Edmund de Waal

Der Hase mit den Bernsteinaugen

Das verborgene Erbe der Familie Ephrussi
Cover: Der Hase mit den Bernsteinaugen
Zsolnay Verlag, Wien 2011
ISBN 9783552055568
Gebunden, 350 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Brigitte Hilzensauer. 264 Netsuke, Miniatur-Schnitzereien aus Holz und Elfenbein aus Japan, liegen in der Vitrine des britischen Keramikkünstlers Edmund de Waal, Nachkomme der jüdischen Familie Ephrussi. Wie sie dorthin gelangten, erzählt de Waal in einem Erinnerungsbuch, das vom Paris der Belle Epoque ins Wien des Fin de siecle führt und vom Tokio der 1950er Jahre über Odessa nach London. Die Ephrussi, einst an Reichtum und Einfluss den Rothschilds ebenbürtig, erlebten mit dem Anschluss 1938 den Niedergang - ihr gesamtes Vermögen wurde arisiert. Eine außergewöhnliche Familiengeschichte, eine Wunderkammer, eine Erkundung über Besitz und Verlust, über das Leben der Dinge und die Fortdauer der Erinnerung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.01.2012

Die Intensität, mit der Edmund de Waal, Erbe einer japanischen Tier- und Pflanzensammlung aus Holz, entfernter Verwandter des Kunstmäzens Charles Ephrussi, seine abwechslungsreiche Familiengeschichte anhand von Häschen und Kamel erzählt, zieht Renate Wiggershaus in den Bann. So sehr, dass sie uns das Buch geschwind zusammenfasst. Der Autor kann das aber besser, versichert sie glaubhaft. Plastisch, leidenschaftlich und viel detaillierter natürlich erzähle de Waal anhand von Dokumenten und Lektüren mal rasant, mal mit langem Atem.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.12.2011

Geradezu bezaubert wirkt Elisabeth von Thadden von Edmund de Waals Europa- und Familiengeschichte der jüdisch-russischen Bankiers-Familie Ephrussi und das Buch ist in ihren Augen sogar dazu angetan, das Vertrauen in das gerade so erschütterte Europa zu stärken. Der Autor, selbst letzter Spross der Ephrussis, stellt eine Sammlung von kostbaren, japanischen Elfenbeinminiaturen, sogenannter Netsukes, in das Zentrum seines Buches und spürt ihrem Schicksal von 1850 bis in die Gegenwart über Paris, Wien, London und Tokio nach, erfahren wir. Dabei steht immer ein Familienmitglied im Mittelpunkt, das weniger für finanzielle Erfolge, als für kulturellen Einfluss steht, so Thadden. Sie lobt das Buch für seine "Feinfühligkeit" und seine Genauigkeit, und sie kann im Verlauf der Wanderung der Netsuke-Sammlung von 1870 bis in die Gegenwart zum Autor wie sie schreibt beinahe körperlich nachempfinden, "was Europa bedeutet".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.12.2011

Edmund de Waal hat sich in "Der Hase mit den Bernsteinaugen" auf eine Reise in die komplexe Geschichte seiner jüdischen Familie begeben, und Rezensent Hans-Peter Kunisch ist ihm mit Freude gefolgt. Mit sanfter Neugier und viel Fantasie erzähle de Waal nicht nur die ebenso tragischen wie außergewöhnlichen Lebens- und Liebesgeschichten seiner einst einflussreichen jüdischen Familie, sondern verfolge in seiner Recherche insbesondere das Schicksal der Netsuke-Sammlung seines Urgroßonkel Charles Ephrussi, der die kleinen japanischen Schnitzereien aus Elfenbein in den 1870er Jahren in Paris erwarb. De Waal schildere seine Suche nach der Kunstsammlung - darunter auch Renoirs und Monets - mit Melancholie und "sachkundiger Sinnlichkeit", so der Kritiker, der hier auch einiges über "zähe" Restitutionsbestimmungen gelesen hat.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.09.2011

Edmund de Waals Erkundungen der eigenen Familiengeschichte haben Andreas Breitenstein tief beeindruckt und begeistert, und er liest aus ihnen trotz allem am Ende auch so etwas wie "Trost" durch die "Wiedereroberung der eigenen Geschichte" heraus. De Waal ist Keramikkünstler und Nachkomme der Ephrussis, einer aus Odessa stammenden französischen Bankiersfamilie, erklärt der Rezensent. Die Sammlung japanischer Miniaturschnitzereien seines Urgroßonkels Charles bietet dem Autor Erzähl- und Rechercheanlass, auf deren Spuren er Frankreich, Wien, Tokio oder Odessa bereist und minutiös seine Familiengeschichte erforscht. Breitenstein bewundert die Einfühlsamkeit, mit der sich der Autor in die Geschichte der Miniaturfiguren versetzt und sich durch ihre Genauigkeit auf kleinstem Raum in seiner detaillierten Spurensuche leiten lässt. Der Rezensent zeigt sich sehr berührt von dieser "Kartografie jüdischen Erinnerns", und es imponiert ihm, wie sich de Waal zwar immer wieder selbst in die Geschichte einbringt, zugleich aber auch sehr zurückzunehmen versteht. Es ist eine Erzählkunst, die gegen das Schicksal der Ephrussis, den "Irrwitz" ihrer Geschichte eindrucksvoll "Einspruch erhebt", schwärmt Breitenstein, bei dem das Buch damit fast so etwas wie ein Glücksgefühl auslöst.