Wolfgang Streeck

Zwischen Globalismus und Demokratie

Politische Ökonomie im ausgehenden Neoliberalismus
Cover: Zwischen Globalismus und Demokratie
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518429686
Gebunden, 538 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

In der Hochphase des Neoliberalismus galt die Globalisierung als unvermeidlich und die umverteilende Demokratie als überholt. Wachsender Wohlstand für alle war das Versprechen, wachsende Unfähigkeit, die kapitalistische Ungleichheitsmaschine zu bändigen, ist das Ergebnis. Taumelnde Volksparteien, schrumpfende Gewerkschaften sowie grassierende Zweifel an der Leistungsfähigkeit demokratischer Institutionen sind die eine Folge dieser Entwicklung. Die andere sind Bewegungen wie die "Gelbwesten" sowie neue Parteien an den Rändern des politischen Spektrums. Längst hat in vielen Ländern ein Tauziehen um die politische Ordnung begonnen, das die Gesellschaften zu zerreißen droht.
Angesichts dieser Situation ist die Zeit reif für eine grundlegende Entscheidung, sagt Wolfgang Streeck in seinem neuen Buch. Soll es mit dem Umbau des Staatensystems weitergehen wie gehabt, das heißt in Richtung einer noch stärkeren überstaatlichen Zentralisierung? Oder wäre der Weg in eine moderne, auf friedliche Kooperation ausgerichtete "Kleinstaaterei" die bessere Lösung? Mit dem Ziel einer Neubegründung demokratischer Politik vor Augen fällt sein Votum eindeutig aus: für den zweiten Weg, auch und gerade in Europa. Denn schon die EU, wie wir sie kennen, ist Streeck zufolge nicht demokratisierbar.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.10.2021

Der hier rezensierende Soziologe Armin Nassehi würde den Kollegen Wolfgang Streeck gern vor seinen eigenen Argumenten in Schutz nehmen, wenn der dem Neoliberalismus mit dem "homogenen Nationalstaat" beikommen möchte. Dass solche Ideen in Schnellroda auf Zuspruch stoßen, kann sich Nassehi leicht ausmalen. Allein dem Autor fehlt allzu sehr der Sinn für das kreative Potenzial der Märkte, ahnt der Rezensent. Und wie Streeck die "strukturelle Integrationskrise" moderner Gesellschaften zu lösen versucht, nämlich mit homogenen Kollektiven, lässt Nassehi ratlos zurück. Dass sich der souveräne Nationalstaat selbst genug sei, wie der Autor laut Rezensent behauptet, möchte Nassehi jedenfalls nicht glauben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2021

Rezensent Klaus-Rüdiger Mai wird nicht recht froh mit Wolfgang Streecks Entwurf einer von Regionalmächten angetriebenen Rückeroberung des Primats der Politik über die Ökonomie. Schon Streecks Rückgriff auf Karl Polanyi scheint ihm problematisch, weil der Wirtschaftshistoriker nachweislich oft irrte. Auch den Umstand, dass eine von Einschränkungen und Verboten geprägte Politik Interessenkonflikte verschärft, übersieht der Autor laut Mai bei seiner Darstellung. Streecks Idealisierung von Regionalmächten hält der Rezensent für Wunschdenken.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.09.2021

Rezensent Detlev Claussen liest Wolfgang Streecks "Abgesang" auf den Neoliberalismus mit ebenso viel Interesse wie Widerspruch. Gut folgen kann der Kritiker dem Soziologen, wenn er ihm zunächst von der "Ära neoliberaler Reformen" in den Siebzigern, dem Siegeszug des Neoliberalismus seit dem Ende der Sowjetunion und der darauffolgenden Krise erzählt: "Scharfsichtig" legt ihm Streeck nicht zuletzt mit Blick auf die Coronakrise dar, dass die "kapitalistische Akkumulationslogik" doch auf den Nationalstaat angewiesen blieb und wie wenig die internationalen Institutionen der Krise entgegensetzen konnten. Wenn Streeck dann allerdings die Rückkehr zum Nationalstaat und zu einer "plebejisch-demokratischen" Politik proklamiert, zudem den Aufstieg Chinas nicht anerkennt, urteilt Claussen: "Ökonomischer Kenntnisreichtum schützt eben vor Torheit nicht."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.09.2021

