Kathrin Röggla

Nachtsendung

Unheimliche Geschichten
Cover: Nachtsendung
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016
ISBN 9783100024879
Gebunden, 288 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Unheimliche Szenen ereignen sich. Und wir sehen zu. Die täglichen Bilder unserer Wirklichkeit gleichen Horrorszenen. Jemand ist dabei. Jemand sieht zu. Sind das wirklich wir? Kathrin Röggla schaut genau hin. Sie erzählt unheimliche Geschichten und entdeckt Risse, tote Winkel und das Unheimliche unserer Gegenwart. Gefahrenzonen breiten sich aus, es herrscht Desorientierung, Kommunikation bricht zusammen. Das betrifft das politische Reden, den wutbürgerlichen Aktivismus, den Absturz des Mittelstandes ebenso wie das Familientreffen in der deutschen Provinz. Sie entwirft politische, soziale und private Szenarien, die sich zu einem Nachtbild unserer gespenstischen Gegenwart zusammensetzen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.01.2017

Und wieder hat Kathrin Röggla eine neue Erzählsammlung zum Thema Identitätsverlust in "digitalen Sümpfen" geschrieben, berichtet Rezensentin Katharina Teutsch ein wenig erschöpft. Das Konzept ist dasselbe wie in den Büchern zuvor, fährt die Kritikerin fort: Im "Rhythmus des Algorithmus" und mit trockenem Reporter-Witz erzähle Röggla in diesen 42 Prosastücken von einfachen Menschen, die mit Paranoia und Souveränitätsverlust in entfremdeten Arbeitswelten zu kämpfen haben. Leider mangelt es an den notwendigen psychologischen und philosophischen Reflexionen, um den Konflikt zwischen Idiom und Jargon, inneren und äußeren Bildwelten erfahrbar zu machen, klagt die Rezensentin, die aus den geschilderten Bedrohungsszenarien keine Erkenntnis gewinnt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.12.2016

Christoph Schröder ahnt, dass härtere Zeiten kommen. Wenn Kathrin Röggla in zweiundvierzig Texten ansetzt, dieses Gefühl zu vermitteln, geht Schröder die gesteigerte Dringlichkeit allerdings auf die Nerven. Katastrophismus, apokalyptisches Raunen überall, das erschöpft den Rezensenten beim Lesen zunehmend. Worum es in den in Konferenzräumen, Familien und Yogagruppen spielenden Miniaturen geht, hat Schröder nämlich bald verstanden: Beobachtung, Kontrolle, Konkurrenz, Erschöpfung. Auch wenn Röggla die Panikherde von heute mit Gespür erkennt und erst einmal mitreißend in rhythmischer und variantenreicher Sprache und durchaus mit Komik serviert, wie Schröder erklärt, etwas scheint dem Rezensenten zu fehlen. Vielleicht liegt es daran, dass die Figuren ihm nie richtig vertraut werden, sondern von der Autorin geschickt konstruierte Typen bleiben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2016

Ein "grelles Lachen" klingt dem Rezensenten Helmut Böttiger aus diesen Geschichten Kathrin Rögglas entgegen, die von einem deutschen Alltag erzählen, der denkbar weit entfernt ist von den sonst in der Literatur gern bedienten Erfahrungswelten der urbanen Mittelschichten. Röggla erzählt aus strukturschwachen Zonen, von einem stillgelegten Kalibergwerk, vom Hauen und Stechen auf einem Wissenschaftskongress. Wobei Erzählen schon zuviel gesagt ist, wie Böttiger herausstellt: Röggla liefere eher "flimmernde und hypergenaue Standbilder", als dass sie handelnde, denkende oder fühlende Personen entwerfe. Innenschau gibt es bei Röggla nicht, stellt Böttiger klar. Mitunter erinnert ihn die Röggla'sche Übertreibungsartistik an Thomas Bernhard, mitunter erscheinen ihm auch ihre apokalytische Visionen recht "vehement". Aber im Grunde gibt er sich dem Flirrend-Flimmernden dieser Prosa hin, die den Irrwitz der Gegenwart in ausgesprochen rhythmischer Prosa einfange.
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