Robert E. Lerner

Ernst Kantorowicz

Eine Biografie
Cover: Ernst Kantorowicz
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2020
ISBN 9783608961997
Gebunden, 554 Seiten, 48,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Thomas Gruber. Ernst Kantorowicz (1895-1963), einer der meist diskutierten deutsch-amerikanischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts, führte ein schillernd-dramatisches Leben, das viele große Ereignisse und Denker seiner Zeit berührte. Als Mittelalterhistoriker, dessen Ideen weit über sein eigenes Fachgebiet hinausreichen, erlangte er durch zwei Bücher Weltruhm: die Biografie Kaiser Friedrichs II. (1927) und die zum Klassiker gewordene Studie "The King's Two Bodies" (1957).
Als Sohn eines der größten deutschen Likörfabrikanten in Posen aufgewachsen, wurde Kantorowicz im Ersten Weltkrieg mehrfach ausgezeichnet, aber nach einer Affäre mit der Geliebten des Oberbefehlshabers zurückbeordert. Nach dem Krieg nahm er in seiner Heimatstadt an Kämpfen gegen die Polen, in Berlin gegen die Spartakisten und in München gegen die bayerische Räterepublik teil. In der Weimarer Republik war er leidenschaftlicher Nationalist und bevorzugter Jünger des Dichters Stefan George. 1933 erhob er als Professor in Frankfurt mutig seine Stimme gegen das Regime und knüpfte nach seiner Zwangsemeritierung in Oxford und Berlin neue Kontakte, u. a. zu Maurice Bowra, Isaiah Berlin, Marion Gräfin Dönhoff und Albrecht Graf von Bernstorff. Während der Novemberpogrome entging Kantorowicz als Jude nur knapp der Verhaftung und floh nach Berkeley. Dort entließ man ihn, als er sich 1950 weigerte, einen antikommunistischen "Treueeid" zu unterzeichnen. Kantorowicz wurde an das "Institute for Advanced Study" in Princeton berufen, wo er bis zu seinem Tod neue Freundschaften, u. a. mit Erwin Panofsky und Robert Oppenheimer, schloss. Robert E. Lerner erzählt die Geschichte eines großen Intellektuellen, dessen Leben und Epoche ebenso faszinierend waren wie seine Arbeit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.07.2020

Rezensent Paul Ostwald freut sich über Robert E. Lerners "brillante" Biografie über den Historiker Ernst Kantorowicz, in dessen Vita sich laut Rezensent das 20. Jahrhundert maximal verdichtet. Die Lebensgeschichte des jüdischen Gelehrten mit Lehrstühlen in Oxford und Princeton erzählt Lerner laut Ostwald umfänglich und eingängig. Sowohl die Seelenverwandten des Historikers kommen vor wie auch dessen dandyhaftes Benehmen und seine "politische Liberalisierung", erklärt der Rezensent. Dass Kantorowicz auch nach der Lektüre weiter als Chamäleon erscheint, ist bei diesem rastlosen Charakter gar kein Wunder, versichert Ostwald.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 08.06.2020

Katharina Teutsch schätzt an Robert E. Lerners Kantorowicz-Biografie die "warmherzige Genauigkeit". Ob der Autor die George-Jahre in Heidelberg oder die Zeit in Berkeley und Princeton beschreibt, immer spiegeln sich im Jahrhundertintellektuellen Kantorowicz die Turbulenzen seiner Epoche, staunt Teutsch. Lerners "zuneigende Distanz" und Sinn für Details der "professoralen Milieus", in denen sich Kantorowicz bewegte, scheint Teutsch fesselnd. Dass der Autor auch "zeitgenössische Fragen" stellt und mit Kantorowicz sowohl einen Freigeist wie auch einen "misogynen Alleinherrscher" porträtiert, gefällt Teutsch überdies gut.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.02.2020

Rezensent Harro Zimmermann bekommt von dem amerikanischen Historiker Robert E. Lerner zwar keine Neuigkeiten über Ernst Kantorowiczs Rolle im George-Kreis, maßgeblich für lange, so mutmaßt Zimmermann, wird die Biografie aber dennoch sein. Dafür sorgt laut Rezensent schon die enorm breite Quellenbasis mit 1500 Briefen und zahllosen anderen Dokumenten. Die Nachzeichnung des Lebensweges und die Analysen von EKas wichtigsten Werken scheinen Zimmermann ebenso überzeugend, wenngleich es der Autor mit seinem Hang zur Vollständigkeit mitunter gar übertreibt. Wer den Lebenmann und Intellektuellen Kantorowicz in seinem Tun und Denken live erleben möchte, lese dieses Buch, rät der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 15.02.2020

Dirk Schümer lernt in Robert E. Lerners Biografie den Paradiesvogel Ernst Kantorowicz kennen und ihn zu vermissen. In gut lesbarer Sprache nimmt sich der Autor laut Schümer immer wieder den Exzentriker und Dandy Kantorowicz vor, ohne ihn moralisch zu beurteilen oder über sein erotisches Leben zu spekulieren, schildert seinen Wandel zum ernsthaften Gelehrten und auch alle anderen chamäleonartigen Wechsel von Ideologien, Ansichten und Haltungen im Leben des Mannes. Grandios, findet Schümer.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 07.02.2020

Rezensent Marko Martin empfiehlt Robert E. Lerners Biografie über Ernst Kantorowicz als "maßgeblichen" Einblick in Leben und Werk des jüdischen Intellektuellen und in die "intellektuellen Wandlungsprozesse" des 20. Jahrhunderts. Wie unaufgeregt aufregend, fern von trockener Textgenese und "steilen Erklärungen" der Autor diese Lebensgeschichte schildert, Liebesleben inklusive, findet Martin bemerkenswert.