Zuletzt hatte er eine kurze Residenz im Berliner Brücke-Museum inne. Die Anfrage des Tagesspiegels, weshalb er sich zur Erstellung dieses Datensatzes entschlossen hat und was mit der Drohung 'zur Rechenschaft ziehen' gemeint ist, beantwortet Omar Adel nicht. Stattdessen hat er seine Werbung für die Liste von seinem persönlichen Instagram-Profil entfernt. (…) Ob und wie viele andere Aktivisten außer ihm hinter dem Projekt stecken, ist unbekannt. In der Selbstdarstellung des Projekts heißt es, der Datensatz gehe auf ein 'weltweites Kollektiv' zurück."

Er habe beim Schauen immer wieder Pausen machen müssen, so sehr habe er sich geschämt, schreibt Claudius Seidl, der in der FAZ auf einem Video sah, was bereits vor zwei Wochen an der Berliner UdK vorging: Achtzig bis hundert Studenten hatten sich in der Eingangshalle versammelt, schwarz maskiert, die Hände blutrot bemalt, und Norbert Palz, Präsident der UdK, der sich in einer offiziellen Stellungnahme solidarisch mit Israel erklärt hatte, angeschrien: "Condemn colonialism! It is all German propaganda!". Palz sagt, "er habe in einen Abgrund geschaut - einen Abgrund, dessen Existenz er seit Langem geahnt habe. Viele Studenten lehnten das ganze System als rassistisch und kolonialistisch ab, ohne über Instrumente der Analyse zu verfügen oder eine Vorstellung davon zu haben, was sie an dessen Stelle setzen wollten. Hauptsache, es gehe kaputt; bis dahin könne man aber noch ein Stipendium beantragen. Allen jüdischen Studenten hat er, falls sie Beistand brauchen, seine Mobilnummer gegeben - und am Schluss eines langen Gesprächs, in dem spürbar wird, dass er seine Zuversicht, seinen Glauben ans Wissen, an Argumente und an eine Kunst, die Widersprüche und nicht Gewissheiten artikuliert, nicht verloren hat, am Schluss sagt er, dass die Eskalation ja auch etwas Gutes habe. Die Konflikte seien endlich deutlich sichtbar geworden."

Die in Berlin lebende britische Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo soll den diesjährigen Peter-Weiss-Preis der Stadt Bochum erhalten. Dabei hatte sie den Brief Artists for Palestine UK, den britischen Ableger des BDS unterschrieben, meldet Stefan Laurin bei den Ruhrbaronen: Es brauchte "keine zwei Minuten, um ausfindig zu machen, dass sie sich BDS 'verpflichtet' hat und den jüdischen Staat boykottiert. Keine Zeit für diese zwei Minuten? Die Frage geht an die 8köpfige Jury des Peter-Weiss-Preises: Maryam Aras, Fatma Aydemir, Sieglinde Geisel, Meheddiz Gürle (als kurzfristiger Ersatz für Prof. Dr. Ralph Köhnen) sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen im Rat der Stadt Bochum Sonja Gräf (SPD), Daniel Gorin (Die Grünen), Barbara Jeßel (Die Grünen) und Monika Pieper (CDU). Vorsitz: Kulturdezernent Dietmar Dieckmann. Ebenfalls 2019 hat der Rat der Stadt Bochum einen fraktionsübergreifenden Beschluss gefasst, Titel: 'Nein zu Antismitimus'.Darin sichert der Rat den jüdischen Bürgern Bochum zu, 'dass sie sich in Bochum jederzeit sicher und willkommen fühlen' und 'verurteilt jegliche Form von antisemitischem und antiisraelischem Denken und Handeln, insbesondere auch das Wirken der Boycott-, Divestment- und Sanctions-Bewegung'. "

