Marion Koeppen, Wolfgang Koeppen

'Trotz allem, so wie Du bist'

Briefe
Cover: 'Trotz allem, so wie Du bist'
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008
ISBN 9783518419779
Gebunden, 457 Seiten, 32,80 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Anja Ebner, mit einem Nachwort von Hans-Ulrich Treichel. Über einen Zeitraum von sechsunddreißig Jahren schrieb Wolfgang Koeppen Briefe an seine um einundzwanzig Jahre jüngere Frau Marion. Es sind berührende Dokumente der Liebe und Fürsorge, aber auch der Angst und Resignation, und sie tauchen Marion Koeppen in ein völlig neues Licht. Denn anders als bisher wahrgenommen, erscheint in diesen erstmals veröffentlichen Briefen nicht die alkoholkranke Ehefrau als Ursache für die anhaltende Schreibkrise, sondern sie werfen die Frage auf: Ist es nicht Marion, der Wolfgang Koeppen Inspiration und Anregung verdankt, und hat sein literarisches Verstummen nicht ganz andere als private Gründe? Koeppens Briefe und die erhaltenen Gegenbriefe der Ehefrau zeigen eine belastete, aber dennoch unauflösbare Verbundenheit. Außerdem eröffnet dieser Briefband einen neuen Blick auf das Verhältnis zwischen Koeppen und seinen Verlegern, sei es nun Henry Goverts, Alfred Andersch oder Siegfried Unseld.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.02.2009

Die Passagen in diesem "traurigen" Buch, die um Wolfgang Koeppens Werk kreisen (Reisebeschreibungen, ein Essay zu Joseph Breitbach ...), entgehen Lothar Müller nicht. Gegenüber dem in den Briefen nachzuvollziehenden Drama der Alkohol- und Tablettensucht von Koeppens Frau Marion allerdings erscheinen sie Müller jedoch unterlegen. Was die Philologie hier mustergültig gründlich, wie Müller anerkennt, zu Tage fördert, erinnert den Rezensenten an Koeppens Briefwechsel mit seinem Verleger. Auch dort, erklärt Müller, erscheint die delirierende Ehefrau als "Rivalin der Literatur".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.11.2008

Gemischte Gefühle hat dieser Briefwechsel von Wolfgang Koeppen und seiner Frau Marion bei Oliver Vogel ausgelöst. Ein wenig hat er beim Lesen das Gefühl, "eine Indiskretion zu begehen", dokumentieren die Briefe doch die "zerstörerische Beziehung" zwischen dem Schriftsteller und seiner alkoholkranken Frau. Die Vermutung allerdings, Koeppen habe wegen seiner Frau nach seinen drei großen Romanen "Tauben im Gras", "Das Treibhaus" und "Der Tod in Rom" keinen weiteren Roman mehr schreiben können, sieht er durch die Briefe nicht bestätigt. Er lobt in diesem Zusammenhang das "kluge" Nachwort von Hans-Ulrich Treichel, der dies ebenfalls überzeugend darlegt. Von Literatur und vom Schreiben ist in diesem Band seines Erachtens so gut wie nicht die Rede. Stattdessen stellt sich der Briefwechsel für ihn als ein stellenweise "fast unerträglich intensives Dokument einer Verzweiflung" dar. Darüber hinaus aber - und das macht für ihn diese Veröffentlichung trotz der allzu privaten Einblicke verdienstvoll - würdigt er den Band auch als ein "Zeugnis und Quelle für eine Mentalitätsgeschichte der Bundesrepublik".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.11.2008

"Will man, darf man das lesen?", fragt Rezensent Rolf Michaelis angesichts des intimen Briefwechsels zwischen Wolfgang Koeppen und seiner Frau, um sogleich zu antworten, dass es richtig sei, "diese Schreie" zu hören, da sie erklärten, unter welch qualvollen Bedingungen Koeppens großartiges Werk, seine "gleißenden Texte" entstanden seien. Grund der Beschämung ist der intime Ton, wie Zitate in der Rezension nahelegen. Aber auch die extreme, "liebevoll-zerstörerische" Beziehung zwischen dem Autor und seiner jungen Frau selbst, die da in schonungloser Deutlichkeit aus den Briefen heraufsteigt, und deren "bedrückende Teilnahme" diese Texte dem Leser ermöglichen, der gleichzeitig zum Zeugen der emotionalen Finsternis in der Nachkriegszeit wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.10.2008

Rezensent Heinrich Detering fühlt sich grässlich bei der Lektüre dieses Briefwechsels. Klar hat er ein philologisches Interesse, aber die Intimität dieser Briefe, die nie für die Öffentlichkeit bestimmt waren, geben ihm das Gefühl, doch nur ein schmutziger Voyeur zu sein. Er schämt sich - und muss doch lesen: Über Marions lesbische Neigungen, ihre Drogensucht, das Ringen mit der Depression und die Erschöpfung beider bis hin zu Selbstmordgedanken. Aber eben auch Koeppens Reiseschilderungen - die man genauso gut auch als eigenen Band hätte herausgeben können, meint er. Ein Grund für diese Herausgabe der Briefe könnte sein, dass sie den "existentiellen Ernst" von Koeppens Konflikten belegen. Ein weiterer Grund wäre die Dokumentation von Koeppens Schwierigkeiten, einen Roman zu schreiben. Aber so richtig zu rechtfertigen scheinen ihm dies alles den dargebotenen Blick "ins Innerste eines fremden Lebens" nicht. Der philologische Kommentar dazu sei allerdings "vorzüglich".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.08.2008

Mit gemischten Gefühlen hat Rezensentin Dorothea Dieckmann den Briefwechsel zwischen dem Dichter Wolfgang Koeppen und seiner Frau Marion aufgenommen. Von Abstieg, Alkoholismus und Abhängigkeit erzählen die Briefe, deren "bestürzende Intimität" Dieckmann eher verwirren. Bedeutung erlangt die Korrespondenz der beiden Eheleute aus Sicht der Rezensentin hauptsächlich als Zeugnis eines "verzweifelten Lebens", sowie als Dokument der "Vermarktung dieses verzweifelten Lebens". Hartnäckig habe sich der Suhrkamp-Verlag über Jahrzehnte hinweg bemüht, literarisch Verwertbares des Autors zu veröffentlichen, der seit der Produktion seiner frühen Romane unter einer Schreibhemmung litt, berichtet Dieckmann. In diesem Lichte sei auch die Erscheinung des vorliegenden Bandes zu lesen. Den biografischen Wert erkenne man daher erst auf den zweiten Blick: Die Aufzeichnungen legten den Verdacht nahe, dass Marion dem Dichter als eine Art Legitimation seiner Schreibblockade gedient habe, schlussfolgert Dieckmann, oder pointierter: in ihr habe Koeppen seine "Muse des Schweigens" gefunden.