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Rubrik: Vorgeblättert - 707 Artikel - Seite 1 von 55
Vorgeblättert 08.08.2023 […] überlegenen Größe und Kraft nie verschwunden.
Wenn die Kühe im Frühjahr endlich auf die Weide gelassen wurden, war das wirklich wie eine Explosion. Ich vermute, dass es immer am Wochenende geschah, also wenn wir Kinder schulfrei hatten. Wir wurden mit kräftigen Stöcken ausgestattet und dort an den Weg gestellt, wo die Kühe nach rechts oder links ausbrechen könnten. Der erste Lauf der frisch von ihren […] Grasen, Saufen und Wiederkäuen.
Nach ein paar Stunden wurden die Tiere wieder hereingeholt, damit sie sich nicht überfraßen und an der gefährlichen Pansenübersäuerung oder Weidetetanie erkrankten. Also trieb man sie nach Hause und warf ihnen Stroh vor, damit sie sich mit genügend Raufutter kauend aus der Gefahr der Aufblähung herausbegeben konnten.
In diesen ersten Tagen fanden wir häufig abgestoßene […] Wahrnehmungen, in Gedanken, in Träume. Neben mir trottete der dreibeinige Hund Nicky, den es immer reizte, wenn eine Kuh stehen blieb. Er wusste, er sollte sie nicht beißen, aber er hatte große Lust dazu. Also tat er es manchmal, wurde von mir beschimpft, legte die Ohren an und wedelte verlegen mit dem Schwanz. Dann blieb er ein wenig hinter mir zurück, arbeitete sich wieder vor und probierte es bald noch […]
Vorgeblättert 19.07.2023 […] Kopf hebt, sehe ich, dass es Häme ist. Abzeichen auf seinen Schultern. Ich kenne mich mit militärischen Rängen nicht aus, aber er scheint in seiner Laufbahn viele Auszeichnungen gesammelt zu haben, also nenne ich ihn einen General. Der General greift meinen Pass, ohne mich anzusehen oder mit mir zu sprechen. Er starrt in den Laptop, das blaue Licht mischt sich auf seinem Gesicht mit dem Weiß der Leuchten […] mit einem Ruck um und verlässt das Lager. Der General und ich sind allein. Wir lauschen den knirschenden Schritten auf dem Kies. Dann winkt er mich zu sich heran. Ich stehe schon vor dem Schreibtisch, also kann er nur meinen, dass ich mich zu ihm vorbeugen soll. Sein Gesicht ist nah vor meinem.
»Hören Sie. Wenn Sie nicht unbedingt müssen, fahren Sie nicht dorthin. Kehren Sie um. Es ist gefährlich« […] Pflasterstein, der längst von ihr bedeckt sein müsste, doch er ist es nicht. Die Asche scheint auf dem Boden zu schmelzen wie Schnee.
Die Touristen gehen in die ehemalige Karawanserei, Hasan Paşa Hanı, also folge ich ihnen. Auf zwei Etagen erstreckt sich die Serei, sie ist ein offenes Forum, über das weiße, zerschlissene Planen gespannt wurden. Drinnen ist es kühler, die Steinwände halten die Hitze ab […]
Vorgeblättert 14.02.2023 […] keinen Standpunkt. Er hat unbefangen Zeuge zu sein und unbefangene Zeugenschaft zu liefern, so verläßlich, wie sich eine Aussage geben läßt.
Das ist der Kisch-Mythos in zwei Sätzen: Der Reporter – also Kisch – ist letztlich so etwas wie eine unbestechliche, objektive Kamera. Unberührt von Vorurteilen, Emotionen oder Interessen streift sie durch die großen Städte, macht Nahaufnahmen, zoomt heraus und […] »Studentenwerk« sei nichts anderes als die »Geheimzelle der faschistischen Bewegung«. Der »Auslandsdienst« der Faschisten sollte sich angeblich im Berliner Büro des »Studentenwerks« befinden. Kein Wunder also, dass tatsächlich »bedürftige Studenten« vom »Studentenwerk« keine Stipendien erhalten würden !
Es braucht nicht viel von dem, was Kisch »logische Phantasie« zu nennen pflegte, um sich auszumalen […] muß sehr robuste Nerven haben, um diese Moskauer Späße nett zu finden.
Tatsächlich wurden die Angeklagten monatelang darüber im Unklaren gelassen, ob die Todesurteile vollstreckt würden. Sie mussten also tagtäglich und allnächtlich damit rechnen, dass sich die Zellentüre öffnete und sie zur Hinrichtung geführt wurden. Falls Kisch die drei Studenten tatsächlich für »Faschisten« gehalten haben sollte […]
Vorgeblättert 11.10.2022 […] aufgetürmt, in der eine Prinzessinnenkrone steckte. Sie hatte großen Augen mit einem Lidstrich wie Kleopatra, und hohe Wangenknochen, aber keinen aufgeworfenen Schmollmund wie auf dem Foto. Das war also nur ein Trick des Fotostudios gewesen! Aus den riesigen Lautsprechern, von denen auf jeder Seite des Platzes einer stand, dröhnte jetzt Tanzmusik. Ich musste meine Braut an der Hand fassen und meine […] meine Finger mit den ihren verschränken, um mit ihr zu tanzen. Davon war ich begeistert, denn sie trug Spitzenhandschuhe, und ich hatte noch nie ausprobiert, wie Spitze sich anfühlt!
