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Suchwort: "Beckett"
Rubrik: Vorgeblättert - 15 Artikel - Seite 1 von 2
Vorgeblättert 09.01.2014 […] Dachfirst entlang.
GEFÄHRLICHER ÜBERGANG
Ein großer Schriftsteller »ist ein Zerstörer, der die Existenz steigert, sie bereichert, indem er sie unterminiert«, schreibt E.M. Cioran in Bezug auf Samuel Beckett. Dieser Zerstörer der Sprache, liegt krank auf dem Bett, in dem er ein paar Tage später sterben wird, und greift nach dem Federhalter, um das Weiß des Blatts zu durchbohren:
comment dire -
comment […] Sprache, schreibt er nun auf Englisch:
what is the word -
what is the word
Becket, meint Steiner, »ist ein Entwurzelter, der sich an unterschiedlichen Orten wie zu Hause fühlt.« Die Sprache, die Beckett, ein Selbstübersetzer, bewohnt, ist ein Zwischenraum zwischen dem einen und dem anderen Ort, einem Außen und einem Innen: der Rahmen einer Tür.
»Comment dire?« Vielleicht hat auch Gherasim Luca so […]
Vorgeblättert 12.03.2009 […] literarische Lager; zu dem einen, das er für unbedeutend hielt, gehörten z. B. Brecht, Sartre oder Saint-John Perse, zu dem anderen, dem allein guten, rechnete er Kritiker oder schöpferische Autoren wie Beckett, Blanchot, Bataille oder Char. Foucault besaß eine ausgeprägte literarische Sensibilität. Ich weiß noch, wie er eines Morgen wie ein kleiner Springteufel aus seinem Büro auftauchte, mit weit aufgerissenen […]
Vorgeblättert 27.02.2006 […] war, und nicht das Entfernte, das in dieser Nähe sich zeigte; und das Entfernte verschwindet, sobald die Anwesenheit endet", schreibt Maurice Blanchot in Die Freundschaft. Aber die Nähe, die Samuel Beckett jemandem schenkte, der in allem, außer in der Zuneigung, verschieden und unterlegen war, schuf Entferntes von solcher Art, dass es nicht mehr von seiner Anwesenheit abhing, dass es mich ganz erfüllte […] wenn sie unwahrscheinlich und ohne Geschichte ist. Sie ist erfüllt von einem schwachen Leuchten aus unbekannter Quelle, das so entfernt ist wie damals, als es von den Freunden selbst ausging.
Beckett war so offensichtlich schön, dass es schwer war, ihn wirklich zu sehen. Seine Schönheit verbarg ihn, der sich doch nicht schützte. Sie führte ihn vor als eine im mathematischen Sinn diskrete Folge […]
Vorgeblättert 27.02.2006 […] Frau. Zu ihnen hatten sich Beckett und Suzanne nach der Gestapo-Durchsuchung zuerst geflüchtet(5). Beckett sollte seine letzten Tage ganz in der Nähe dieses Ortes verbringen.
Wir sprachen gern von Grenzgängen. Dem kamen Erzählungen von Kriegsereignissen entgegen, und auch von Reisen zwischen Frankreich, Irland, Deutschland, England. Dass ich viel Deutsch las, ließ Beckett nicht gleichgültig; er tat […] Ich begegnete Beckett auf der Straße, am Eingang meines damaligen Domizils. Zwischen uns hatte es einige Jahre zuvor einen Briefwechsel gegeben. Ich hatte ihm als ganz junger Mann aus der Provinz geschrieben. Er hatte geantwortet - ich glaube, dass er fast immer antwortete. Sein erster Brief besteht aus einem einzigen Wort, meiner hatte um nichts weiter gebeten. Er hatte mich beim Wort genommen. Das […] stellten uns nebeneinander vor einen Fußgängerübergang. Ich bat ihn, mir seinen Namen zu bestätigen, und stellte mich vor. Sein irischer Akzent fiel mir auf. Wir durchschritten zusammen eine Straße. Beckett ging am Rand des Bürgersteigs, sehr langsam, und ich, in der Gosse, passte mich seinem Tempo an. Mir war das Komische an dieser Situation sehr bewusst, aber auch Becketts Verlegenheit. Daher verabschiedete […]
Vorgeblättert 27.02.2006 […] Hände der alten Dame, die auf der Treppe von Film Blumen trägt. Niemand hat besser als Beckett gezeigt, wie man die Hände vors Gesicht schlägt, niemand hat besser als er aus dieser demütigen Geste gleichsam das letzte mögliche Zeichen gemacht. In dieser Hinsicht sind die Schlussbilder von Film exemplarisch, und Beckett hatte Buster Keatons schöne Hände nicht vergessen; dies war übrigens seine einzige gute […] Nägel. Die phantastisch zusammengekrallten Finger kämpften gegen das Ersticken. Wie der Protagonist von Katastrophe litt Beckett an Dupuytren-Kontrakturen. Soweit ich verstanden habe, zwingt eine Art Atrophie die Finger, sich permanent zu verkrampfen: "Sie sehen wie Krallen aus." Beckett fasste einen chirurgischen Eingriff - ein sehr passender Begriff - ins Auge ("Sie sehen heute morgen chirurgisch aus" […] .
Auch Beckett sah aus dem Fenster, und da gibt es eine schöne Geschichte, die mir Elmar Tophoven, sein deutscher Übersetzer, erzählt hat; vielleicht ist sie schon bekannt, gleichwohl, ich wiederhole sie hier zum Andenken an unseren gemeinsamen Freund, einen außergewöhnlichen Mann, dessen Krankheit und vorzeitiger Tod am 23. April 1989 das letzte Jahr überschatteten, das Beckett noch zu leben […]
Vorgeblättert 27.02.2006 […] Berenberg Verlag)
Zum Fotografen: John Minihan, geboren 1946 in Dublin, hat einen großen Teil seines Werks den fotografischen Porträts von Burroughs, Bacon und vor allem Beckett gewidmet. 1995 erschien im Suhrkamp Verlag ein Band mit Beckett-Fotografien.
Zum Übersetzer: Ulrich Krafft, geboren 1942 im Elsaß, lehrt Französisch und Linguistik an der Universität Bielefeld.
Zur Leseprobe […] Mit Fotografien von John Minihan
Berenberg Verlag, Berlin 2006
112 Seiten, gebunden, Euro 19,00
Erscheint am 1. März 2006
Zur Leseprobe
Informationen zum Berenberg Verlag
Klappentext:
Samuel Beckett, dessen hundertster Geburtstag 2006 gefeiert wird, war nicht nur der bekannte große Schweiger und einer der tiefsten Deuter menschlicher Verlorenheit, sondern auch ein überaus zugänglicher Mensch und […]