Bartholomäus Grill

Wir Herrenmenschen

Unser rassistisches Erbe: Eine Reise in die deutsche Kolonialgeschichte
Cover: Wir Herrenmenschen
Siedler Verlag, München 2019
ISBN 9783827501103
Gebunden, 304 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Mit zahlreichen Abbildungen. Die deutschen Kolonien - dieses Kapitel unserer Geschichte ist beunruhigend aktuell, wie Bartholomäus Grill zeigt. Und das nicht nur im Bewusstsein der Afrikaner selbst (etwa der Nachfahren der Herero, die heute Entschädigung für Gräueltaten der Deutschen fordern). Sondern auch in unseren eigenen Köpfen. Grill hat in den letzten drei Jahrzehnten an allen Schauplätze des ehemaligen Kolonialreichs recherchiert, er hat mit den letzten Augenzeugen gesprochen, den Nachkommen von Tätern wie Opfern. Er verfolgt akribisch die Spuren der deutschen Fremdherrschaft in Afrika, China und der Südsee und beschreibt unser rassistische Erbe: Das Herrenmenschentum prägt nach wie vor unser Denken, die Klischees von den "bedrohlichen Afrikanern" oder "hilflosen Entwicklungsländern" wirken fort, gerade in Zeiten verstärkter Flucht und Migration.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.07.2019

Wolfgang Benz erkennt in dem Buch des Afrika-Korrespondenten Bartholomäus Grill einen Katalog nicht aufgearbeiteter Schuld. Die Lektüre empfiehlt er Politikern und Interessierten, die sich über unser koloniales Erbe informieren wollen. Grills Zugriff auf das Thema gefällt Benz, denn der Autor weiß journalistische Tugenden mit persönlichem Zorn zu verbinden, einen entschiedenen Standpunkt mit genauer Recherche, meint Benz. Die dreizehn Texte über die Machenschaften deutscher Sadisten und Machtmenschen wie Jesko von Puttkamer und Carl Peters in Afrika treiben Benz noch heute die Schamesröte ins Gesicht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.06.2019

Andreas Eckert, selbst Professor für afrikanische Geschichte blickt zunächst auf eine Debatte zurück, die ein Spiegel-Artikel des langjährigen Afrika-Berichterstatters Bartholomäus Grill vor ein paar Jahren auslöste. Damals schrieb er, erinnert Eckert, dass der Begriff "Genozid" vielleicht nicht angemessen sei für den Krieg der Deutschen gegen die Völker der Herero und Nama in der ehemaligen deutschen Kolonie Namibia. Außerdem habe Grill einem üblen "kolonialapologetischen" Revisionisten auf unkritische Weise in jenem Artikel viel Platz eingeräumt. In diesem Buch, so Eckert, der offenbar zu den Kritikern Grills gehört, versuche Grill nun, "seine Sicht auf nicht ganz überzeugende Weise noch einmal zu rechtfertigen". Andererseits aber, und das mache natürlich den größten Teil des Buches aus, vermittle er flüssig die Geschichte des deutschen Kolonialregimes, das von "Gewalt, Ausbeutung, Willkür und Rassismus" wesentlich geprägt war. Die neu entflammte Debatte um die in Museen ausgestellten, gestohlenen Objekte sei natürlich nur ein sehr kleiner Teil einer notwendigen Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte, meint Eckert, und ist Grill insofern dankbar für seine gründliche Auseinandersetzung.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 08.06.2019

Rezensent Alan Posener hat sich über "Wir Herrenmenschen" von Bartholomäus Grill geärgert: Was seiner Meinung nach ein "informatives Buch über die deutsche Kolonialpolitik hätte werden können", verkommt hier wegen Grills undifferenzierter Kritik an einem generellen westlichen Kolonialismus zu einer tendenziösen Verurteilung der Idee eines einheitlichen Imperialismus, moniert der Kritiker. Diesen gibt es in den Augen des Rezensenten als westliche Grundhaltung jedoch nicht. Posener würde Grill gerne die ideologische Brille abnehmen, die ihm seiner Meinung nach die Lektüre "halbseidener Denker wie Frantz Fanon, Edward Said und Achille Mbembe" eingebracht hat.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 14.05.2019

Sonja Ernst folgt Bartholomäus Grill auf Spurensuche durch die deutsche Kolonialgeschichte. Mit einer Mischung aus Analyse und Reportage bringt der Autor ihr Einzelheiten der kolonialen Schreckensherrschaft unter Lothar von Trotha in Namibia und Jesko von Putkamer in Kamerun nahe. Der Rassismus und die Gewalt der Kolonialherrschaft werden Ernst dabei deutlich. Allerdings sieht sie das Buch auch in Schräglage, wenn sich der Autor mit seiner relativierenden Haltung zur zur Völkermordfrage in Namibia gegen die internationale Historikermeinung stellt. Besser gefallen ihr die anschaulich geschilderten persönlichen Begegnungen des Autors mit Zeitzeugen und Orten. Hier wird ihr die Verbindung zwischen dem heutigen, weiterhin kolonialen Blick auf Afrika und der Geschichte offenbar.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.04.2019

Rezensent Andreas Kilb bekommt beim Afrika-Kenner Bartholomäus Grill Anschauung pur. Wenn der Autor den Spuren deutscher Kolonialgeschichte auf dem Kontinent folgt, ist er immer nah dabei - bei Begegnungen mit Stammeschefs und Landmarks des Kolonialkriegs 1904-1908. Dem Autor und seiner auf eigener Anschauung fußenden Darstellung vertraut Kilb fast blind. Die Widerlegung des Märchens vom Kolonialidyll gelingt laut Kilb durch starke Bilder und einprägsame Schilderungen. Wenn der Ton im Text bisweilen etwas postkolonial schrill wird oder der Autor einen nervösen Kleinkrieg mit Jürgen Zimmerer über die Frage führt, ob die Deutschen in Namibia einen Genozid verschuldet haben oder nicht, hofft Kilb nur, dass es die Leser nicht vergrault. Als Beitrag zur aktuellen Debatte um die Rückgabe kolonialer Kulturgüter taugt der Band seiner Meinung nach nämlich recht gut.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 14.03.2019

Günther Wessel erkennt in Bartholomäus Grills Reiseberichten aus Afrika, China und der Südsee mehr als die genaue, selbstkritische Darstellung deutscher Kolonialpolitik. Als Appell, Menschen unabhängig von Hautfarbe und Kultur als Menschen zu sehen, taugt ihm der Band auch. Die Spuren deutscher Kolonialgeschichte, die der Autor u. a. bei der Begegnung mit Menschen und Alltagsgeschichte aufliest, sind Wessel zwar weitgehend bekannt, wertvoll findet der Rezensent jedoch, wie unnachgiebig Grill das (nach)koloniale Denken seziert und reflektiert.