Alon Hilu

Das Haus der Rajanis

Roman
Cover: Das Haus der Rajanis
C.H. Beck Verlag, München 2011
ISBN 9783406612879
Gebunden, 354 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Hebräischen von Markus Lemke. August 1895: Ein Schiff mit jüdischen Siedlern erreicht den Hafen von Jaffa, unter ihnen der junge Agrarwissenschaftler Isaac Luminsky mit seiner schönen Frau Esther - frisch verheiratet und voller Zukunftserwartungen. Doch bereits der erste Kontakt mit den palästinensischen Arabern verläuft unglücklich: Esthers Koffer landen im Wasser. Isaac freundet sich mit dem zwölfjährigen muslimischen Salach Rajani an, der verträumt, mitunter etwas verstört auf dem weitläufigen Familienanwesen am Stadtrand abgeschottet aufwächst. Mehr und mehr interessiert sich Isaac allerdings für dessen attraktive Mutter Afifa und das fruchtbare Land der Rajanis. Die Ereignisse überschlagen sich, als der Vater des Jungen nach langer Geschäftsreise zurückkehrt, Salach seine Mutter und Isaac in flagranti erwischt und die arabischen Arbeiter vom Land der Familie vertrieben werden. Freundschaft schlägt in Hass um, Salachs geistige Verwirrung nimmt zu, die Grenzen zwischen Realität und Phantasie verschwimmen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.08.2011

Rezensentin Stefana Sabin kommt es vor allem auf die politische Bedeutung dieses Buchs an, das aus zwei verschiedenen Perspektiven von der jüdischen Besiedlung Palästinas erzählt: Aus Sicht des  Einwanderers Isaac Luminsky, der sich optimistisch und tatkräftig an das zionistische Projekt macht, und aus Sicht des palästinensischen Jungen Salach, der sich vor den wachsenden Problemem in Melancholie und Fantastereien flüchtet. Sabin berichtet von dem Aufsehen, dass der Autor Alon Hillu erregt hat, als er beim Empfang des Sapir Prize for Literature das palästinensische Wort Naqba benutzte, womit die Palästinenser die Katastrophe meinen, die Vertreibung der Palästinenser 1948 bezeichnen (Sabin benutzt den Begriff allerdings auch schon für die jüdische Besiedlung). Daraufhin wurde ihm der Preis prompt wieder entzogen. Sabin hofft, dass der Roman Erfolg darin haben wird, die israelische Sicht auf die Geschichte zu verändern, die bisher das palästinensische Schicksal weithin ausklammerte, woran ihrer Einschätzung nach auch die Neuen Historiker nicht viel geändert haben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.03.2011

Nur nicht die Bitterkeit der Geschichte unterschätzen, rät uns Hans-Peter Kunisch mit Blick auf die Orangen auf dem Buchumschlag. Nicht halb so süffig, wie das Cover suggerieren mag, scheint ihm Alon Hilus Palästinenser-Geschichte aus der Zeit vor der Gründung Tel Avivs. Für Israel ist sie purer Sprengstoff. Kunisch aber verlegt sich lieber auf eine Analyse der Erzählkonstruktion. So interessant sie ihm vorkommt, so problematisch findet er sie auch: Zwei Tagebuchfiktionen, eine des Zionisten Luminsky im Stil des späten 19. Jahrhunderts, die andere des arabischen Erzählers gehalten wie eine historisch-arabische Erzählung. Eine stilistische Differenz, die der Autor nur beabsichtigt haben kann, wie Kunisch vermutet, die ihn als Leser aber mitunter stolpern lässt, ebenso wie Hilus Mischung aus politischem Kommentar und poetischer Fantasie. Allem Aufruhr, den das Buch in Israel verursacht hat, hält Kunisch das bizarre, doch auch erfrischende Schillern der Geschichte und ihrer Form entgegen und dass der Autor keiner seiner beiden Erzählstimmen eindeutige Präferenz gewährt.
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