Carolin Emcke

Gegen den Hass

Cover: Gegen den Hass
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016
ISBN 9783103972313
Gebunden, 240 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

In der zunehmend polarisierten, fragmentierten Öffentlichkeit dominiert vor allem jenes Denken, das Zweifel nur an den Positionen der anderen, aber nicht an den eigenen zulässt. Diesem dogmatischen Denken, das keine Schattierungen berücksichtigt, setzt Carolin Emcke ein Lob des Vielstimmigen, des "Unreinen" entgegen - weil so die Freiheit des Individuellen und auch Abweichenden zu schützen ist. Allein mit dem Mut, dem Hass zu widersprechen, und der Lust, die Pluralität auszuhalten und zu verhandeln, lässt sich Demokratie verwirklichen. Nur so können wir den religiösen und nationalistischen Fanatikern erfolgreich begegnen, weil Differenzierung und Genauigkeit das sind, was sie am meisten ablehnen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.10.2016

Rezensent Uwe Justus Wenzel entdeckt im Buch der Reporterin Carolin Emcke mehr als eine Selbstermunterung der Zivilgesellschaft zur richtigen Zeit, nämlich erste Umrisse einer sozialphilosophischen Theorie der Demokratie. Wie Emcke den Terror des IS, den institutionellen Rassissmus in den USA, vor allem aber die Jagdszenen in Sachsen und anderswo in Deutschland in den Blick nimmt und als Gegengift eine Art elementare Nächstenliebe vorschlägt, die genau hinsieht, differenziert und immer wieder zweifelt, scheint Wenzel nicht immer neu, aber doch wiederholenswert. Auch wenn die Autorin keine Antwort auf die Frage gibt, wie Menschen zu erreichen sind, die eben nicht unterscheiden, sondern gegen Kollektive pöbeln - das Loblied auf den Pluralismus im Buch und Emckes mitunter persönliche Worte machen die Lektüre für Wenzel empfehlenswert.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.10.2016

Mit gemischten Gefühlen hat Rezensent Adam Soboczynski Carolin Emckes Plädoyer "Gegen den Hass" gelesen. Der Kritiker kann sich kaum vorstellen, dass linksliberale, intellektuelle Leser irgendetwas an den hier leidenschaftlich vertretenen ethischen Werten und Normen auszusetzen haben könnten. Allerdings muss er auch gestehen, dass ihm Emckes Dekonstruktionen von Vorstellungen von Homogenität, Natürlichkeit oder Reinheit wie Referate aus Proseminaren der achtziger und neunziger Jahre erscheinen. Vor allem aber bemängelt der Rezensent, dass an keiner Stelle konkrete politische oder gesellschaftliche Lösungsansätze benannt und überhaupt harte Fakten und die soziale Frage gänzlich ausgespart werden. Emckes Schilderungen der Krawalle im sächsischen Clausnitz oder ihre Darstellung eines rassistischen Polizeieinsatzes auf Staten Island in New York findet der Kritiker jedoch ebenso brillant wie "berührend".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.10.2016

Dass Rezensentin Christiane Müller-Lobeck die Vergabe des Friedenspreises an Carolin Emcke für eine eher schwache Entscheidung hält, daraus macht sie kein Geheimnis. Auch Emckes neuer Essay, eine Antwort auf den Rechtspopulismus in Deutschland, trage den selben bildungsgetränkten Anstrich wie vorangegangene Veröffentlichungen und einen derart pathetisch ernsten Grundton, dass jeder Ironie, jeder Pointe die Luft abgeschnürt werde. Dabei sei es doch gerade der Humor, dessen wichtige Rolle in einer wünschenswerten Kulturlandschaft und im Umgang mit heterogenitätsfeindlichen Kräften die Autorin unterstreiche. Das Wissen, das der Arbeit zugrunde liegt, wirke zusammengestückelt, Emckes Vorschläge und Lösungsansätze seien uninspiriert, bestensfalls "leicht abzunicken" und ihre Thesen undifferenziert und nicht sonderlich erhellend. Alles in allem etwas schwach auf der Brust, meint die gelangweilte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 17.10.2016

Es stehen viele richtige und löbliche Dinge über den Hass und seine Mechanismus in Carolin Emckes Buch, räumt Peter Praschl ein: Dass Hass nicht vom Himmel fällt, sondern geschürt wird, dass er seine Objekte so lange dämonisiert, bis er sich gerechtfertigt wähnt, dass man ihn nicht mit Gegen-Hass bekämpfen kann. Trotzdem hält der Rezensent das Buch für ein bisschen wohlfeil: Wer könnte dem Hass schon etwas Positives abgewinnen? Und wenn er es täte, würde er Emckes Essay lesen, der so wackelfest mit Zitaten von Eribon, Derrida und Goethe "möbliert" ist? Praschl fürchtet, dass das Buch eher der moralischen Selbstvergewisserung seiner Leser dient als der Minderung von Hass.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.2016

Patrick Bahners erkennt mit Carolin Emcke, dass das Eigenlob über erbrachte Toleranz stinkt. Die diesjährige Trägerin des Friedenspreises erklärt Bahners Fremdenhassausbrüche und bindet laut Rezensent politische Sprachhandlungen zurück an die Erfahrungen normaler Kommunikation. Wenn Emcke dabei auf ihre Erfahrungen als homosexuelle Frau zurückgreift, kann Bahners lernen, wie wenig die Stabilität eines Gemeinwesens mit der Homogenität der Bevölkerung zu tun hat. Stattdessen wird die Demokratie bei Emcke durch die Verletzlichkeit des Einzelnen begründet. Für Bahners eine bemerkenswerte Antwort.
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