Clemens J. Setz

Indigo

Roman
Cover: Indigo
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783518423240
Gebunden, 479 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Im Norden der Steiermark liegt die Helianau, eine Internatsschule für Kinder, die an einer rätselhaften Störung leiden, dem Indigo-Syndrom. Jeden, der ihnen zu nahe kommt, befallen Übelkeit, Schwindel und heftige Kopfschmerzen. Der junge Mathematiklehrer Clemens Setz unterrichtet an dieser Schule und wird auf seltsame Vorgänge aufmerksam: Immer wieder werden Kinder in eigenartigen Maskierungen in einem Auto mit unbekanntem Ziel davongefahren. Setz beginnt, Nachforschungen anzustellen, doch er kommt nicht weit; er wird aus dem Schuldienst entlassen. Fünfzehn Jahre später berichten die Zeitungen von einem aufsehenerregenden Strafprozess: Ein ehemaliger Mathematiklehrer wird vom Vorwurf freigesprochen, einen Tierquäler brutal ermordet zu haben.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2012

Clemens J. Setz' neuer Roman "Indigo" ist mit Sicherheit der Grausamste dieser Literatursaison, glaubt Rezensent Jens Jessen, der dieses "Meisterwerk" gerade deshalb empfehlen kann. Dennoch warnt der Kritiker vor den Kopfschmerzen, die die Lektüre bereiten könne. Gründe dafür sieht er zum einen in dem "provokativen" Thema des Romans: Die von zahlreichen Erziehungsratgebern aufgegriffene Behauptung einer Amerikanerin, sie habe bei einigen verhaltensauffälligen Kindern eine indigofarbene Aura wahrgenommen, veranlasste den Autor, so der Rezensent, zu seiner mit Science-Fiction-Motiven angereicherten Geschichte um eine Gruppe von empfindungslosen Kindern, die bei ihrer Umwelt Übelkeit, Erbrechen und Migräne auslösen und deshalb in finsteren Laboren von der Außenwelt abgeschnitten werden. Zum anderen gelingt es Setz, den der Kritiker für einen "Meister der Rezeptionspsychologie" hält, derart mit Fiktionen und Fragmenten zu spielen und eine solche nie ganz aufgelöste Spannung aufzubauen, dass Jessen die Wirkung geradezu unangenehm körperlich zu spüren glaubt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.10.2012

Roman oder Rätsel? Das scheint die Frage zu sein, mit der sich der Leser des neuen Romans von Clemens J. Setz zu befassen hat. Georg Renöckl entscheidet sich für ersteres. All den im Text verborgenen intellektuellen Spielereien, Geheimnissen, Einfällen und Imitationen hinterherzujagen, scheint ihm nicht nur bald zu mühsam, sondern auch in die falsche Richtung zu führen. Der Text um die fiktiven Indigo-Kinder, die ihre Mitmenschen durch bloße Anwesenheit nachhaltig schädigen können, ist für Renöckl weder Krimi noch Science Fiction noch irgendein anderes Genre ausschließlich, sondern ein bisschen von allem, geheimnisvoll, verunsichernd und, ja, das muss Renöckl zugeben, auch ein wenig zu viel mit all seiner Intertextualität und rätselhaften Beiläufigkeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.09.2012

Hin- und hergerissen ist Martin Halter von Clemens J. Setz' für den deutschen Buchpreis nominierten Roman "Indigo". Einerseits staunt er über den Erfindungsreichtum der Geschichte um Kinder, die bei jedem, der mehr als ein paar Sekunden in ihrer Nähe verbringt, Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit auslösen, und darüber, wie Setz die Beschreibung immer wieder "haarscharf an der 'Wirklichkeit' vorbeischrammen" lasse. Andererseits wird es dem Rezensenten mit der "kunstreich verzettelten Geheimniskrämerei" dann irgendwann doch zu viel. Den Hype um den jungen österreichischen Autor, den er selbst mit Kafka und andere mit Thomas Pynchon und David Foster Wallace vergleichen, wie er berichtet, kann der Rezensent nachvollziehen, doch scheint ihm für Setz' übersprudelnde Fantasie die kürzere Form der Erzählung doch besser geeignet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.09.2012

Als wäre es nicht genug, einfach super Literatur zu schreiben und in Interviews seine Nerdness gekonnt zur Schau zu stellen, muss der Autor auch noch einen Literaturstreit provozieren, wie der Rezensent es sich wünscht? Muss er nicht. Soll sich Jan Wiele einfach mit dem Text zufrieden geben, der ihm ja auch sichtlich gefällt. Als irrwitziger metafiktioneller Montageroman, der Fakten und Fiktion systematisch aufwendig durcheinanderwirft, den Leser damit mitunter sehr vergrätzt, dann wieder wunderbar unterhält und zum Lachen bringt. Kafka, Pynchon und Robert Walser, wie es Wiele macht, muss man gar nicht bemühen, um zu erkennen: dieses Buch macht sich ganz gut auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.09.2012

Angetan zeigt sich Eva Behrendt von Clemens J. Setz' schwindelerregend verwickelten Roman "Indigo". Die komplexe Geschichte um den Mathematiklehrers Clemens Setz, der über seine Recherchen zu sogenannten Indigo-Kinder, die in ihrer Umgebung Krankheitssymptome wie Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwindel und Erblinden auslösen, zunehmend verrückt wird, ist für sie ein gelungenes Spiel mit der Fiktion und Wirklichkeit und mit den Grenzen des menschlichen Verstands. Dem Autor gelingt es in ihren Augen bestens, eine beklemmende, unheimliche Atmosphäre zu schaffen. Unter dem Aspekt der Komposition beschreibt sie den Roman als Collage und permanentes Rätsel. Und so fühlt sie sich als Leserin wie in einem Labyrinth, in dem sie immer wieder in Sackgassen gerät, gerade wenn sie meint, verstanden zu haben und auf der richtigen Spur zu sein. Behrendt versichert, dass das Buch bei ihr buchstäblich körperliche Wirkungen gezeigt, nämlich Kopfschmerzen und Schwindel ausgelöst hat, und sie möchste dies ausdrücklich als Kompliment verstanden wissen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.09.2012

Den "Außerirdischen der deutschsprachigen Literatur" sieht Helmut Böttiger in Clemens J. Setz, dessen neuer Roman "Indigo" jetzt vorliegt. Er attestiert dem Autor, gekonnt mit Genre-Elementen des Fantasy- und Science-Fiction-Romans zu spielen und den Leser in rätselhafte Geschichten zu verstricken. Die komplexe, auf verschiedenen Zeitebenen angesiedelte Handlung um eine Reihe von Kindern mit dem mysteriösen Indigo-Syndrom, dessen Ursache ein Mathematiklehrer namens Clemens Setz herausfinden will, scheint ihm ziemlich aberwitzig, aber doch auch faszinierend. Und wie der Autor Clemens J. Setzt die Figur des Mathematiklehrers Clemens Setz gestaltet, zeugt in seinen Augen für Selbstironie. Allerdings sind es Böttiger irgendwann doch etwas zu viele "kokett gekokste Intertext-Interferenzen" und ermacht ein "Konstruktionsproblem" aus, das für ihn letztlich auch die eingesetzten Effekte ihre Wirkung verlieren lässt.
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