Magazinrundschau - Archiv

Cultura y Nacion

3 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 15.12.2003 - Cultura y Nacion

Das ist der Vorteil, wenn man auf der südlichen Hälfte dieser einen Welt lebt: N, die bis vor kurzem noch ein wenig pompös Cultura y Nacion genannte Kulturbeilage der argentinischen Tageszeitung Clarin, bringt pünktlich zu Weihnachten die bei Zeitungslesern wie -machern weltweit so beliebten Lesetipps für den eben anbrechenden Sommer; hier die den lesehungrigen Argentiniern zum Mitnehmen an den Strand empfohlenen Romane, hier eine Handvoll Bestseller.

Vor allem aber schärft die Entfernung natürlich den Blick für die Geschehnisse auf der nördlichen Halbkugel: In einem gerade dieser Tage höchst lesenswerten Interview findet der (u. a. in der FAZ für seine brillanten Essays gefeierte) spanische Ex-Diplomat und Islamwissenschaftler Jose Maria Ridao, soeben mit großen Ehren empfangen in Buenos Aires, deutliche Worte für die Schwierigkeiten des Nordens beziehungsweise Westens im Umgang mit den "barbarischen" Völkern und Kulturen der übrigen Welt: "In den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren hat sich in Europa ein neuer Begriff von Kultur durchgesetzt. Bis dahin war Kultur ein aufklärerischer Begriff, sein Gegenteil hieß Unwissenheit. Heute dagegen benützen wir den Begriff Kultur im romantischen Sinne, heute setzen wir Kultur gleich mit Tradition, und das Gegenteil von Kultur ist eine andere Kultur, und das Gegenteil dieser anderen Kultur wieder eine andere Kultur und immer so weiter."
Stichwörter: Argentinien, Buenos Aires

Magazinrundschau vom 06.10.2003 - Cultura y Nacion

Unter der Überschrift "Borges secreto, solitario y final" erzählt Epifania Uveda, genannt "Fanny", ihres Zeichens dreißig Jahre lang Haushälterin von Jorge Luis Borges, von dessen Furcht vor seiner letzten Ehefrau Maria Kodama und davon, wie Borges nach dem Tod seiner Mutter sich jeden Abend mit dieser unterhielt, als wäre sie noch am Leben. "Abends, wenn er im Bett lag, streckte er im Dunkeln die Hand aus, und ich musste zwei in ein parfümiertes Taschentuch eingewickelte Bonbons hineinlegen; dann schlief er ein." Fannys Erinnerungen werden unter dem Titel "El senor Borges" auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse angeboten.

Weitere Artikel: Jorge Aulicino liefert zum dreißisten Todestag Pablo Nerudas einen melancholischen Bericht über die drei Wohnsitze Nerudas auf der Isla Negra, in Valparaiso sowie in Santiago de Chile. Beigefügt sind ein bislang unbekanntes Gedicht Nerudas aus dem Jahr 1948 und ein Überblick über Leben und Werk sowie Links u. a. zur Fundacion Neruda. Außerdem wird der erste Congreso Iberoamericano de Periodismo Digital angekündigt, der vom 29. bis 31. Oktober im Museo de Arte Latinoamericano von Buenos Aires stattfinden wird. Anmeldung hier.

Magazinrundschau vom 11.08.2003 - Cultura y Nacion

Lateinamerikas Zeitschriften bieten diese Woche Nestor Garcia Canclini im Doppelpack. In Cultura y Nacion, der Wochenendbeilage der argentinischen Tageszeitung Clarin, kontrastiert der in Argentinien geborene und in Mexiko lehrende Ethnologe "Show-Städte" wie Berlin, New York und Barcelona mit den "Paranoia-Städten" Lateinamerikas, die nur noch vom Polizei- oder Fernsehhubschrauber zu erfassen sind. Ins Unermessliche gewachsen bleiben dort nur gigantische Werbetafeln als Markierungen, schreibt der Theoretiker der "hybriden Kulturen" in seinem Essay "Aus der Warte der Verkehrswacht". Ihre Einwohner können sich das städtische Ganze überhaupt nicht mehr vorstellen: "Die Menschen überleben, indem sie sich ihr kleines Umfeld ausmalen". Wie wird es dort in zehn Jahren aussehen? Der wuchernde Stadtrand wird weiter an Bedeutung gewinnen, die Massenmedien noch mehr zum einzigen Bindeglied zwischen den Einwohnern mutieren und Gewalt und Unsicherheit sich noch verschärfen, meint Garcia Canclini, der allein aus einer größeren Bürgerbeteiligung an der Stadtverwaltung, wie in einigen Städten Brasiliens praktiziert, Hoffnung schöpft.