Artikel
Suchwort: "Sein"
Rubrik: Fallende Blätter - 12 Artikel
Fallende Blätter 28.09.2003 […] es war, wird es nie mehr sein - auch wenn sich "der Markt" wieder "erholt".
Aber auch Auflage allein sichert keine Zukunft (für überregionale Qualitätszeitungen schon gar nicht), und bald wird der Zeitungsleser unendlich viel mehr dafür bezahlen müssen, um seine Qualitätszeitung täglich oder wöchentlich in Händen halten zu können. Und wenn es dann erheblich teurer sein wird, einen besonderen Geschmack […] Anspruch zu haben, der nicht massenkompatibel ist, wird sich zeigen, was an die Stelle des oft verhöhnten Bildungsbürgertums in unserer Gesellschaft getreten ist; und was dann vom Feuilleton noch übrig sein wird.
Noch ist die Zeit des Offenbarungseides nicht gekommen. Ihn zu verhindern, unternehmen die Qualitätszeitungen alle möglichen Anstrengungen. Um ihren Print-Inserenten ein möglichst großes und […] Selbstverständnis des diesem widerstreitenden Citoyens zu besitzen. Denn eher will man als erster im Mainstream der Kulturindustrie mitschwimmen und auf dem Boulevard des Bunte- & Bild-Gossips auch sein Bein heben und seine Duftmarke setzen, als gegen den Strom und seine werblichen Windmaschinen für das von ihm Verdrängte, in ihm Marginalisierte Platz schaffen und den populistischen Schwachsinn des […] Von
Wolfram Schütte
Fallende Blätter 25.09.2003 […] gibt es zwar im Französischen, es heißt dort Serie, und damit können sowohl die in Zeitungen episodenweise veröffentlichten Romane als auch, und das ist heutzutage geläufiger, Fernsehserien gemeint sein. Das Feuilleton als solches allerdings gibt es nicht.
Man erwähne also das Wort "Feuilleton" im journalistischen Kontext, und auf die unweigerliche Augenbraue folgt die Erklärung, es handele sich […] drei Sparten verlaufen.
Womit man schon bei der Rolle angelangt wäre, die das Feuilleton spielt, und die sie sich zur Aufgabe gemacht hat, nämlich ein Forum der grundlegenden Fragestellungen zu sein, ein von der brennenden Aktualität etwas zurückgezogener Hafen, in dem Entwicklungen beleuchtet und hinterfragt, Zusammenhänge gesucht und hergestellt werden.
Warum diese Spielart des intellektuellen […] während der Feuilletonist "Bloß nicht berichten" herbetet. Dass diese Mutmaßung nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, zeigt Kisters Erklärung:
"Wenn jemand berichtet, dann kann er kein Feuilletonist sein, weil ein Feuilletonist grundsätzlich nicht berichtet. Ein Feuilletonist hat in allererster Linie eine Meinung, und wenn er ein junger Feuilletonist ist, also unter 60, dann hat er eine Meinung zu allem […] Von
Barbara Jantzen
Fallende Blätter 24.09.2003 […] später widerlegt ihn Ina Hartwig, indem sie das Lesen im Sommer evoziert mit dem Windhauch auf Füßen und Hand und den zittrigen Schatten von Grashalmen auf Papier. Groß lässt sich nicht beirren, hat sein Thema stets fest im Blick: "Hören und Schreiben - ein weites Feld, trotz oder wegen der vielen Dinge, die darüber schon gesagt worden sind."
Kolja Mensing (3) erklärt Erfolg in Literaturwettbewerben […] Episodisches und Reflexion mühe- und folgenlos nebeneinandergesetzt. Dieses Nebeneinander ist in seinem egalitären Effekt eines "alles gleich wertvoll" zwar politisch korrekt, es hintergeht aber sowohl sein Publikum als auch seinen Auftrag, in dem es das Ende der Geschichte als selbsterfüllende Prophezeiung vollzieht. Was diesen drei Texten und vielen im Feuilleton fehlt, ist eben Geschichte - als Abfolge […] Unterschiede sind so groß, die Unzulänglichkeiten des Internets als anonymem Anbieter von Quantität so eklatant, dass das Feuilleton bei zunehmender Konkurrenz beim bloßen Finden seine Kompetenz und sein Heil leicht im Beurteilen, als persönlicher, namentlicher Anbieter von Qualität finden kann.
Dies ist also ein Plädoyer für ein Feuilleton mit Herz, mit Hirn und mit Mut. Das Herz sorgt für die Empathie […] Von
Kai Weber
Fallende Blätter 21.09.2003 […] deutschen Zeitung, ungefähr um zehn Uhr früh einen Anruf: ob ich nicht für den nächsten Tag einen Artikel schreiben wollte, Thema: die Macht der Alten. Natürlich wollte ich. Bis 16 Uhr sollte er fertig sein. Ich hatte über das Thema noch nie im Zusammenhang nachgedacht. Dennoch lieferte ich bis 16 Uhr etwas ab.
