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Durban 2: Zieht sich Deutschland zurück?

16.03.2009. Aktualisiert am 20 April: Nach den USA bleiben nun auch Deutschland und mehrere andere EU-Staaten der Durban-Nachfolgekonferenz fern, meldet die SZ.

Aktualisierung vom 20. April:

Die SZ meldet, dass Deutschland und andere EU-Staaten der heute beginnendenen Durban-Nachfolgekonferenz fernbleiben. Man fürchtet wie schon Pascal Bruckner im Perlentaucher vor fast einem Jahr (mehr hier), dass die Konferenz als antisemtisches Spektakel missbraucht wird.

Aktualisierung vom 23. März:

"Deutschland und die EU nehmen nun erst einmal weiter am Vorbereitungsprozess für 'Durban II' teil", berichtet Richard Herzinger in der Welt am Sonntag. Der Entwurf für eine Abschlusserklärung war nach Kritik westlicher Länder geändert worden - allerdings bleibt der positive Bezug auf "Durban 1", wo Israel als einziger "rassistischer" Staat benannt worden war.


Aktualisierung vom 18. März, 14 Uhr:


Der UN-Menschenrechtsrat hat einen neuen Entwurf für eine Abschlusserklärung zur "Durban Review Conference" zum Thema Rassismus vorgelegt, melden verschiedene Quellen, unter anderm Ha'aretz (hier). Direkte Bezüge zu Israel und eine Verurteilung der "Diffamierung von Religionen" sind aus dem Entwurf getilgt worden. Der Menschenrechtsrat reagiert damit auf Kritik aus den USA und Ländern der EU, die gedroht hatten, der Konferenz fernzublleiben, falls das Dokument bestimmte "rote Linien" übeschreitet.

Das neue Dokument ist wesentlich kürzer als das zuvor kursierende: 17 statt 45 Seiten. Hier das neue Dokument als pdf-Dokument. Und hier die offiziellen Seiten der UN zur Durban Review Conference.

Ob das Dokument jetzt den Erwartungen der Kritiker entspricht, bleibt umstritten. Bemängelt wird unter anderm der positive Bezug auf die Abschlusserklärung der Durban Conference von 2001, die zu einem antisemitischen Spektakel ausgeartet war. Der Bezug auf dieses Dokument wird laut Anne Bayefsky in Forbes.com im neuen Entwurf als "nicht verhandelbar" bezeichnet: "Diese Erklärung stellt die Palästinenser als Opfer der Israelis dar - und Israel ist das einzige UN-Mitglied, das als rassistisches Land bezeichnet wird."

Der französische Außenminister Bernard Kouchner hat unterdes laut Reuters signalisiert, dass Frankreich nun bereit sei, an der Konferenz teilzunehmen, die am 20. April in Genf beginnt.


Aktualisierung vom 18. März:

Das Blog Lizas Welt äußert Zweifel an der angeblichen Absicht der Bundesregierung und der EU-Länder, der Durban 2-Konferenz fernzubleiben, "denn die Forderung nach 'signifikanten Verbesserungen' respektive einer 'substanziellen Änderung' des Entwurfs für die 'Durban II'-Abschlusserklärung lässt, weil sie nicht konkretisiert wurde, einigen Spielraum. Es ist zwar nicht sonderlich wahrscheinlich, aber auch nicht auszuschließen, dass sich das Vorbereitungskomitee, in dem Libyen und der Iran federführend sind, auf geringfügige Modifikationen bei einigen Formulierungen einlässt und dadurch so etwas wie interpretatorischen Platz gewährt, mit dem die islamischen Staaten genauso leben könnten wie die Bundesregierung. Von signifikanten Verbesserungen oder substanziellen Veränderungen könnte dann zwar gewiss keine Rede sein, aber sie würden in diesem Fall fraglos als solche verkauft."


Aktualisierung vom 17. März:

Die SZ meldet, dass die EU-Außenminister bei ihrem gestrigen Treffen in Brüssel beschlossen haben, "Durban 2" zu boykottieren, "falls die dort vorbereiteten Dokumente nicht innerhalb der kommenden beiden Tage geändert werden". Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wird zitiert. Er plädiere dafür, "dass wir die Teilnahme bei der anstehenden Konferenz absagen, wenn es in den nächsten Stunden, in den nächsten Tagen zu keiner wirklich substanziellen Veränderung der Dokumente kommt".

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Artikel vom 16. März:


Lange Zeit schien es, als würde das Thema "Durban 2" in Deutschland nur einschlägige Kreise interessieren. Mit diesem Stichwort wird die für den 20. April geplante Nachfolgekonferenz zu einer Konferenz des UN-Menschenrechtsrats zum Thema Rassismus im Jahr 2001 bezeichnet. Diese Veranstaltung endete als antiisraelisches und antisemitisches Spektakel - und die Nachfolgekonferenz steht kaum unter besseren Vorzeichen, wenn man den Entwurf der Abschlusserklärung (hier als pdf) liest. Der UN-Menschenrechtsrat wird von Ländern wie Iran, Libyen und Kuba dominiert.

Nach der Pressekonferenz der Initiative "Boykottiert Durban 2", die sich nach einem Perlentaucher-Artikel Pascal Bruckners gebildet hatte, scheint das Thema auch in den "großen" Medien und bei Politikern angekommen zu sein. "Angela Merkel spreche sich dafür aus, 'Durban II zu verlassen', meldet heute die SZ. Merkel soll dafür plädiert haben, diese Woche aus der Konferenz auszusteigen, falls der Entwurf für die Abschlusserklärung, in dem Israel als einziges die Menschenrechte verletzendes Land angeprangert wird, nicht grundlegend umformuliert wird. In dieser Woche befassen sich die Außenminister der EU mit der geplanten Konferenz.

Am Samstag hatte Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, in der SZ zum Thema geschrieben: "Europa ist gefordert. Noch ist es nicht zu spät, eine Wiederholung des Desasters von 2001 zu verhindern. Die Europäer sollten nicht noch einmal gutmütig in die Falle tappen, die ihnen selbst ernannte Streiter für Menschenrechte gestellt haben."

Am selben Tag berichtete die Welt über das Thema. Und Richard Herzinger erklärt in einem Kommentar ebenfalls für die Welt, den ideologischen Hintergrund von "Durban": "Im Zeichen des 'Antikolonialismus' hat sich in arabischen, aber auch in manchen afrikanischen und südamerikanischen Ländern ein antijüdisches Ressentiment herausgebildet, das auf Opferkonkurrenz beruht. Kolonialismus soll als mindestens ebenso großes Menschheitsverbrechen anerkannt werden wie der Holocaust. Dass der Westen die Juden als Opfergruppe angeblich bevorzuge, wird ihnen selbst zum Vorwurf gemacht. "

Schon am Freitag berichtete Spiegel Online über die Pressekonferenz der Initiative "Boykottiert Durban 2".

Viele Links zum Thema Durban 2, finden Sie hier.