Timothy Garton Ash

Ein Jahrhundert wird abgewählt

Europa im Umbruch 1980-1990, Erweiterte Neuausgabe
Cover: Ein Jahrhundert wird abgewählt
Carl Hanser Verlag, München 2019
ISBN 9783446264663
Gebunden, 496 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Yvonne Badal und Andreas Wirthensohn. Timothy Garton Ash zählt zu den wichtigsten Chronisten der europäischen Revolution von 1989. Schon Jahre zuvor war er in den Metropolen Mitteleuropas unterwegs und traf sich mit Dissidenten wie Lech Walesa und Václav Havel. Aus seinen Reportagen erfuhr der Westen, wie der Osten in Bewegung geriet. Und bereits im Herbst 1990 legte Garton Ash ein wichtiges Buch über diese Epochenwende vor: "Ein Jahrhundert wird abgewählt". 30 Jahre später hat Garton Ash noch einmal die Länder des ehemaligen Ostblocks besucht, um zu erkunden, was aus den damaligen Hoffnungen und Visionen geworden ist. Der Bericht seiner Reise vervollständigt die Neuausgabe dieses Klassikers der Zeitgeschichte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.02.2020

Rezensent Thomas Speckmann rät dringend zur Wiederlektüre von Timothy Garton Ashs Buch von 1990. Die vorliegende Neuauflage macht's möglich und beschenkt den Leser auch noch mit einem hinzugefügten Kapitel, in dem der Autor "sein" Osteuropa der 1980er mit dem von heute vergleicht, wie Speckmann schreibt. Wie sich die Perspektive der Handelnden im Prager Letna-Park, in Danzig und in Budapest verändert hat, was geblieben ist, vermittelt Ash laut Rezensent mit gewohnter journalistischer wie wissenschaftlicher Brillanz. Dabei korrigiert der Autor Fehlwahrnehmungen des Westens, zeigt das Fortbestehen von Zweifeln, Ängsten, Problemen und Vorurteilen sowie den Zusammenhang zwischen Freiheit und Emigration, erklärt Speckmann.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.12.2019

Micha Brumlik kennt und schätzt das Buch des britischen Historikers Timothy Garton Ash von 1990. Die vorliegende ergänzte Wiederauflage integriert laut Brumlik Eindrücke und Wissen von heute. Ashs Eindrücke aus dem untergehenden "Ostblock" scheinen Blumlik weiterhin lesenswert. Das neue Schlusskapitel, in dem der Autor den die gesellschaftliche Emanzipation in Ostmitteleuropa und den Erfolg des Rechtspopulismus in Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und der ehemaligen DDR zu erläutern versucht, findet der Rezensent besonders anregend.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 05.11.2019

Sabine Adler muss sich selbst immer wieder daran erinnern, dass Timothy Garton Ashs Essays bereits aus den achtziger Jahren stammen, so aktuell erscheinen sie ihr. Wenn der Oxford-Historiker etwa aus Ost-Berlin erzählt, dass ältere Menschen Flaschen sammeln, um ihre Rente aufzubessern, während andere über den "Soli" klagen, die Solidaritätsabgabe für Vietnam und Angola; wenn Moskau versucht, einen Keil zwischen die Nato-Länder zu treiben und dabei vor allem Deutschland und die SPD benutzt; wenn sich der polnische Katholizismus gegen jede von außen angetragene Veränderung sträubt. Dass den Polen und ihrem unerschütterlichen Widerspruchsgeist dennoch Ashs ungebrochenen Sympathie gilt, geht für die Rezensentin in Ordnung. Bemerkenswert erscheint ihr aber auch sein Vergleich der Ost-Berliner Arbeitersituation von 1979 mit 1933, dessen Pointe sie zitiert: "Vor fünfzig Jahren lebten sie in quälender Unsicherheit; heute leben sie in quälender Sicherheit."