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Suchwort: "Liegt"
Rubrik: Tagtigall - 21 Artikel - Seite 1 von 2
Tagtigall 25.04.2023 […] römischen Dichter, der - wohl weil er den Kaiser Augustus mit seinen Versen beleidigt hatte - aus Rom in das entfernte "Tomis" verbannt worden war, ein Ort am Schwarzen Meer, der heute in Rumänien liegt. In der Verbannung hatte er zunächst Klagelieder, "die Tristien" verfasst, später die "Epistulae ex Ponto", Briefe vom Schwarzen Meer - beide Bände geschrieben in der dringenden Hoffnung, mit seinen […] solche Dichtung zu übersetzen ist eine Herausforderung. Verse bilden schließlich (bewusst oder unbewusst) Reihen von Vokalen und Konsonanten. Dass der Chor der Stimmen auch im Deutschen überzeugt, liegt an der großartigen Übersetzung von Olga Radetzkaja. Sie weiß, dass man im Übersetzen immer einen Teil der Rhythmen und Assoziationen verloren geben muss, und hat wie als Antwort darauf, den Text mit […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 27.03.2023 […] Bishop ihn mehrfach besuchte. Offensichtlich lieh sich Bleutge von Bishop die Form und verfasste "Besuche im Klinikum": "das ist der mann / der liegt in der klinik, Regensburg" und als nächstes folgt: "das ist der rau / für den mann, sechs tage lang / der liegt in der klinik Regensburg". Wo in Bishops Gedicht ein Seemann, eine Uhr, ein Junge, ein Plankenmeer und ein Sargbrett vorkommen, findet sich bei […] Euphorie", die ihn beim Schreiben von Gedichten mitunter widerfährt. Einmal beschreibt er eine Gruppe Schafe und wie sie im Kreis mit dem Kopf nach innen zusammenstehen, wohl weil ein Gewitter in der Luft liegt. Ein andermal ist es nachts:
von einem fenster aus, plötzlich steht es
offen, durch einen strauch hindurch die sterne
wie sie verschwinden, mit einem schnellen
wischen. vielleicht wie immer ohne geräusch […] der schnell die lok versenkt
die durch die landschaft fällt
an den projektor denkt
in dem der film, der fluß schon rückwärts spult
auf daß der plan erscheint
der zeigt den raum
und kurz den mann
der liegt in Regensburg sechs tage lang.
Die unbeteiligte Genauigkeit seiner Beobachtungen, die er auf Reisen mit seiner Familie erlebte, muss, so erzählte er einmal, der Ursprung seines Schreibens gewesen sein […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 08.02.2023 […] über Schnee zu schreiben. Meist fehlt er uns mittlerweile: Die Bäume, blattlos, strecken dem Himmel zu Hauf ihre Mistelnester entgegen. Die Sonne steht schräg, wenn überhaupt, und etwas wie Frühling liegt in der Luft. Die Knospen der Magnolien geilen bereits gen Himmel, und wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich den Magnolienbäumen am liebsten einflüstern, dass sie sich hüten sollten.
"Schnee" ist […] wundert man sich über den Mut: Jeden Tag ein Gedicht? Kann man das und kann man die wirklich alle dem Licht der Öffentlichkeit aussetzen? Dass die Verse vor uns Leserinnen und Lesern Bestand haben, liegt an Rakusas Könnerschaft. Sie, die zwischen Koffern und in drei Sprachen aufwuchs, hat ein starkes Schönheitsempfinden; das schärft ihr die Wahrnehmung. Und die Sprache.
Vielleicht schöpfte Rakusas […] endet mit dem Himmel ("Der Himmel ist anders /über Kiew Charkiw Mariupol / Flugzeughimmel Raketenhimmel"). In dichten Bildern entfaltet sich parataktisch der bekannte Rakusa'sche Zauber. Der Schnee liegt mal "federleicht" auf den Ästen, mal droht er, in seiner Schwere die womöglich schon altersschwachen Kirschbäume zu entwurzeln. Doch dann, mit Datum des 22. Januar 2021, also noch mitten im Winter, […] Von
Marie Luise Knott