Philipp Ther

Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent

Eine Geschichte des neoliberalen Europa
Cover: Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent
Suhrkamp Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783518424612
Gebunden, 432 Seiten, 26,95 EUR

Klappentext

Als im November 1989 die Mauer fiel, begann ein Großexperiment kontinentalen Ausmaßes: Die ehemaligen Staaten des "Ostblocks" wurden binnen kurzer Zeit auf eine neoliberale Ordnung getrimmt und dem Regime der Privatisierung und Liberalisierung unterworfen. Philipp Ther war vor Ort, als die Menschen damals in Prag auf die Straße gingen, später lebte er mehrere Jahre in Tschechien, Polen und der Ukraine. In diesem Buch legt er eine umfassende zeithistorische Analyse der neuen Ordnung auf dem alten Kontinent vor - und zwar erstmals in gesamteuropäischer Perspektive. Angereichert durch persönliche Erfahrungen, rekapituliert Ther den Verlauf der "verhandelten Revolutionen". Er zeigt, dass der Umbau der mittel- und osteuropäischen Ökonomien auch auf Länder im Westen zurückwirkte, die Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung interpretiert er zum Beispiel als "nachholende Modernisierung".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.11.2014

Trotz der mutmaßlichen Kurzlebigkeit der Befunde, möchte Rezensent Kim Christian Priemel das Buch des Osteuropa-Historikers Philipp Ther empfehlen. Die Versäumnisse in der jüngsten Geschichte Europas bilanziert der Autor laut Priemel auf famose Art, erst im Hinblick auf die Desintegration sozialistischer Diktaturen, dann im auch Lokales berücksichtigenden Panoramablick auf die Revolutionen 1989 bis 1991, wie Priemel schreibt. Die Verschiedenheit der jeweiligen Neuerfindung kann ihm der Autor eindrucksvoll nachzeichnen. Thers Bewertungen scheinen dem Rezensenten aktuell, klar und anregend und sorgen für spannende Lektüre, auch wenn der Autor die Geschichte des neoliberalen Europa letztlich schuldig bleibt, da er den Westen fast vollständig ausblendet und die Quellen für eine solche auf konkrete Entscheidungen und Akteure angewiesene Darstellung schlicht noch fehlen, wie Hintermeier erklärt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.11.2014

Grundsatzkritiken am Neoliberalismus gibt es zuhauf, weiß Matthias Arning, der Philipp Thers "Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent" auch deshalb so zu schätzen weiß. Denn Ther ist weniger an Grundsätzlichem interessiert als am konkreten Alltag und an seinem Wandel, berichtet der Rezensent. Im Fokus stehen dabei die Reformen und Umbrüche in Polen, Ungarn und Tschechien seit dem Mauerfall, so Arning, der beeindruckend findet, wie fließend bei Ther der Übergang in die Darstellung der Gegenwart ist, andere Chronisten tendieren dazu, mit schrumpfendem zeitlichen Abstand einfach immer mehr Details aufzuzählen, erklärt der Rezensent. Die kontinuierliche Osterweiterung der Europäischen Union erscheint Arning angesichts der enttäuschten Hoffnungen nach 1989 umso wichtiger.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 08.11.2014

Stephan Wackwitz lobt Philipp Thers Buch als lohnende Geschichtsstunde. Der Leser lernt laut Wackwitz, wie sich das gesellschaftspolitische und schließlich wirtschaftliche Wunder der Transformation in Mittelosteuropa im Einzelnen vollzogen hat und mit welchen Folgen. Für Wackwitz ist das Krimistoff, solide und unterhaltsam erzählt vom Historiker Ther. Brillant formuliert zudem, meint der Rezensent, und mit der nötigen Kenntnis neoliberaler Politik und Wirtschaft, die dem Leser sogar neueste Kremlpropaganda entschlüsselt, wie Wackwitz staunt, und ihm auch eine Aufgabe mit auf den Weg gibt: Solidarität mit dem gen Europa strebenden Osten zu üben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.10.2014

Einen äußerst lesenswerten historischen Rückblick auf die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit in Europa kann Rezensent Jens Bisky mit Philipp Thers neuem Buch "Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent" empfehlen. Der Historiker ziehe mit Blick auf die Reformen in den ehemals sozialistischen Ländern bis hin zur aktuellen Misere in den südeuropäischen Ländern eine Bilanz der Geschichte des neoliberalen Europa, so Bisky, der insbesondere Thers Verzicht auf eine "rechthaberische" Fundamentalkritik lobt. Vielmehr schaue der Historiker auf die Wirklichkeit und ihre Unterschiede zur Reklame der Finanzmärkte. Auch mit den von Ther "klug" kommentierten Statistiken ist Bisky zufrieden, erfährt er hier etwa, wie erfolgreiche die Strukturhilfeprogramme Europas waren. Nicht nur aufgrund des sehr informativen Vergleichs zwischen Berlin und Warschau ist dieses "elektrisierende" Buch ein guter Anlass, um für die Zukunft zu lernen, schließt der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.10.2014

Philipp Thers "Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent" hat den Rezensenten György Dalos sehr beeindruckt. Das Buch ist schön geschrieben, akribisch recherchiert und logisch einwandfrei in seinen Argumenten, so der Rezensent. Ther beschreibt die Geschichte des neoliberalen Europa seit dem Jahr 1989, dessen Umbrüche er auf die unbeabsichtigten Folgen der Reformen Gorbatschows zurückführt, berichtet Dalos. Es folgt eine genaue Untersuchung der sich wandelnden Ökonomien und politischen Strukturen der Ostblockstaaten, ihres Verhältnisses zum Westen, der Migration, der Finanzkrise und ihrer Folgen bis hin zum aktuellen Konflikt zwischen Putins Russland und der Ukraine, fasst der Rezensent zusammen, der mit der Lektüre mehr als zufrieden ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 27.09.2014

Kenntnisreich und ausgewogen scheint Steffen Vogel die Zwischenbilanz der Reformen in Ost- und Mitteleuropa aus der Feder des Historikers Philipp Ther. Dass sich der Autor nicht dazu hinreißen lässt, die neoliberale neue Ordnung unter Generalverdacht zu stellen, sondern ihr auch positive Seiten abgewinnt, gefällt Vogel. Thers Darstellung ost- und mitteleuropäischer Diskurse profitiert Vogels Ansicht nach von der eigenen Anschauung des Autors und von dessen unaufgeregter Argumentation. Dass Ther Erfolge und Härten der Entwicklungen gleichermaßen in seine Betrachtung einbezieht, findet Vogel richtig. Interessante Einzelheiten erfährt er über die Unterschiede der einzelnen Länder sowie über die Krise in der EU seit 2008, während die Passagen im Buch zu Südeuropa Vogel eher schwach erscheinen.