Hans Blumenberg, Jacob Taubes

Hans Blumenberg, Jacob Taubes: Briefwechsel 1961-1981 - und weitere Materialien

Cover: Hans Blumenberg, Jacob Taubes: Briefwechsel 1961-1981 - und weitere Materialien
Suhrkamp Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783518585917
Gebunden, 349 Seiten, 39,95 EUR

Klappentext

Die Korrespondenz zwischen Hans Blumenberg und Jacob Taubes dokumentiert das inhaltsreiche und nicht ganz spannungsfreie Verhältnis zweier Intellektueller, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Auf der einen Seite Hans Blumenberg, der eines der eindrucksvollsten Gesamtwerke deutschsprachiger Philosophie des 20. Jahrhunderts geschaffen hat; auf der anderen Seite der Religionsphilosoph Jacob Taubes, der es wie kein Zweiter verstand, Intellektuelle unterschiedlichster Fachrichtungen miteinander ins Gespräch zu bringen. Der Briefwechsel setzt 1961 ein, als Taubes die Vertretung des Lehrstuhls für Judaistik am neu gegründeten Institut für die Wissenschaft des Judentums an der Freien Universität Berlin übernahm, und endet zwanzig Jahre später wiederum mit einem Brief von Taubes aus Frankfurt, in dem er Blumenberg berichtet, er habe auf der Buchmesse dessen "Die Lesbarkeit der Welt" entdeckt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.10.2013

Ein interessantes Zeitdokument erblickt Rezensent Micha Brumlik in dem nun vorliegenden Briefwechsel zwischen Hans Blumenberg und Jacob Taubes - auch wenn die Briefe in seinen Augen weniger "vom Leben des Geistes" zeugen. Im Mittelpunkt der Korrespondenz zwischen dem zurückhaltenden Blumenberg und seinem extrovertierten, die Öffentlichkeit suchenden Briefpartner sieht er eher Alltagssorgen sowie das Mühen um Anerkennung, Geltung, Publikations- und Aufstiegschancen. Als Leser findet sich Brumlik in der Position, die Hegel als "Kammerdienerblick" bezeichnet habe. Gleichwohl scheint ihm der Band durchaus nicht ohne: zum einen, weil er einen Einblick in die Ressentiments der Briefeschreiber gegen die kritische Theorie und insbesondere Adorno und den Kabbalaforscher Gershom Scholem ermöglicht, zum anderen, weil er ein Licht wirft auf Blumenbergs und Taubes' Umgang mit Denkern wie Carl Schmitt, die dem Nationalsozialismus nahe standen. Mit Lob bedenkt Brumlik die Sorgfalt von Martin Tremls und Herbert Kopp-Oberstebrinks Kommentierung der Briefe.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2013

Genau einen Satz fügt Martin Meyer zur Anlage des Bandes an seine Besprechung an. Anmerkungen, Quellen und Kommentare findet er "mustergültig". Lieber widmet sich der Rezensent dem Fleisch des Bandes, der akademischen wie privaten Korrespondenz zwischen Jacob Taubes und Hans Blumenberg aus den Jahren 161 bis etwa 1981. Hier entdeckt er inhaltlich, aber auch stilistisch Aufschlussreiches zu den beiden Freunden und späteren Kontrahenten, vermag die öffentliche von der privaten Äußerung bei Taubes zu unterscheiden (etwa in Sachen Achtundsechziger) und manche Provokation, aber auch manchen Jokus zwischen den Briefeschreibern erkennen. Hinter der Post tauchen laut Meyer Zeitgenossen wie Bourdieu, Adorno, Gadamer und Carl Schmitt auf und bereichern den Briefwechsel.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.09.2013

Mit dem Briefwechsel von Hans Blumenberg und Jacob Taubes ist ein faszinierendes Ringen zwischen zwei der einflussreichsten Intellektuellen der Nachkriegszeit erschienen, freut sich Alexander Cammann, Taubes, der Religionsphilosoph, der Weltenbummler, der Gott und die Welt zu kennen schien und ein unfassbares Gespür für das Talent anderer hatte, selbst aber wenig wissenschaftlich schrieb, Blumenberg, der geniale Stilist, der Lese- und Schreibwütige, dem Taubes' Unproduktivität und dessen moralisches Gehabe in der Öffentlichkeit zu schaffen machten - dieser Briefwechsel hat es in sich, verspricht der Rezensent. Ein Brief Blumenbergs sticht besonders heraus, findet Cammann. Taubes hatte zuvor über einen psychischen Zusammenbruch geklagt, der auf die Scheidung von Margherita von Brentano, seiner zweiten Frau, folgte. Blumenbergs persönliche Antwort: "Ich selbst wäre in meiner Arbeit viel zu empfindlich und ausgesetzt, als dass ich mir eine Existenz in anderen als konsolidierten Verhältnissen leisten könnte", zitiert der Rezensent. Diesem Brief gebührt ein Ehrenplatz in der deutschen Intellektuellengeschichte, meint Cammann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.09.2013

Fasziniert liest Oliver Müller diesen Briefwechsel als Zeugnis des intellektuellen und akademischen Klimas in der jungen Bundesrepublik. Er skizziert die beiden so unterschiedlichen Persönlichkeiten, den umtriebigen, moralisch nicht immer völlig standfesten Taubes und den hochgelehrten, aber auch reizbaren Blumenberg, die sich dennoch zu einem höchst inspirierenden Duo zusammenfanden, bei Suhrkamp die Reihe Theorie mitgestalteten und in der Uni-Politik mitmischten - immer wacker gegen den "heideggerianischen Strippenzieher" Hans-Georg Gadamer. Über die Edition der Briefe sagt Müller nicht sehr viel, aber man merkt seiner Rezension an, wie anregend er die Lektüre fand.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.08.2013

Der nun vorliegende Briefwechsel zwischen Hans Blumenberg und Jacob Taubes ermöglicht nach Ansicht von Hans-Martin Lohmann einige interessante Einblicke in den akademischen Betrieb der frühen Bundesrepublik sowie in die Verlagspolitik des Suhrkamp Verlags. Vor allem aber scheint der Band die nicht eben schmeichelhafte Meinung des Rezensenten über Taubes zu bestätigen. So nutzt er die Rezension dafür, seine Hochachtung vor dem Philosophen Blumenberg und sein Missfallen über den Religionswissenschaftler Taubes zum Ausdruck zu bringen. Die Einschätzung des Herausgebers Herbert Kopp-Oberstebrink im Nachwort, der Briefwechsel dokumentiere, dass Blumenberg und Taubes "sich in ihrer radikalen Verschiedenheit näher waren, als es scheinen mag" (Kopp-Oberstebrink) weist Lohmann mit aller Deutlichkeit zurück. Er sieht zwischen beiden Autoren vielmehr einen tiefen Abgrund. Während er die Disziplin, die Kompromisslosigkeit im Denken, die philosophische Größe Blumenbergs hervorhebt, kennt er Taubes (offensichtlich auch persönlich) vor allem als intellektuellen Hochstapler, als "Blender und Aufschneider, ein Windbeutel und Wichtigtuer in der Pose des Krawallmachers, der alles, nur kein Autor, erst recht kein Philosoph war".