Mit dem Erfolg des neuen
Marvel-
Superheldenfilms "Shang-Chi" könnte sich neben Black Panther ein weiterer "
Superhero of Color" im Blockbusterkino etablieren,
glaubt die Amerikanistin Ruth Mayer. Doch während "Black Panther" in den Comics der siebziger Jahre von Anfang an unter den Eindrücken der
schwarzen Bürgerrechtsbewegung konzipiert wurde, kommt "Shang-Chi" mit der in Pulp-Heften und Bahnhofskinofilmen serialisierten Figur des
Fu-
Manchu im Gepäck - einer grell gezeichneten Verkörperung der "
Gelben Gefahr", die in den letzten Jahren aus Gründen gesteigerter Sensibilität nicht mehr sonderlich in Mode war. Boris Karloff hatte diese Figur in den naiven Pulpfilmen der 30er fast schon subersiv als "
queer" angelegt, schreibt Mayer. Dem will man heute durch neue Ernsthaftigkeit entgehen: Der neue Film "ist in jeder Hinsicht bemüht, alles richtig zu machen. Die
New York Times berichtete, dass die asiatisch-amerikanischen Produzenten eine Liste der gängigen Asien-Klischees und Vorurteile führten, die es zu vermeiden galt - und sie waren zweifellos gründlich. Kein
yellowface (auf dass sich so viele Hollywoodproduktionen der letzten Jahre immer noch verließen), keine gesichtslosen asiatischen Massen, keine Yakuza oder Samurai-Krieger und nur der Hauch einer Dragon-Lady in Gestalt von Shang-Chis Schwester, gespielt von Meng 'er Zhang. Aber die action-orientierte Handlungslogik des Superheldenfilms eignet sich nur bedingt für psychologische Portraits mit Tiefenschärfe, so dass der Superschurke hier letztlich
erstarrt oder entleert wirkt - er macht so recht keinen Sinn mehr ohne das Narrativ der Gelben Gefahr und wird nun zur etwas
banalen Kritik an der Eigendynamik toxischer Männlichkeit. ... Die Begeisterung vieler asiatischer Zuschauer*innen über den systematischen Bruch mit China-Klischees ist angesichts von
yellowface-Entgleisungen und orientalistischen Klischees im Gegenwartskino nachvollziehbar. Dennoch wünschte ich mir angesichts der noblen Tragik und hyperdisziplinierten Männlichkeit des Mandarin-Dads dann und wann den
queeren Camp-
Appeal von Boris Karloffs Fu Manchu zurück, der weder psychologische Tiefe noch traumatische Verletzungen kannte."