Magazinrundschau - Archiv

Grantland

4 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 11.08.2015 - Grantland

Da nimmt ein ganz Großer seines Fachs den Hut: Mit Jon Stewarts Abschied aus der Daily Show geht ein Stück amerikanischer, im Zeitalter von Onlinestreaming tatsächlich aber auch globaler Fernsehgeschichte zu Ende - und dies mit einer rundum gelungenen, eher von Freude als von Kummer geprägten letzten Episode, wie Andy Greenwald glücklich festhält. "Zu tun hat das teilweise auch mit dem Fakt, dass Stewart nicht von irgendwem vor die Tür gesetzt wird - sondern von sich selbst. ... Statt sich weiter abzurackern, kann Stewart in dem gesicherten Wissen die Bühne verlassen, dass sein Erbe an eine sehr spezifische und sehr eigene Phase im amerikanischen Leben gebunden ist. Seine erste Show begann mit einem Witz über Monica Lewinsky; seine letzte Woche fand im Schatten von Donald Trumps Haaren statt. Doch zwischen diesen beiden Witzfiguren gab es genügend Katastrophen. Für Leute meiner Generation, die in den verhältnismäßig gesetzten 80ern und 90ern aufgewachsen sind, war Stewart der essenzielle Hirte in einer Post-9/11-Welt, in der mit einem Mal das Undenkbare das Unausweichliche wurde. Und auch wenn Stewart selbst zur Maschinenstürmerei neigt (...) nahm seine lärmende Zersetzung eines Generationen andauernden, von oben herab argumentierenden Journalismus das Internetzeitalter vorweg und formte es."

Magazinrundschau vom 23.12.2014 - Grantland

Einst Teil des Filmgeschäfts, stellen Blockbuster heutzutage das Filmgeschäft per se dar, schreibt Mark Harris in einem sehr lesenswerten Hintergrundartikel. Die fast schon nach stalinistischer Planwirtschaft riechenden Ankündigungen der großen Studios, bis 2020 fast ausschließlich Sequels bestens etablierter Franchises und Comicverfilmungen zu produzieren, stellen nicht nur ein filmhistorisches Unikum dar, sondern markieren seiner Ansicht nach auch eine Zeitenwende: Aus dem Versuch, Publikumsgeschmäcker auf Jahre hin zu zementieren, spricht für ihn die blanke Angst vor dem eigenen Untergang. "Es handelt sich dabei um einen Schutzwall, der ausschließlich mithilfe jener Werkzeuge errichtet wurde, die die Verantwortlichen behaglich finden - Tabellenkalkulationen, Gewinn- und Verlustrechnungen, demografische Studien, Risikovermeidungsstrategien und ein Kalender. Aus diesen Auflistungen spricht keinerlei ersichtliche Liebe für Filme, geschweige denn eine Freude am kreativen Risiko. Lediglich Furcht davor, zu verlieren. ... Geschmeidigkeit sollte man doch für eine Tugend halten, nicht wahr? Die Fähigkeit, sich den Zeiten anzupassen und sich nicht darauf zu versteifen, dass man die sich wandelnden Vorlieben des eigenen Zielpublikums für etwas hält, was es zu verhindern oder zu überrollen gilt, sollte eigentlich für ein lebendiges und überraschendes Angebot sorgen. So war das immer. Doch diese Sorte kultureller Anpassungsfähigkeit ist etwas, was die Fädenzieher der gegenwärtigen Filmkultur aktiv vermeiden wollen."

Im New Yorker antwortet Richard Brody auf Harris" Kritik und streicht dabei heraus: "Kritiker und Journalisten machen häufig den für die eigene Sache zwar dienlichen, sich dabei aber auch selbst belügenden Fehler, im wesentlichen nur über jene Filme zu schreiben, die das größte Publikum erreichen (oder dies wahrscheinlich tun werden oder nur zu diesem Zweck gestaltet sind), in der Annahme, damit auch ihre eigene Popularität und Relevanz zu sichern. ... Filme sind heute wilder, kühner, origineller als jemals zuvor."

Magazinrundschau vom 22.10.2013 - Grantland

"Harvey mit den Scherenhänden" wird Studioboss Harvey Weinstein in Hollywood für seine berüchtigten Eingriffe beim Filmschnitt genannt. Seine kreativen Kriege, etwa mit Martin Scorsese und Billy Bob Thornton, sind legendär - und der Erfolg gibt ihm recht. Dass sich die Interventionen positiv auf die Qualität der Filme auswirken, wagt Karina Longworth allerdings zu bezweifeln. So soll Weinstein beispielsweise standardmäßig die Kürzung eines Films um zwanzig Minuten verlangen: "'Zwanzig Minuten' scheint eine magische Zahl für Harvey zu sein, geradezu eine Zwangsneurose... In Zeiten, in denen die größten Kassenerfolge der letzten drei Jahre immer über zwei Stunden lang waren, macht die Kürze einen Film nicht kommerzieller. Aber indem er die Handschrift des Regisseurs untergräbt, kann sich Harvey als der wahre Mächtige fühlen, und das braucht er, um seinen magischen Einfluss auf einen Film zu entfalten." (Gerade beklagte sich der Regisseur Olivier Dahan in Liberation bitter, dass Weinstein seinen Film über Grace Kelly umschneidet.)

Magazinrundschau vom 18.09.2012 - Grantland

Nachdem bereits die Scrabble-Community durch einen Betrugsfall erschüttert wurde (hier der Bericht in der New York Times), hat es jetzt auch die Schachwelt erwischt: In den USA wurde ein Schüler erwischt, der auf einem zugelassenen PDA Schummel-Software installiert hatte, berichtet Dave McKenna: "Clark Smiley ist der erste überführte Spieler, der ein zugelassenes Softwareprogramm zum Schummeln nutzte. Der US-Schachverband versucht nun exakt zu rekonstruieren, wie Smiley es anstellte. Die Antwort dürfte nicht nur seine Bestrafung, sondern auch die Zukunft von Computern in Schachwettbewerben bestimmen." (Schachfreunden sei noch dieser Text aus Wired empfohlen, der erklärt, wie komplex das Spiel eigentlich ist: in einer durchschnittlichen 40-Zug-Partie gibt es mehr mögliche Positionen als Atome in unserem Universum.)
Stichwörter: Scrabble