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Suchwort: "Nach"
Stichwort: Nachkriegszeit - 50 Artikel - Seite 1 von 4
Bücherbrief 05.09.2016 […] Köln 2016, 224 Seiten, 19 Euro.
Neun Jahre nach "Böse Schafe" ist mit "Drehtür" ein neuer Roman von Katja Lange-Müller da, und SZ-Kritikerin Kristina Maidt-Zinke ist sofort gebannt vom vertrauten Ton der Autorin, der Bodenständigkeit mit Sarkasmus, Traurigkeit und starken Bildern vebindet. Dass die Geschichte um eine pensionierte Krankenschwester, die nach zwanzig Jahren in Nicaragua in die Heimat […] den ostdeutschen Lebenslauf oder ihre Arbeit als Hilfsschwester in einer Psychiatrie, den erzählerischen Rahmen findet er allerdings etwas "wacklig". Zeit-Kritikerin Ursula März entdeckt hier frei nach Lange-Müllers Poetologie, sich durch verknapptes Erzählen auf das Wesentliche zu konzentrieren, "ein Brühwürfelchen der feinen Art".
Meena Kandasamy
Reis & Asche
Roman
Wunderhorn Verlag, Heidelberg […]
Im Kino 24.09.2014 […] einem solchen nachinszenierten Blick auf die Wunden der Geschichte enthalten wäre. Was der Film im Folgenden macht: Er sucht, angesichts der Unmöglichkeit dieses Gegenschusses, nach anderen, komplexeren filmischen Vermittlungen, nach anderen Scharnieren, die das (Bundes-)Deutschland der Nachkriegszeit mit seiner unmittelbaren Vorgeschichte in Beziehung setzen. Nellys Gesicht wird erst einige Szenen später […] auch Petzolds Werk. Dem faschistischen Terror und dem Genozid nähert es sich strikt von der Gegenwart her an. Petzolds Kino ist ein Kino nicht über, sondern nach den Lagern; beziehungsweise: ein Kino über die Bedingungen der Möglichkeit von Kino nach den Lagern.
Lukas Foerster
Phoenix - Deutschland 2014 - Regie: Christian Petzold - Darsteller: Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Nina Kunzendorf, Michael Maertens […]
Zwischen dem Berlin, in das die Jüdin Nelly (Nina Hoss) kurz nach dem zweiten Weltkrieg zurückkehrt, und ihrem Gesicht befindet sich eine Stoffschicht; ein weißer Verband, der den gesamten Kopf umhüllt. Als ein Soldat den Wagen stoppt, in dem sie gemeinsam mit ihrer Freundin Nele unterwegs ist, und die Ausschwitzüberlebende dazu nötigt, ihr Gesicht frei zu legen, weicht er sofort zurück angesichts […] Von
Rajko Burchardt, Lukas Foerster
Im Kino 19.08.2014 […] Eintauchend in die Welt der Propaganda - und ohne ihr als Korrektiv historische Tatsachen entgegenzustellen (mit einer, die Verwicklung der USA betreffenden Ausnahme) - fragt Yoo weniger nach der Wirklichkeit des Landes als nach dem nordkoreanischen Gefühl: Welche Affekte halten diese letzte Trutzburg des kalten Kriegs zusammen? Zwischen das vorgefundene Material montiert Yoo illegitime Wackelbilder von ihrem […] Verlegenheit, nach Antworten suchen zu müssen. Manchmal, wenn das Bildmaterial selbst beredt genug ist, geht das Konzept auf. Im Ganzen aber bleibt "Songs From the North" hinter seinen oft bestechenden Bestandteilen zurück.
Joel Potrykus" "Buzzard" ist ein ganz anderes Tier. Der abschließende Teil dessen, was der amerikanische Regisseur aus Michigan seine animal trilogy nennt (nach "Coyote" und "Ape") […] unsubtilen Schriftstellersprech über "the innate ineffability of human disappointment" schwadroniert, braucht Ashley wenig Worte, um alles zu sagen (vorgeblich über die schlecht gelaunte Katze, die sie sich nach der Trennung von Philip angeschafft hat): "He"s kind of an asshole, actually."
Mit unerwarteter Heftigkeit ist Park Jungbums "Alive" in den Wettbewerb eingeschlagen. Ein undurchsichtiger, körperlich […] Von
Nikolaus Perneczky
Vorgeblättert 24.03.2014 […] wohnten zum Beispiel in den Vorstädten überall Charnegos. Das Wort hört man heute nicht mehr so oft, damals benutzte man es für die Migranten, die aus dem übrigen Spanien nach Katalonien kamen, fast immer Habenichtse, die auf der Suche nach einem Lebensunterhalt waren … Aber das wissen Sie ja selbst. Trotzdem wissen Sie vielleicht nicht, dass die Stadt, wie gesagt, Ende der siebziger Jahre von lauter Ch […] komische Zeit. Heute kommt es mir wenigstens so vor. Franco war schon seit drei Jahren tot, aber die franquistischen Gesetze galten immer noch, und im ganzen Land roch es auch noch so wie unter Franco: nach Kacke. Ich war damals sechzehn, genau wie Zarco. Wir haben ganz nah und ganz weit voneinander gewohnt."
"Wie meinen Sie das?"
"Kennen Sie die Stadt?"
"Nur ein bisschen."
"Ist vielleicht […] meines Vaters. Wir waren uns ein paarmal begegnet, daher kannten wir uns. Deshalb und weil unsere Nachnamen aufeinanderfolgten, wurden wir nebeneinandergesetzt - Cañas kam in der Klassenliste gleich nach Batista -, und so wurde ich sein erster Freund in der Klasse. Durch mich freundete er sich mit Matías an, und durch Matías und mich mit meinen anderen Freunden. Außerdem wurde er zum Anführer unserer […]
Vorgeblättert 17.02.2014 […] feiert. Er reist quer durch Europa, nach Frankreich, Belgien, Holland und Griechenland, macht keine Pläne, spart nichts - ein Leben im Jetzt.
