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Rumänien ist stolz

Von Hilke Gerdes
10.10.2009. In Rumänien wird der Literaturnobelpreis für Herta Müller ausführlich gewürdigt.
Rumänien ist stolz auf seine Nobelpreisträgerin und begreift sie als Teil seiner Kultur

Für die kulturell und politisch wichtigen Wochenzeitschriften des Landes kam die Meldung zu spät, um auf die Nachricht von der Literaturnobelpreis-Verleihung an Herta Müller zu reagieren. Nur der Observator Cultural bringt in seiner Online-Ausgabe eine Presseerklärung des Polirom-Verlages, in dem die Werke Herta Müllers erscheinen, sowie ein hymnisches Grußwort ihrer rumänischen Übersetzerin Nora Iuga.

"Der Antikommunismus hat seit Donnerstag einen klingenden Namen" titelt der Cotidianul (www.cotidianul.ro) anlässlich der Nobelpreisverleihung an Herta Müller und sieht darin auch eine Ehrung rumänischer Literatur. Auch wenn, wie angemerkt wird, Müller das Land längst verlassen hat. Doina Uricariu bescheinigt der Dichterin eine kompromisslose Prosa scharf wie eine Guillotine. Ihre rumänischen Wurzeln, die bittere Milch, die sie aufgesogen habe im Banat, seien nicht zu verdrängen.

Romania Libera (www.romanilibera.ro) hält es für notierenswert, dass Herta Müller auch heute noch den rumänischen Ausdruck "hopa" benutzt, wenn ihr etwas aus der Hand fällt. Und berichtet auführlich über Reaktionen in Rumänien. So möchte der Bürgermeister ihres Geburtsortes sie zur Ehrenbürgerin machen. Die Zeitung zitiert den Präsidenten des rumänischen Schriftstellerverbandes (USR), Nicolae Manolescu, der Müller als Rumänin und die Preisverleihung auch als eine Anerkennung Rumäniens begreife.

Andere möchten nicht so weit gehen, sehen aber in der Preisverleihung auch eine Respekterweisung vor der durch Unterdrückung und Verfolgung gezeichneten Vergangenheit Rumäniens und Osteuropas.

Andrei Plesu, Gründer des New European College und der im Westen wohl bekannteste Intellektuelle Rumäniens, würde für Herta Müller den Nobelpreis für Menschlichkeit ausgelobt haben.

Jurnalul National hat in einem Gespräch mit Müllers rumänischem Übersetzer Alexandru Al. Saghian nach dem Rumänisch-Sein der Autorin gefragt. Saghian sieht dies jedoch als eine falsche Fragestellung. Es gehe um Diktatur und Verfolgung, nicht um Nationen, in ihren Werken. Kein in Rumänien lebender Schriftsteller habe es verstanden, darüber so genau und eindringlich zu schreiben wie Müller.

Hilke Gerdes