Rezensent Nils Minkmar machen Wolfgang Streecks Gedanken ein bisschen Sorgen. Dass es Streeck nicht gelingt, eine überzeugende Alternative zum Kapitalismus zu entwerfen, wie der Autor es sich vornimmt, sondern dem Leser statt Ideen Ideologie vorsetzt, enttäuscht den Rezensenten. Streeck kennt er als geistreichen Zeitkritiker, doch davon hier leider keine Spur. Der Autor polemisiert gegen den "Globalismus" und eine Dämonisierung des Nationalstaats, die Minkmar ganz und gar nicht erkennen kann. Auch der Versuch, das Scheitern der EU darzulegen, gelingt dem Autor laut Rezensent nicht. Das von Streeck formulierte Ziel einer "neonationalistischen Wirtschaftsordnung" findet Minkmar degoutant.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 23.08.2021

Rezensent Mathias Greffrath lernt von Wolfgang Streeck das "Trilemma der Weltwirtschaft" kennen: Von den drei Zuständen - globalisierter Marktfreiheit, souveräner Nationalstaatlichkeit und demokratischer Gesellschaftsform - seien immer nur zwei miteinander realisierbar, hat Streeck festgestellt. Und da der Soziologe und frühere Direktor des Kölner Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in der Hyperglobalisierung ohnehin eine Gefahr für die Demokratie sehe, sei klar, wovon es Abstand zu nehmen gilt. So ganz kann man der Argumentation in Greffraths Kritik nicht folgen, aber eindeutig geht der Rezensent mit Streeck d'accord und sieht mit diesem Buch nicht nur einen Ausblick auf die Krisen, die der globalisierten Ökonomie noch bevorstehen, bevor ein radikaler Systemwandel aus ihnen hinausführen wird, sondern auch ein Beispiel für die Soziologie als Emanzipationswissenschaft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.08.2021

Im Ton höchst respektvoll, in der Sache skeptisch bespricht der Philosoph Otfried Höffe das Buch der Ko-Koryphäe Wolfgang Streeck, der mit "Zwischen Globalismus und Demokratie " wohl die Summe seiner linken EU- und Gobalisierungskritik vorlegt. Dem "Globalismus", also einer als Ideologie verstandenen Globalisierung, setze Streeck die zumindest im Begriff rückwärts gewandt klingende Idee der "Kleinstaaterei" entgegen. Höffe hat viel Sympathie für Streecks Sehnsucht nach der Nation als der angeblich einzigen Entität, die Demokratie ermögliche, aber ihm gefällt schon der Begriff der "Nation" nicht, der bei näherem Hinsehen zerbröselt. Selbst kleine Länder wie Belgien oder die Schweiz verstehen sich nicht als homogene Gebilde der Kleinstaaterei. Und Länder der USA hingegen werden sich erst recht nicht in Streecks "Kleinstaat" fügen, so Höffe . Er möchte auch einen differenzierteren Begriff von Globalisierung, und er will eine weitergehende Integration von Einzelstaaten nicht ausschließen, "aber bitte von unten". Streecks anregenden Ausführungen wünscht er dennoch viele Leser und in der zweiten Auflage auch ein Personen- und Sachregister.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.07.2021

Rezensent Günther Nonnenmacher findet es mutig von Wolfgang Streeck, so ein Buch herauszubringen. Allerdings vermutet er auch etwas Größenwahn dahinter. Das Nonnenmacher imponierende Theoriegebäude, mit dem der Autor ökonomisch, soziologisch und historisch das Ende der Hyperglobalisierung vermeldet, erweist sich allerdings für den Rezensenten als wenig tragbar, sobald der Autor die Wandlung des globalen Systems in Nationalstaaten genauer zu beschreiben versucht. Unbestimmt bleibe er hier, kritisiert Nonnenmacher. Mitunter scheint er sogar naiv, etwa wenn Streeck die neuen internationalen Beziehungen skizziert. Seine Abneigung gegen die EU macht den Autor laut Rezensent zudem bisweilen blind gegenüber den Verhältnissen, den unschönen Begleiterscheinungen des Brexit etwa oder den Errungenschaften der Kooperation.
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