Doch in seinen Träumen türmen sich die Bilder der Vergangenheit bedrohlich auf. Beim ersten Fliegerangriff der Deutschen auf das südostpolnische Zamosc verliert er mit fünfzehn Jahren seine Familie und wird als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt. Sechs Jahre […] Erträglichen erfahren. Edward überlebt und bleibt auch nach 1945 in Deutschland, lernt im zerstörten Düsseldorf die lebenshungrige Marianne kennen. Mit ihr presst er der Nachkriegszeit alle Chancen ab, wird zwischen Verheißung, Chaos und Neuordnung zum erfolgreichen Hehler und Dieb.
Zur Autorin: Sabine Kray wurde 1984 in Göttingen geboren. Nach dem Studium der Amerikanistik stand sie vor der Entscheidung […] Entscheidung, entweder eine Promotion zu verfolgen oder endlich die Wahrheit über ihren Großvater zu erfahren. Nach Monaten, zwischen den Besuchen auf Ämtern, in Archiven und den Gesprächen mit Zeitzeugen, darunter Günter Netzer, entstand die Geschichte eines außergewöhnlichen Menschen und zugleich ein Bericht über das dramatische Schicksal eines Zwangsarbeiters im Zweiten Weltkrieg. Sabine Kray lebt in […]
Im Kino 23.10.2013 […] die aus dem blanken Leben in den Sonntagabendkrimi schießen: Einmal rennt ein Typ im Skelettkostüm johlend durch die Straßen, ständig stellen die Leute ihren Kaffee in den Kühlschrank (oder schauen nach, ob einer dort drinsteht), bei einem Verhör fallen einer Frau die drallen Brüste aus dem Morgenmantel. Die sozialdemokratische Behäbigkeit, die man dem "Tatort" gerne vorwirft, hat Graf seinem Film […] größeren und kleineren Weltreligionen ziemlicher Humbug sind.
Das ist der eine, zentrale Ausgangspunkt von Sherad Anthony Sanchez' "Jungle Love": diesseitiges Begehren, Körper im Dschungel, auf der Suche nach anderen Körpern. Allerdings: ein Begehren anerkennen ist das eine, es erfüllen das andere. Es ist gar nicht so klar, ob auch nur irgendjemand in Jungle Love sucht, was er findet. Und in mindestens einer […] Von
Lukas Foerster, Thomas Groh
Bücherbrief 07.06.2012 […] Nina Bußmanns Debütroman "Große Ferien", einen Tag, der nicht mit Unterrichten, sondern mit Unkraut jäten zugebracht wird. Denn Schramm ist suspendiert, und bei der Gartenarbeit sinnt er den Umständen nach, die zu seiner Freistellung führten. Die Rezensenten zeigen sich beeindruckt von Bußmanns Fähigkeit, sich in die selbstquälerischen Gedankengänge eines zurückgezogenen Sonderlings hineinzuversetzen […] Frau, erklärt Marie-Sophie Adeoso in der FR. In der SZ hat Tim Neshitov vor allem beeindruckt, wie Adichie in einer deprimierenden Gegenwart (die Folgen des Biafrakrieges sind noch nicht ausgestanden) nach dem Menschlichen sucht, das sie in verschiedenen Kulturen findet. Das Ergebnis sind "wunderschöne und außerordentlich gelassene" Erzählungen, gleichzeitig genuin afrikanisch und universell verständlich […] Erdbeer gratuliert in der taz auch den Übersetzern und dem Verlag für das schwierige Kunststück, das dieses Buch darstellt.
Janne Teller
Komm
Roman
Carl Hanser Verlag 2012, 160 Seiten, 16,90 Euro
Nach zwei Aufsehen erregenden Jugendromanen legt die schwedische Schriftstellerin Janne Teller, ehemalige UN-Botschafterin und Konfliktberaterin der EU, ein Buch für Erwachsene vor. Einen spannenden Roman […]
Essay 09.04.2012 […] des sozialen Abstiegs. Zählen, den Gürtel enger schnallen, verzichten - man ist wieder klamm, zurück in einer Zeit des Mangels, der Improvisation, ja der Unterernährung, die man nach dem Zweiten Weltkrieg vergangen wähnte. Nach der Verschwendungssucht der gloriosen Nachkriegszeit erinnern wir uns der von unseren Eltern und Großeltern gepredigten Werte: Sparen, Vorsicht, Wissen um Knappheit, das in ne […] werden eine brüchige und begrenzte Brüderlichkeit erleben, die niemals die anonyme Liberalität des Wohlfahrstaat ersetzen kann.
Zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall ist der Klassenkampf in unseren Demokratien erbitterter denn je - ein Klassenkampf, der nach den Worten des Milliardärs Warren Buffett von den Reichen ausgerufen und gewonnen wurde.
Kritik ist nicht Zerstörung
Dennoch werden wir die viel […] Vielfalt der Rückzugsparolen: Mit dem Argument des Schutzes pflegt man den Traum, aus der Geschichte auszusteigen, die Begrenzung aufs Lokale soll ein Aktionsfeld nach menschlichem Maß wiederherstellen. Als bräuchten wir einen Radius nach unserem Maß, der den Raum des Privatlebens kaum überschreitet. Der Klaustrophobie von gestern, die den Einzelnen im Gefängnis der Ehe, der Familie oder des Dorfs ersticken […]