Philipp Felsch

Der lange Sommer der Theorie

Geschichte einer Revolte 1960-1990
Cover: Der lange Sommer der Theorie
C.H. Beck Verlag, München 2015
ISBN 9783406668531
Gebunden, 327 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Für drei Jahrzehnte gehörte der Theorieband als Vademekum in jede Manteltasche. Es war die Zeit der apokalyptischen Meisterdenker, der glamourösen Unverständlichkeit und der umstürzenden Lektüreerlebnisse. Heute, wo die intellektuellen Energien von ྀ in schwach glimmende Substanzen zerfallen sind und viele der einstigen Akteure ihre Memoiren geschrieben haben, ist es Zeit zurückzublicken: Was war Theorie? In West-Berlin versorgte der Merve Verlag die Leser von den Kadern der Studentenbewegung über Spontis und Punks bis zu den Avantgarden des Kunstbetriebs mit ihrer Ration von wildem Denken. Philipp Felsch schreibt die Geschichte einer geistigen Revolte, indem er den Abenteuern der Büchermacher und ihres Umfelds folgt. Vor allem aber vertraut er sich der Geschichte ihrer Leser an, um eine Epoche wiederauferstehen zu lassen, in der das Denken noch geholfen hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.06.2015

Etwas Theoriemüdigkeit vermutet Uwe Justus Wenzel schon am Werk bei Philipp Felsch. Dass der Autor in seiner Ideenreportage fast ganz ohne das Fleisch der Theorie, Inhalte also, auskommt und stattdessen wirklich nur die Geschichte der Theorie anhand ihres Gebrauchs zu schreiben sucht, scheint dem Rezensenten beinahe als Ding der Unmöglichkeit. Was der Autor aus den vierzig von Peter Gente an das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe verkauften Kartons mit der Merve-Verlagsgeschichte in Briefen, Manuskripten und Notizen herausdestilliert, ist für Wenzel dann allerdings doch zeitgeschichtliches Lesevergnügen genug, um uns das Buch zu empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.03.2015

Otto A. Böhmer schätzt an diesem Buch des Historikers Philipp Felsch vor allem den "Sicherheitsabstand", den der Autor zu seinem Sujet einnimmt. So entsteht laut Böhmer ein "schönes" Buch über die Zeit, als Frankfurter Schule, Poststrukturalismus und Systemtheorie Bestseller wurden, eine kritische Idylle, wie Böhmer schreibt. Theorie als ästhetisches Erlebnis, was das bedeutete, exemplifiziert der Autor laut Böhmer an Peter Gentes und Heidi Paris' Merve Verlag. Gute Wahl, meint der Rezensent, weil der Autor so einer Einlassung auf die damaligen "Bleiwüsten" entgeht. Die Geschichte der Revolte, freut sich Böhmer, erzählt der Autor so zwar ohne Hingabe, aber auch ohne Zorn. Wehmütig stimmt sie den Rezensenten ohnehin.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.03.2015

Philipp Felsch widmet sich in seinem Buch "Der lange Sommer der Theorie" dem intellektuellen Vor- und Nachspiel der Achtundsechziger Revolte, besonders den Entwicklungen innerhalb des Merve Verlages, berichtet Michael Rutschky, der sich hauptsächlich mit dem Resümieren des Inhalts begnügt. Der ist zwar durchaus interessant zusammengetragen, es fehlt allerdings an kritischen Momenten, findet der Rezensent. Felsch beteilige sich so an der einseitigen Darstellung des Bildungsbürgertums, die im traditionellen Kulturkult münde.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2015

Respekt zollt Rezensent Jens Bisky dem Historiker Philipp Felsch schon allein für die aufwändige Recherche. Denn der Autor schreibt in diesem mitreißenden Werk nicht nur über den Merve-Verleger Peter Gente, dessen ersten Verlagstätigkeiten und intellektuellen Schriften, sondern beleuchtet insbesondere die Verlagsgeschichte in den Jahren zwischen 1960 und 1990, die den Kritiker auf Foucault, Baudrillard, Deleuze, Guattari, Luhmann oder Althusser treffen lässt. Von Felschs Erzählkunst gebannt, lässt sich Bisky gern in diese "Geschichte einer Revolte" ziehen, lobt das Buch als gelungenen Einblick in prägende Momente der bundesrepublikanischen Mentalitätsgeschichte und schwelgt nicht zuletzt mit Heiner Müller oder Martin Kippenberger im Westberliner Nachtleben. Ein wenig mehr Theorie, mehr Analyse hätte dem Buch durchaus nicht geschadet, findet der Rezensent, der sich aber zugleich über Felschs zahlreiche im Archiv geborgene "Trouvaillen" freut.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 07.03.2015

Von den Büchern her lernt Mladen Gladic bei Philipp Felsch die Wirkungsmacht der Theorie kennen, wie sie sich in den 60er und 70er Jahren mit Suhrkamps Theoriereihe und Peter Gentes Merve-Verlag in Deutschland entwickelte. Großartig findet er, wie der Kulturwissenschaftler Felsch die Geschichte der Theoriebildung und -rezeption anhand einer Verlagsgeschichte erzählt. Mutig, weil der Autor sich eben nicht auf Textinterpretationen einlässt, wie Gladic anmerkt, sondern sich an die Fersen Gentes heftet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.03.2015

Vergnüglich zu lesen findet Helmut Mayer, was Philipp Felsch in seinem Buch über den Merve-Verlag und die theoretische Gegenkultur der 70er und 80er Jahre zusammenträgt. Mit Achtung stellt der Rezensent fest, wie groß der Quellenberg ist, aus dem der Autor schöpft, wenn er die Geschichte von Merve und Suhrkamp und ihre Verbindungen zur Frankfurter Schule und zur Studentenbewegung nachzeichnet, um zu Einsichten über die Versprechen der Theorie, über Präsentationsformen, Rezeptionshaltungen und Gebrauchsweisen zu gelangen. Elegant geschrieben und aufschlussreich scheint Mayer diese Geschichte, auch da Felsch dem Leser nicht die Probleme der Praxis, ihre Volten und Untiefen vorenthält und er in Wohnküchen und Kneipen blickt. Weil der Autor das alles mit der Unsentimentalität des Nachgeborenen macht, aber doch mit Leidenschaft, hat er den Rezensenten auf seiner Seite.
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