9punkt - Die Debattenrundschau vom 22.11.2023 - Kulturpolitik

Im Tagesspiegel rauft sich auch Peter von Becker angesichts der Schließung von neun Goethe-Instituten die Haare - vor allem mit Blick auf Neapel: "Das Institut dort residiert (räumlich bescheiden und bereits seiner Bibliothek beraubt) in einer Etage im Palazzo Sessa. Es ist das einzige Institut in einem Haus, das Goethe selbst besucht hat, wo auch Mozart eingekehrt ist und die Jüdische Gemeinde Neapels ihren Sitz und eine enge Verbindung mit dem Institut hat. Jetzt sind in dieser Metropole des italienischen Südens die zehn Mitarbeiterinnen des Instituts gekündigt, nur die Leiterin Maria Carmen Morese nicht. Die promovierte Germanistin, Autorin und Enkelin eines Widerstandskämpfers wird allein gelassen: ohne Programmetat, ohne gesicherte Liegenschaft."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 18.11.2023 - Kulturpolitik

In der FAS beleuchtet Novina Göhlsdorf die Hintergründe um die Absage der von der in Südafrika geborenen Künstlerin Candice Breitz und dem amerikanischen Holocaust-Forscher Michael Rothberg gemeinsam mit der Bundeszentrale für Politische Bildung organisierten Konferenz "We Still Need to Talk" (Unser Resümee). Die schriftliche Absage der BPB scheint Göhlsdorf verquast, von einem Canceln jüdischer Stimmen, wie Breitz behauptet, könne aber keineswegs die Rede sein. Auch der israelische Soziologe Natan Sznaider, der als Sprecher auf der Tagung vorgesehen war, begrüßte die Absage, schreibt sie: "Er wäre in der jetzigen Situation ohnehin nicht gekommen, hält die Entscheidung jedoch schon allein aus Gründen der Pietät für sinnvoll. … Ihm sei klar gewesen, dass die von der Tagung provozierten Debatten über Erinnerungskultur gerade in einem vom Postkolonialismus geprägten Milieu, in dem Israel oft als Projekt weißer Kolonialisten gilt, heftig werden können. Doch vor dem 7. Oktober hätte man vielleicht intellektuell mit den Begriffen spielen können: 'Ist das 'kolonialistisch', 'zionistisch', 'antisemitisch'?' Sznaider aber glaubt, wir seien seitdem 'von der Theorie in die Praxis' geraten. 'Seitdem ist das kein Spiel mehr. Seitdem geht es um unsere Existenz hier.' Und er könne mit Leuten, die das Massaker der Hamas nicht als Zivilisationsbruch anerkennen und es gar als antikolonialistischen Widerstand verstehen, nicht im selben Raum sitzen."

Der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich schreibt in seinem Buch "Die Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie", wie sich Kunst "in ihrer postmodernen Hybris immer mehr ins Außerkünstlerische verlagert", erinnert Jonathan Guggenberger in der taz: "In der Werteskala aktivistischer Kunst und Kultur steht derjenige hoch im Kurs, der am radikalsten behauptet, sein politisches Engagement sei mehr als Performanz und Rhetorik." Dafür scheine inzwischen jedes Mittel recht: "Verschwörungserzählungen scheinen ein probates Mittel zu sein, um Radikalität und Zeitgenossenschaft zu behaupten. Warum dabei das aktivistische Objekt der Begierde nur die Palästinenser und nicht auch Jesiden, Kurden oder Kongolesen sind oder warum nicht Sinti und Roma vom rassistischen Klammergriff deutscher Schuld befreit werden müssen, bleibt eine offene Frage. Wem die Performativität seines Aktivismus und seiner aktivistischen Kunst wichtiger ist als die Sicherheit von Jüdinnen und Juden, der muss zwar kein Antisemit sein, aber das Signal dieses Opportunismus ist so klar wie brutal."

Einfach "verheerend" nennt Nils Minkmar in der SZ die Entscheidung des Bundestags, neun Goethe-Institute zu schließen: "Europa, einer der reichsten und wichtigsten Märkte der Welt, ist politisch uneins, gelähmt und ratlos. Vor einer intensiveren außenpolitischen, wirtschaftlichen und militärischen Kooperation müssen dafür die gesellschaftlichen Grundlagen verstärkt werden. Der Weg führt über Spracherwerb, Jugendbegegnungen und den kulturellen Austausch. Es war dies schon 1957 in Lille und 1972 in Bordeaux kein Ausdruck politischer Tagträumereien, als diese Institute gegründet wurden, man zog vielmehr die Lehre aus den Erfahrungen von Hass, Nationalismus und Militarismus."