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Rubrik: Post aus Ramallah - 6 Artikel
Post aus Ramallah 05.05.2006 […] gesagt haben: "Kinderle, das ist Literatur", was bei ihm immer soviel hieß wie "Mit der Realität hat das nichts zu tun."
Die These von der Entpolitisierung, trifft mich. Ist dies nicht auch Schuld unserer, der Nachkriegsgeneration? Ich wehre mich und sage, der Hinweis auf die Nazizeit und Auschwitz sei immer als Aufforderung zur Analyse der deutschen Nachkriegsgesellschaft gemeint gewesen. Das Wort "Holocaust" […] Am späteren Abend Diskussion mit einem jungen Akademiker, der gerade über Spinoza promoviert und ein sehr genauer Beobachter der deutsch-jüdisch-israelischen Szene ist. Vieles was er sagt, verblüfft mich. Er findet, dass die Verknüpfung deutscher (sogar staatlicher) Identität mit dem Holocaust zur Entpolitisierung in der Gegenwart geführt habe. Kritik an Israel sei zudem deshalb ein Tabu, weil die […] quer durch die Stadt zurück. Es ist Freitag Abend, Straßen und Cafes voller Menschen. Immer wieder schwimmen Fernsehbilder von Anschlägen in den Kopf. In einem Cafe Eis gegessen und Notizen gemacht. Um mich herum Katzenballett: den Baum hinauf und herunter, elegante Sprünge hier- und dorthin; vier magere Katzen versuchen zu fliegen, hinter den Vögeln her.
12. Brief und Schluss
Erst jetzt fiel mir auf […] Von
Uta Ruge
Post aus Ramallah 28.04.2006 […] etc. Dafür seien sie gewählt und gegen die Korruption, nicht wegen der Religion.
Jemand macht Musik an, einige beginnen zu tanzen. Man hat alle Argumente schon so oft gehört. Später unterhalte ich mich mit ihr am Rande des Festes. Erfahre, dass in Ramallah, eine ursprünglich christliche Stadt und wegen der größeren Kühle als Sommerfrische für wohlhabende Jerusalemer dienend, Ostern erst zur griec […] keiner weiß mehr weiter.
Er erzählt mir, dass er schon beschlossen habe, sich umzubringen, wenige Sekunden vor der Durchführung jedoch gedacht habe: Ich bin dabei, Arzt zu werden, wenn ich einen wie mich hätte, ich würde doch auch versuchen, sein Leben zu retten. Also mache ich weiter.
Eine Israelin, die dabei gesessen hatte, selbst seit Jahren aktiv gegen die Besatzung, sagt später zu mir: Wir haben […] unten der Swimmingpool, noch ohne Wasser aber schon in Swimmingpoolblau gestrichen. Auf den fünften Stock wird gerade der sechste gesetzt, eine riesige Terrasse mit Säulen und Schnickschnack. Ich frage mich, wie die Gäste den Baulärm aushalten. Aber irgendwie umgibt dieser Baulärm einen fast überall in Ramallah.
Ebenfalls noch nicht erwähnt: die Schönheit der schmalen braunen Tauben, nicht von der Berliner […] Von
Uta Ruge
Post aus Ramallah 19.04.2006 […] 3. Brief
Einen Tag fast gänzlich im Hotel verbracht. Schlage mich mit Kabeln und Steckeradaptern, mit Kleincomputern und Internetzugang herum. Nichts funktioniert auf Anhieb. Zusätzlich Kopfschmerzen und schlechter Schlaf, Umzug von einem Raum in den anderen, weil ich bei der Planung einen Tag übersah und zu kurz gebucht hatte. Und dieses Zimmer geht direkt auf die Dizengoffstreet hinaus, ist unendlich […] amüsiert: Du bist doch sonst so jekkisch, so genau und organisiert. Was ist los mit dir?
Mein Interview gestern abend mit Avia in Ramat Aviv lief nicht so gut. Ich bin nämlich auch hier, weil Avia mich im letzten Sommer in Berlin besucht und gemeint hatte, ich solle alle Frauen, die ich 1982 in Israel interviewte, noch einmal aufsuchen und befragen. Zuerst wollte ich nicht, - keine Zeit. Und jetzt […] lasse, dass Artikel oder Sendungen nur ein Alibi sind.
Allerdings hatte Avia, die aus einer jemenitischen Familie stammt und als Lehrerin ihr Leben lang arabische Kinder in Jaffa unterrichtet hat, mich mit ihrem Berlinbesuch sehr beeindruckt. Sie hatte gesagt: " Ich habe Deutschland immer gehasst, aber ich war nie dort. Ich fand, dass ich endlich mein Vorurteil bekämpfen sollte." Es habe ihr in Berlin […] Von
Uta Ruge
Post aus Ramallah 15.04.2006 […] schreibt aus Gaza für Haaretz...
Wir fangen von vorne an, auf den Rand der Liste werden Namen und Daten gekritzelt, er schüttelt mehrmals den Kopf, geht wieder zu den anderen, schließlich lässt man mich zur nächsten Etappe weiterziehen. Handgepäck öffnen, Koffer durchleuchten. Laptop und Tonband in eine Spezialmaschine. Schließlich am Ende das Fräulein mit dem Routinelächeln. Im Flugzeug ein kleines […] Wiederbegrüßt die Hibiskushecke mit ihren roten Blüten, die räudigen Katzen, die um Mülltonnen schleichen, die alten Häuser im Bauhausstil, Wasserspeicher auf den Dächern, kreischende Mauersegler, die mich auch an den Berliner Sommer erinnern, über ihnen. Gefremdelt mit neuen Hochhäusern, Fahrradfahrern, Hunden.
Gleich am ersten Abend als Gäste zum Shabbat geladen - bei einem Major der israelischen Armee […] Von
Uta Ruge