Ich nahm sie also fest bei der Hand und zog sie zur Tanzfläche. Die Spitze blieb an meinen Fingern kleben wie Eisenspäne an einem Magneten. Wir begannen zu tanzen und drehten uns immer wieder umeinander, bis meine Finger […]
Vorgeblättert 13.04.2022 […] der Welt, wie er von Zeitgenossen genannt wurde, sowie jüdische, arabische, christliche Intellektuelle und katholische Würdenträger – verwickelt in ein nie erschöpftes Gespräch über Gott und die Welt, also über die Liebe, das Sterben, über Träume, über Antisemitismus, Religion, Alchemie und Astrologie (die »Wissenschaft der Zeit«, wie Ernst Kantorowicz sie nannte), über Macht und Ohnmacht ... Schauplatz […]
Vorgeblättert 13.03.2022 […] McCarthy-Kampagne, als viele Einwanderer sich wegduckten, um nicht aufzufallen, um nicht der »unamerikanischen Tätigkeit« bezichtigt und des Landes verwiesen zu werden – in der Zeit des Kalten Krieges also, als Billie Holiday mit ihrem Song in die Fänge des FBI geriet, adoptierte Meeropol die Kinder von Ethel und Julius Rosenberg, die als angebliche kommunistische Spione in diesen Hetzjagdzeiten hingerichtet […] aber mehrheitlich die Veröffentlichung des »Little Rock«-Aufsatzes ab, sowohl wegen der Verwendung des N-Wortes als auch wegen Arendts Politik-Begriff, der die soziale Dimension der Diskriminierung, also den institutionellen Rassismus, in ihrem Argumentationsgang bewusst vernachlässigte. Mich verwirrte zwar, dass eine, die selbst Diskriminierung und Verfolgung erfahren hatte und nur knapp der Todes […] lesen die Denker und Dichter vergangener Zeiten und fremder Kulturen nicht zuletzt, um die Enge unserer eigenen Zeit, ja: auch die Enge unserer eigenen Sprache, Metaphern, Begriffe zu transzendieren, also um mit ihnen, wie mit Zeitgenossen sprechend, ein Licht aus anderen Zeiten und anderen Sprachen, Sprachweisen, in unser dürftiges Heute hineinzutragen. Doch in Umbruchszeiten verändern sich die Perspektiven […]
Vorgeblättert 07.02.2022 […] sich eine Reihe der damaligen Denker mit einem neuen Problem: dem radikalen Zweifel – also der Überzeugung, dass es keinen rationalen Grund gibt, irgendetwas zu glauben. Der berühmteste unter ihnen war der französische Mathematiker, Naturwissenschaftler und Philosoph René Descartes. Sein Diktum "Ich denke, also bin ich", das er 1637 in seiner Schrift Abhandlung über die Methode formulierte – und das […] entstehende Leid die Existenz von jemandem voraus, der das Leid empfand, und einen Mechanismus, der das Leid auslöste. "Ich denke, also bin ich" wurde unter der axiomatischen Annahme eines neuen existenziellen Fundamentes neues Leben eingehaucht: "Ich erfahre Unterdrückung, also bin ich ... ebenso wie Dominanz und Unterdrückung sind."
Als sich der Postmodernismus auf dieser philosophischen Grundlage w […] Dekonstruktion – führten sich am Ende ad absurdum; es war dieser Denkströmung eingeschrieben, irgendwann langweilig zu werden. (1)
Nihilistische Verzweiflung konnte für die Theorie auf lange Sicht also keine Option sein. Es musste etwas geschehen, damit sie handlungsfähig wurde. Ihre moralisch und politisch aufgeladenen Kernideen führten sie schließlich zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem […]
Vorgeblättert 13.08.2020 […] vorhandenen Zaun »wolfssicher« zu machen, d. h. mit zusätzlichen Stromdrähten zu versehen. Das war für viel Geld geschehen, hatte aber die Wölfe nicht beeindruckt. Einen Antrag auf »Billigungsleistung«, also eine freiwillige – mit anderen Worten: nicht garantierte – Entschädigung durch das Land Niedersachsen, hatte die Familie noch nicht gestellt, hatte sich während der Ernte keine Zeit dafür genommen und […] Gegenargument ein.
Wie viele Angriffe auf Schafe und Rinder im Jahr es denn statistisch gesehen gebe?
Wie viele Rinder existierten und wie viele Wölfe?
Es würde doch gewiss eine Entschädigung gezahlt – was also sei das Problem?
Die Wölfe seien ja nicht künstlich angesiedelt worden, sie seien auf eigenen Pfoten wieder eingewandert. Darüber sollten wir uns freuen. Die Natur sei in den letzten hundert oder z […] Wolfsfreundin, ob sie denn damit rechne, je in ihrem Leben einen frei lebenden Wolf zu Gesicht zu bekom men. Aber nein, das werde sie wohl nicht. Denn Wölfe seien scheu, hätten Angst vor Menschen. Was also hat sie davon, dass es die Wölfe in freier Wildbahn gibt und nicht nur in Zoologischen Gärten oder Wolfsgehegen? Sie hebt ihre Schultern. Darum gehe es nicht. Es ginge um Artenvielfalt, Biodiversität […]