Ich glaube, die Fallstricke eines solchen Auftrags sind deutlich zu sehen. Es war eine […] lautet: Mach was aus dem, was Du hast und weißt, und wenn das nicht viel ist, improvisiere. "Bricolage" nennen das die Ethnologen und Mythenforscher. Höchstes Ziel unter solchen Arbeitsbedingungen muss es sein, einigermaßen elegant die Kurve zu kratzen. Verschiedenes Anderes, was ein unbefangener Leser von einem solchen Meinungsartikel vielleicht erwarten würde, musste auf der Strecke bleiben: die profunde […] sich zu streiten lohnt. So aber bleibt jeder Individualvirtuose auf sich gestellt. Der eine grübelt über das Völkerrecht nach, der andere über Analogien der Pax Americana zur Pax Romana, jeder bringt sein eigenes Schatzkästlein von Lieblingsassoziationen, Metaphern mit begrenzter Reichweite und Bildungsbruchstücken herbei. "Wie schon Polybius erkannte-", und am nächsten Tag Saddam Hussein als neuer […] Von
Burkhard Müller
Fallende Blätter 21.09.2003 […] So banal diese Einsicht auch sein mag, so gründlich scheint sie bisweilen unterm Glanz der Phrasen verschüttet.
Sicher ist eine klare Positionierung nicht von jedem Feuilleton-Artikel zu fordern. Zumindest bei solchen jedoch, die zu politischen, kulturellen und soziologischen Debatten Stellung zu nehmen versprechen, sollte vor allem Klarheit das Anliegen des Autors sein - im Sinne des Lesers, dem […] Badekrimi?
Wie kann es möglich sein, dass Niklas Maak den Regisseur Francois Ozon als "außerordentlichen Frauenverächter" schmäht, während Susan Vahabzadeh, die Feuilleton-Autorin der Süddeutschen Zeitung, ihn als "wahren Frauenregisseur" lobt? Ihm sei nicht nur eine berückende Inszenierung weiblicher Sinnlichkeit geglückt, sondern es auch noch gelungen, sein kinematisches Spiel mit Klischees und […]
Das nicht minder häufige Pendant jenes ortlosen Kreiselns um die Sache ist eine gebildet auftrumpfende Redelust, der der Gegenstand nur Sprungbrett für ein Brillieren mit Aperçus und Glossen zu sein scheint.
So wächst sich beispielsweise Niklas Maaks Filmkritik zu Francois Ozons neuem Film "Swimming Pool" am 10. August in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu einer bisweilen unterhaltsamen […] Von
Alexander Friedrich, Jan Friedrich, Nils Kasper, Karen Werner
Fallende Blätter 21.09.2003 […] Werbeagentur Scholz & Friends, der die Versammelten höflich bat, doch auch mal ein kleines bisschen ans Publikum zu denken, warf man die falsche Verwendung eines Aristoteles-Zitats vor. Anschließend wurde sein Vorschlage von Zeit-Literaturchef Ulrich Greiner auch inhaltlich abgeschmettert: Ans Publikum denken, damit assoziieren die traumatisierten Feuilletonredakteure gerade in der Zeit knallige Layoutreformen […] Vorwurf des Zynismus langweilig. Und später am Bahnhof erklärte ein Journalist, die Ansicht von Leuten, die zugeben, nicht täglich die Feuilletons zu lesen, interessiere ihn nicht. Auf die Idee, dass sein Job davon abhängen könnte, dass diese jungen Leute von sporadischen zu regelmäßigen Feuilletonlesern werden, kam er nicht.
Eine Übersicht mit allen Artikeln und Vorträgen im Perlentaucher zur Konferenz […] Von
Thierry Chervel, Anja Seeliger
Fallende Blätter 19.09.2003 […] verspielt gelegentlich Kredit, wenn Beiträge nicht auf den Punkt kommen oder bringen, was der Fall oder nicht der Fall ist, zu weitschweifig sind und den Leser mit kryptischen Sätzen konfrontieren, die sein Zutrauen in das eigene intellektuelle Vermögen schwächen. Die Lesefreundlichkeit hat im deutschen Feuilleton nachgelassen oder wird zu häufig missachtet.
Dies wäre gewissermaßen mein erster Appell […] nicht nur ein Eckpfeiler unserer pluralen Demokratie, er ist auch eine kulturelle Leistung, deren Sicherung - jenseits staatlicher Subventionen - nicht nur Anliegen, sondern auch Aufgabe der Politiker sein muss.
Dieser dritte Appell mündet in einen vierten an den Leser. Die Krise des Qualitätsjournalismus, das ist hinreichend dargelegt worden, ist im Wesentlichen wohl keine geistige, sondern eine […] vielleicht auch in Hongkong, Kairo oder San Francisco erfahren. Die Recherche mag dem Journalisten durch das world wide web noch so erleichtert, die Informationsbeschaffung noch so sehr beschleunigt sein, der authentische Bericht eines Journalisten vor Ort ist durch nichts zu ersetzen. Am Korrespondentennetz aber sparen die Zeitungen unter dem Druck der Bilanzen zu allererst. Und ehe die politischen […] Von
Christina Weiss