Christa Wolf

Man steht sehr bequem zwischen allen Fronten

Briefe 1952-2011
Cover: Man steht sehr bequem zwischen allen Fronten
Suhrkamp Verlag, Berlin 2016
ISBN 9783518425732
Gebunden, 1040 Seiten, 38,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Sabine Wolf. "Post, Post, Post". Dieser Stoßseufzer, notiert im Kalender unter dem Datum vom Sonntag, dem 4. März 1990, kommt nicht von ungefähr: Christa Wolf war eine ungeheuer produktive Korrespondentin. Ihre Briefe an Verwandte und Freunde, Kollegen, Lektoren, Politiker, Journalisten geben Einblicke in ihre Gedankenwelt, ihre Schreibwerkstatt, ihr gesellschaftliches Engagement. Ob sie an Günter Grass oder Max Frisch schreibt, von Joachim Gauck Einsicht in ihre Stasi-Akte fordert oder sich mit Freundinnen wie Sarah Kirsch und Maxie Wander austauscht, wir sind Zeuge von Freundschaften und Zerwürfnissen, Auseinandersetzungen und von Bestätigung, von der Selbstfindung einer der wichtigsten Autorinnen des 20. Jahrhunderts.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.04.2017

Für Friedmar Apel sind Christa Wolfs Briefe aus den Jahren 1952 - 2011 ein "Lehrstück" über die "Fallstricke" im Verhältnis von Schriftstellern zur Staatsmacht. Wenn Wolf etwa 1984 an Raissa Orlowa-Kopelew schreibt, es gebe von ihr seit Jahren keine offenen Briefe an Freunde mehr, oder  wenn sie sich noch in späteren Briefen immer wieder rechtfertigt, erkennt der Kritiker, wie sehr die Autorin ihre Tätigkeit für die Stasi in den Jahren 1959 bis 1962 und ihr Verbleiben in der DDR belastete. Zwar liest der Rezensent hier auch von alltäglichen Freuden und Mühen, aber Wolfs "rasende Sehnsucht nach Unschuld" bleibt der Grundtenor der Briefe, so Apel, der bisweilen doch staunt, mit welcher Wut und "Arroganz" Wolf gelegentlich versuchte, sich selbst zu behaupten.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.12.2016

Jörg Magenau liest die ausgewählten Briefe aus dem Nachlass von Christa Wolf mit großem Gewinn. Das liegt zum einen an der klugen Auswahl von Sabine Wolf, wie er schreibt, zum anderen daran, dass die Schriftstellerin hier als anteilnehmende, kritische Zeitgenossin sichtbar wird. Ob es ums Ringen um die eigene Haltung und Ästhetik in der DDR oder um den Bruch von 1989 geht, stets ist für Magenau die Spannung spürbar zwischen der Bürgerin und der Sozialistin Wolf. Der Wandel der Person von der altklugen Literaturkritikerin zur sozialistisch-humanistischen Intellektuellen ist für den Rezensenten anhand der Briefe nachvollziehbar. Einen eigenen, kritischen Ton und echte Hinwendung spürt Magenau außerdem, egal, ob Wolf an die Kinder, Nachbarn, Kollegen oder Honecker persönlich schreibt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.11.2016

Als die "politisch-literarische Autobiografie, die Christa Wolf nie geschrieben hat" bezeichnet Rezensent Christan Eger diese Briefsammlung. Herausgegeben wurde das 500 Briefe umfassende Werk von der nicht verwandten Namensvetterin und Archivarin Sabine Wolf. Die 2011 verstorbene Wolf war für ihren rauen Ton und stringente Meinung bekannt, meint Eger. Dieser Ton äußerte sich häufig auch in, von dem Rezensenten offensichtlich nicht unterstützten, politischen Statements. Nie hätte sie die DDR als solches in Frage gestellt und auch ihre Abneigung gegen die SED habe sie nie so konsequent kenntlich gemacht als dass sie aktiv aus der Partei ausgetreten wäre. Abgesehen von diesen persönlichen Differenzen ist Eger aber sichtlich zufrieden mit der "Autobiografie". Sie sei "trotz ihrer Fülle schlank und informativ" und besonders der Kern des Buches, die Briefe an Fred und Maxie Wander, wecken sein Interesse.