Carl Schmitt

Carl Schmitt: Tagebuch Februar bis Dezember 1915

Die Militärzeit 1915 bis 1919. Aufsätze und Materialien
Cover: Carl Schmitt: Tagebuch Februar bis Dezember 1915
Akademie Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783050040790
Gebunden, 587 Seiten, 49,80 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Ernst Hüsmert und Gerd Giesler. Nachdem Carl Schmitt ab Februar 1915 als Kriegsfreiwilliger in München zunächst als Rekrut eine Grundausbildung erhielt, war er bald danach im Stellv. Generalkommando des I. bayerischen Armeekorps tätig. Dort leitete er bis 1919 ein Subreferat, das sich mit Genehmigung oder Verbot der Ein- und Ausfuhr von politisch brisanten Schriften, der Beobachtung der Friedensbewegung und der Verbreitung feindlicher Propagandatexte u. a. befasste. Die jetzt zum ersten Mal veröffentlichten Tagebucheintragungen gewähren wie die bereits publizierten aus der Zeit 1912 bis Anfang 1915 einen tiefen Einblick in seine damalige zerrissene Existenz zwischen spannungsreicher Ehe und zunächst als Bestrafung empfundenem Militärdienst, zwischen übersteigertem Selbstbewusstsein und armseliger Wirklichkeit. Vor allem sind die bislang fast unbekannten Dokumente aus der Militärbehörde, die in einer Auswahl auf etwa 140 Seiten abgebildet werden, für die Einschätzung des jungen Carl Schmitt und sein Verhältnis etwa zum Pazifismus unverzichtbar. Sie erlauben Einblicke in die "Werkstatt" seines Denkens, da gerade in dieser Zeit die ersten später so berühmt gewordenen Werke "Politische Romantik" und "Die Diktatur" vorbereitet und in ersten Fassungen formuliert wurden. Bisher nicht bekannt sind auch die in der Rubrik "Aus dem Lager unserer Feinde" in der Hamburger Woche anonym veröffentlichten Artikel, die Carl Schmitt aus der Lektüre von ausländischen Zeitungen während seiner Dienstzeit zusammenstellte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.12.2006

Carl Schmitts Tagebücher aus dem Jahr 1915 haben bei Patrick Bahners nicht gerade Sympathie für den späteren Staatsrechtler und politischen Philosophen geweckt. Angst und Ekel nennt Bahners als dominierende Motive der Aufzeichnungen, sowohl im Blick auf Schmitts Ehe als auch auf seinen Militärdienst, den er als Referatsleiter für die Zensur von Druckschriften und die Überwachung der Friedensbewegung absolvierte. Aufschlussreich findet Bahners in diesem Zusammenhang die Auswahl an Aktenstücken aus dem Zensurreferat, die Schmitts Tätigkeit als "Montage bürokratischer Formeln" darstellt. Die Tagebuchaufzeichnungen zeigen nach Ansicht des Rezensenten einen Menschen voller Größenfantasien, Machtstreben und Selbstmitleid, "der mit der ganzen Welt im Krieg liegt". Das Bild, das er dabei abgibt, ist für Bahners schlicht "jämmerlich".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.03.2006

Für ein Ereignis hält Stephan Schlak die Edition der Tagebuchaufzeichnungen von Carl Schmitt aus seiner Militärzeit des Ersten Weltkriegs, die er in München in der Zensurbehörde ableistete, weniger als "Schreibtischtäter", denn als "Drückeberger, der sich der Bürokratie des Krieges als eines intellektuellen Rückzugsraumes bedient", wie Schlak schreibt. So anarchisch freisinnig wie in diesen Aufzeichnungen dürfte man nach Ansicht des Rezensenten Carl Schmitt nie wieder erleben, der 1915 noch in sein Tagebuch schrieb: "Vor dem Militarismus gibt es keine Rettung und keine Hilfe; nach dem Krieg wird es immer schlimmer werden. Der Einzelne ist nichts; schauerlich." Aber Schlak erlebte auch einen Mann, der süchtig nach Anerkennung war, ein "Sensibelchen" mitunter und missgünstig obendrein. Zum Beispiel Thomas Mann gegenüber, den er immer wieder schikanierte. Die angehängten Dokumente aus seiner Zensorentätigkeit belegen dies und für Schlak sind sie neben den vielen "flackernden Tagebuchnotaten" die zweite Sensation dieser Edition.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.03.2006

Auch wenn er von den "erschreckend schlichten Grundmustern" des Denkens von Carls Schmitt eher befremdet ist, eines muss Thomas Assheuer dem "Kronjuristen des Dritten Reichs" doch zugestehen. Schmitt nehme kein Blatt vor den Mund und berichte in "radikaler Offenheit" von seinem als hoffnungslos empfundenen Leben. Zwei Problemfelder tauchen immer wieder im vorliegenden zweiten Band der Tagebücher auf. Der verhasste Militärdienst, zu dem er sich freiwillig gemeldet hatte und die schwierige Ehe mit der angeblichen Adligen Carl von Dorotic. Assheuer sieht in den Tiraden Schmitts schon den "maßlos verächtlichen Ton" anklingen, den er von den späteren Schriften kennt. Überhaupt passen einige biografische Begebenheiten erstaunlich gut zu den Theorien, die der Rechts- und Politikwissenschaftler später entwerfen sollte. Die Herausgeber lobt Assheuer für ihre "sorgfältige" Arbeit, attestiert ihnen aber auch eine zu große "geistige Nähe" zu ihrem Subjekt.