Andrej Platonow

Die Baugrube

Roman
Cover: Die Baugrube
Suhrkamp Verlag, Berlin 2016
ISBN 9783518425619
Gebunden, 240 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Gabriele Leupold. Mit einem Nachwort von Sibylle Lewitscharoff. Am Rand einer großen Stadt heben Arbeiter eine riesige Grube aus, um ein "gemeinproletarisches Haus" zu errichten. Vom Kriegsinvaliden über den Handlanger bis zum Ingenieur bildet sich unter den freiwilligen Sklaven eine Hierarchie, die den sozialen Verhältnissen in Stalins Sowjetunion ähnelt. Andrej Platonows Helden setzen alle ihre Kräfte ein, die glückliche Zukunft der Menschheit durch ihrer Hände Arbeit herbeizuführen - und werden doch von der Wucht dieser Aufgabe erdrückt: Sie versinken in Schwermut, leiden an Erschöpfung und Grübelsucht oder gehen zugrunde, weil es in der neuen Ordnung der Dinge keinen Platz mehr für sie gibt. Die Sprache kann mit dem utopischen Denken nicht Schritt halten, der Boden entgleitet ihr unter den Füßen. Wie kein zweiter Autor lässt Platonow die Atmosphäre einer Epoche spüren, die voll war von Utopien und Prophezeiungen einer künftigen Welt. Die russische Revolution, die alle Bereiche des Lebens in diesem riesigen Land erfasste, der Kampf um einen "neuen Himmel und eine neue Erde", findet in seinem Werk einen unerhörten Ausdruck. Auf der Grundlage der 2000 in Sankt Petersburg erschienenen, erstmals edierten gültigen Originalausgabe hat Gabriele Leupold, gerühmt für ihre Übersetzungen von Andrej Belyjs "Petersburg" und Warlam Schalamows "Erzählungen aus Kolyma", eine neue deutsche Fassung des als unübersetzbar geltenden Buches erarbeitet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.03.2017

Katharina Granzin findet Andrej Platonows Ende der 20er Jahre entstandenen Roman "Die Baugrube" noch beeindruckender als dessen dystopisches Hauptwerk "Tschewengur". Warum? Weil Platonow sich traut, die sowjetische Gegenwart der späten Zwanziger "tiefschwarz", aber wirklichkeitsgetreu zu schildern und das Geschehen zugleich in "phantasmagorischen", poetischen Bildern voller Drastik so beschreibt, dass es geradezu zeichenhaft "entrückt" erscheint. Gabriele Leupolds Übersetzung, die nicht zuletzt der undurchdringlichen Vielstimmigkeit dieses Romans gerecht wird, ringt der Rezensentin ebenso viel Anerkennung ab wie Leupolds instruktives Nachwort.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.03.2017

Zweifelsohne ein Meisterwerk, sagt Rezensent Tim Neshitov über Andrej Platonows wichtigsten Text "Die Baugrube", der nun eine überraschend gelungene Übersetzung durch Gabriele Leupold erfahren hat und das entgegen allen Vorurteile und Erwartungen, denn bisher galt Platonow nicht nur in Russland als unübersetzbar, wegen seines "intimen Verhältnisses" zum Russischen. Tatsächlich lebt die Geschichte von ihrer Sprache beziehungsweise ist es die Sprache selbst, die lebt, so der beeindruckte Rezensent. Ziel der Arbeiter im Roman ist es, einen eindrucksvollen kommunistischen Bau zu errichten, doch sie kommen nicht über die Grube hinaus, verfangen sich stattdessen in Gefasel, im Resümieren, im Sterben und Morden, lesen wir. In "Die Baugrube" veranschaulicht ein kurz zuvor noch vor roten Idealen glühender Kommunist, warum die "Alternative" nicht funktionieren kann, fasst Neshitov ehrfürchtig zusammen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.02.2017

Die Slawistin Bettina Kaibach liest Andrej Platonows Roman in neuer Übersetzung von Gabriele Leupold und freut sich über eine dem Original "verblüffend" gerecht werdende deutsche Fassung. Verstörend scheint ihr der Roman, der zwischen 1929 und 1930 zu Zeiten der forcierten Industrialisierung spielt, als der Stalinismus sogar das Nachdenken zum Verbrechen machte. Verblüffend auch, da der Autor sich zwar der totalitären Rhetorik bedient, wie sie schreibt, doch nicht ohne kalkulierte Störungen einzubauen, manchmal komische Brüche zwischen Realität und Sprache, die für sie die Poesie des Textes ausmachen. Auch das findet Kaibach in der Übersetzung kongenial nachgebildet. Der Kommentar eröffnet der Rezensentin die Bezüge zwischen den bizarren Details und der Wirklichkeit.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 31.12.2016

Endlich wird der russische Schriftsteller Andrej Platonow auch hierzulande entdeckt, freut sich Rezensent Florian Schmiedler und betont die Aktualität des unter Stalin verbotenen Autors. Denn auch wenn sich Platonow mit der politischen Wirklichkeit der postrevolutionären Sowjetunion beschäftigte, erkennt der Kritiker, dass sich die hier geschilderte Kluft zwischen politischen Ideen und der davon betroffenen unbeachteten Arbeiterschicht ganz einfach auf die Wutbürger von Pegida und AfD-Wählern übertragen lasse. Schmiedler staunt aber nicht nur, wie differenziert Platonow die Probleme skizziert und dabei zum Nachdenken anregt, sondern nimmt auch gern die Mühen auf sich, die eigensinnigen, bisweilen irritierenden Formulierungen des Autors mehrfach zu lesen. Auch Gabriele Leupolds Übersetzung lobt der Rezensent als präzise.