Magazinrundschau - Archiv

Reflex

2 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 09.08.2016 - Reflex

Zu Milan Kundera, einem ihrer größten Autoren, haben die Tschechen ein gespaltenes Verhältnis - was auch daran liegen mag, dass seine neueren, auf Französisch geschriebenen Werke nicht auf Tschechisch vorliegen. Erstmals ist gerade Kunderas Roman 'Das Leben ist anderswo' von 1973 erschienen, weshalb Reflex dem Autor ihre aktuelle Ausgabe widmet. Unter anderem schreibt darin Kateřina Kadlecová: "Viele stören sich daran, dass Kundera die Übersetzungen seiner Werke ins Tschechische blockiert … Aber warum nehmen wir das nicht als Anreiz, sie in einer anderen Sprache zu lesen? ... Andere können ihm nicht verzeihen, dass er seine Heimat verleugnet, dass er nur selten und inkognito hierher reist. Wieder andere haben nicht vergessen, dass Milan Kundera einst Mitglied der KSČ war und sein Frühwerk - von dem er sich übrigens distanziert hat - ein Paradebeispiel stalinistischer Poesie ist." Und die meisten erinnern sich an die Affäre, welche der Historiker Adam Hradilek 2008 in der Zeitschrift Respekt ins Rollen brachte, als er Kundera die Denunziation eines Antikommunisten 1950 vorwarf (unser Resümee). "Wer sich auf dem Hintergrund dieser Affäre Kunderas Werk durchliest", schreibt Kadlecová, "stößt immer wieder auf Analogien dazu. Liest man in den Schlusspassagen von 'Das Leben ist anderswo' den Satz 'Ihr Sohn hat ihren Bruder angezeigt. Jetzt sind sie beide verhaftet' (und mit 'Ihr Sohn' ist die Hauptfigur gemeint, der Propgandadichter und schließlich Spitzel Jaromil) und trifft man im 'Buch vom Lachen und Vergessen' den Intellektuellen Mirek, den der Geheimdienst beobachtet und schließlich verhaftet, kommt man nicht umhin, am Ende womöglich zu glauben, dass an diesen Gerüchten doch ein bisschen mehr dran ist."

Magazinrundschau vom 12.05.2015 - Reflex

Die Tschechoslowakei hatte in kommunistischen Zeiten eine besondere Beziehung zu LSD, wie der Filmemacher Pavel Křemen im Gespräch mit Kateřina Kadlecová über seine Doku "LSD made in ČSSR" erzählt: "Wir waren, was die Herstellung von LSD und die Experimente damit angeht, eine echte Weltmacht." Viele bekannte Persönlichkeiten hätten damals mit der Droge experimentiert, von Karel Gott bis zum heutigen Staatspräsidenten Miloš Zeman. Die Staatssicherheit beobachtete systematisch die Experimente von Psychiatern, die LSD in Therapien anwendeten, und die Armee wollte LSD gar als Waffe einsetzen: "Die Droge wurde einem Stab sozialistischer Offiziere verabreicht und einem anderen Stab nicht, und dann sollten beide die gleichen Aufgaben bewältigen. Was denen unter LSD-Einfluss nicht so gut gelang." Křemen hat auch eine Theorie dafür, warum die Droge in seinem Land so viel Anklang hatte: "Als Atheisten sehnen wir Tschechen uns traditionell nach einer Spiritualität, die uns Gott, das Geistige, ersetzen kann. Schon unter Rudolf II. wurde in unserem Land ständig irgendein Gebräu erfunden und gemixt. Und im Falle von LSD meinten offenbar viele hochstehenden Menschen, den richtigen Weg gefunden zu haben."