Nico Bleutge

nachts leuchten die schiffe

gedichte
Cover: nachts leuchten die schiffe
C.H. Beck Verlag, München 2017
ISBN 9783406705335
Gebunden, 87 Seiten, 16,95 EUR

Klappentext

Echos und Lesefetzen, eigene und fremde Stimmen, die sich zu einem Dritten formen. Solche Sprachfunde sind für Nico Bleutge wie Kraftfelder, die seine Aufmerksamkeit bündeln. Den Kern des neuen Bandes bildet ein Zyklus aus zehn längeren Gedichten, die sprachlich und motivisch eng verzahnt sind. Der Bosporus als Sprungbrett: Öltanker und Containerschiffe, die etwas davon erzählen, wie der weltweite Handel die überkommenen Vorstellungen von Zeit, Transport und Geschwindigkeit verändert hat. Erinnerungen aus der Kindheit tauchen auf. Splitter aus Alfred Döblins "Berge Meere und Giganten". Ein Reservoir für die Sprach- und Klangwelt der Gedichte: "mischte sich jenes licht mit dem licht, erzeugte ihre verbindung / ein anderes licht, verwandtschaft von flucht und begreifen / ein zwischending aus gas und flüssigkeit / das die welt umpflügte." Nico Bleutge zeigt uns die Zeitschichten und Mehrdeutigkeiten, die in der Sprache versteckt sind - aber auch die Verknüpfungen, Gemeinsamkeiten, die das Gedicht immer wieder aufspüren kann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.07.2017

Rezensent Christoph Bartmann ist entzückt, dass Nico Bleutges Gedichte anders als andere Gegenwartslyrik nicht ins Sprach-Labor führen, sondern in die Außenwelt der Dinge, mit der sie das Gespräch aufnehmen. Schiffe am Bosporus etwa. Der Einklang von Welt und Sprache, der daraus resultieren kann, macht Bartmann happy. Doch auch das Scheitern, wenn Dispersion und Zerstreuung ins Spiel kommen, findet der Rezensent die Erfahrung wert. Mal liest er Döblin, Müller oder Inger Christensen heraus, mal rührt sein sinnliches und intellektuelles Vergnügen an den Texten ganz von der Bewegung der Verse her.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.06.2017

Rezensent Jochen Jung mag Nico Bleutges Gedichte, die ihn erstmal mit ihrem musikalischen Klang einfangen und erst nach und nach ihre Botschaft zu erkennen geben. Erfreut und neugierig nimmt der Kritiker den vierten Band des Lyrikers und Kritikers zur Hand, der ihn in einzelnen Zyklen mit auf Reisen durch die Türkei, Polen, Sachsen, Russland, Afrika oder die Schweiz nimmt und dabei ganz neue, auch beunruhigende Sichtweisen auf eine nach "Eisen, Salz und kühlem Wasser" schmeckend Welt eröffnet. Doch auch heitere Töne gibt es, und wenn der Autor schreibt: "ein rechtes drachenherz muss höher schlagen", dann scheint er sich damit gleichsam selbst anzufeuern, stellt Jung fest. Dass Bleutge seinen an Assoziationen und Anspielungen reichen Band mit einer Liste mit Verweisen auf Kollegen vergangener Jahrhunderte versehen hat, imponiert dem Rezensenten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.04.2017

Als lyrischen Wahrnehmungsphänomenologen und Archäologen der Naturdinge bezeichnet Michael Braun den Dichter Nico Bleutge. Dessen vierter Gedichtband überzeugt Braun mit "Wahrnehmungsekstasen" und einem funkelnden Bildprogramm. Ob im Zyklus auf das Wasser oder in der Anverwandlung anderer Dichterstimmen von Trakl bis Inger Christensen - immer scheint Braun der Autor ganz eigene Zugänge zum Stofflichen zu finden, zu Licht, Pflanzen und Steinen, und zur Morphologie der Wörter. Romantisch kommt ihm Bleutge vor, wenn er synästhetisch die Grenzen zwischen Ich und Welt auflöst. Noch im Hermetischen erscheint ihm dieser Dichter faszinierend.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.04.2017

Rezensent Christian Metz ist ganz beruhigt, dass Nico Bleutge in seinem vierten Gedichtband einfach an seinem einzigen Gedicht weiterschreibt, statt sich ganz neu zu erfinden. Muss er nicht, findet Metz. Klug, wortgewandt und elegant war der Autor schon immer, versichert der Rezensent. Vor allem aber bleibt es bei der "Poesie im Detail", bei der gewohnten, sich in den Gegenstand hineindrehenden Beschreibungsgenauigkeit, der Fülle optischer Eindrücke, so Metz. Wie mit den Augen Caspar David Friedrichs schaut der Rezensent zum Beispiel zusammen mit dem Autor auf die See, nur dass keine Psychologisierung stattfindet, sondern sich die Perspektivfigur auflöst, wie der Rezensent sein Erleben schildert. "Knisterfein" und "kristallklar" die Sprachbewegung, faszinierend die Facetten, findet er. Und das ist immer neu.
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