Yuri Slezkine

Das Haus der Regierung

Eine Saga der Russischen Revolution
Cover: Das Haus der Regierung
Carl Hanser Verlag, München 2018
ISBN 9783446260313
Gebunden, 1344 Seiten, 49,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm, Norbert Juraschitz und Karin Schuler. Ende der Zwanzigerjahre entstanden in Moskau 500 komfortable Wohnungen für die Elite der Sowjetunion, das Imperium wohnte unter einem Dach, dem "Haus der Regierung". Nirgendwo sonst verdichtet sich die Geschichte der UdSSR so intensiv: von den ersten Bolschewiki und ihrem geradezu religiösen Eifer über den Terror Stalins bis zum heutigen Russland. Juri Slezkine verknüpft die Geschichte des Hauses mit den Biografien seiner Bewohner zu einem Epos des 20. Jahrhunderts. Denn die Wucht der russischen Revolution lässt sich erst begreifen, wenn man den Bogen von den politischen Kämpfen bis zu den privaten Schicksalen schlägt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 02.03.2019

Uli Hufen räumt ein, dass der Leser mit Yuri Slezkines Wälzer alles andere als eine ausgewogene Darstellung der Revolution bekommt. Hinreißend, verwegen und verblüffend findet er den Roman aber allemal, weil der Autor darin Hunderte Figuren auftreten lässt, seinen jungen Revolutionären durch ganz Russland, ins Exil und in die Verbannung folgt, ihre Streitereien, ihren Frust darstellt, alles in einem überwältigenden Erzählstrom, der laut Rezensent zwar den Verlust des Glaubens an den Sowjet-Sozialismus nicht restlos erklären kann, dafür aber stilistisch groß einen Haufen Material bewältigt und zum Beispiel auf eine Art die Schauprozesse '36-'38 schildert, die Hufen das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.10.2018

Rezensent Dietmar Dath erkennt in Yuri Slezkines Buch ein bedeutendes Werk der Historiografie. Für Dath sichtbar daran, dass der Autor nicht mit Meinungen um sich wirft, sondern tiefen Zugriff auf die Geschichte und Neugier bietet. Wie der Autor die russische Revolution angeht, mit Fleiß, ethischem Ernst, Dichte und schwungvollem Erzählen, gefällt dem Rezensenten außerordentlich. Der analytische Teil des Buches überzeugt ihn am wenigsten. Ein antikommunistisches Standardwerk für Kommunisten, das sein Feuer vor allem aus dem Bericht von Schicksalen bezieht, meint Dath.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 06.10.2018

Fabian Wolff verheißt eine ziemlich aufwühlende Lektüre, wenn er den "absoluten und brutalen Irrsinn" annonciert, den der russisch-amerikanische Historiker Yuri Slezkine mit seinem Geschichtswerk "Das Haus der Regierung" beschwört: Den Großen Terror, mit dem Stalin 1936 die alte Garde der Bolschewiki ausradieren ließ und über ganz Moskau Angst und Schrecken brachte. Slezkine malt in drei Strängen - historisch, biografisch, literarisch - die Zeit anhand eben jenes Hauses aus, in dem die politische und kulturelle Elite der Sowjetunion lebte. Angesicht der Sprachgewalt, die Slezkine dabei entfesselt, sieht der Rezensent den alten Dialektischen Materialismus (Diamat) in reinste "Diamadness" verwandelt. Am Ende findet Wolff jedoch Slezkines große, in den USA kontrovers diskutierte These, derzufolge der Bolschewismus ein religiös-apokalyptischer Endzeitfanatismus gewesen sei, ein wenig banal.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2018

Eine große Saga der ersten Bolschewisten hat der Ethnologe und Historiker Yuri Slezkine hier geschrieben: die Lektüre ist ein "intellektuelles Vergnügen", versichert der hier rezensierende Historiker Gerd Koenen.  Slezkine erzählt diese Geschichte entlang der Bewohner des 1930/31 in Moskau für die bolschewistische Elite erbauten "Hauses an der Moskwa". Anhand einer Fülle von Briefen, Tagebühchern und Fotos zeichnet Slezkine schlaglichtartig die Verstrickungen, Triumpfe und schließlich den Untergang einzelner Revolutionäre und ihrer Familien nach. Das liest sich atemberaubend für Koenen, der eigentlich nur mit der Schlussfolgerung Slezkines Probleme hat: Die Kinder, die in diesem Haus aufwuchsen, lernten - unterrichtet von Großeltern und Kinderfrauen - immer noch genug humanistische Bildung, um später an der Revolution zu zweifeln. Die Kommunisten Chinas machten da nach Ansicht Slezkines einen besseren Job. Und sie wurden rechtzeitig national. Kann man so sehen, denkt sich Koenen. Aber die Vorstellung, dass der Bolschewismus scheiterte, weil er nach Ansicht des Autors "nicht totalitär genug" war, schmeckt ihm gar nicht.