Ludolf Herbst

Hitlers Charisma

Die Erfindung eines deutschen Messias
Cover: Hitlers Charisma
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010
ISBN 9783100331861
Gebunden, 329 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Hitlers Charisma - ein Produkt der NS-Propaganda. Alle Charakterisierungen der NS-Diktatur als charismatische Herrschaft führen in die Irre. Sie beruhen nicht nur auf unsachgemäßen Anwendungen der Herrschaftssoziologie von Max Weber; sondern vor allem auf Unterschätzung der manipulativen Möglichkeiten moderner Propaganda, die die NSDAP seit 1930 wie keine anderen Partei beherrscht hat. Der Autor nimmt die Charisma-These sachkundig auseinander und zeigt, wie Adolf Hitler zunächst im rechtsradikalen Milieu zum Messias stilisiert und schließlich zum Mittelpunkt öffentlicher Verehrung gemacht wurde.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.07.2010

Hohe Erwartungen hatte Rolf Wiggershaus an Ludolf Herbsts Werk über "Hitlers Charisma" angesichts dessen Kritik an Ian Kershaws Hitler-Biografie und an Hans-Ulrich Wehlers viertem Band der Deutschen Gesellschaftsgeschichte. Erfüllt haben sie sich nicht. Tatsächlich zeigt sich Wiggershaus enttäuscht von der Studie des Historikers. Deren Untertitel "Die Erfindung eines deutschen Messias" verspricht für ihn eine Klarheit, die der Band letztlich nicht einlöst. Er hält dem Autor vor, sein zunächst entworfenes theoretische "Begriffsgitter" nicht mit Leben füllen zu können. Die Frage, ob und inwiefern es eine charismatische Beziehung zwischen Hitler und den Deutschen gegeben hat, wird nach Ansicht von Wiggershaus nicht klar beantwortet. Im Detail bietet das Buch in seinen Augen durchaus Interessantes - zumindest für Leser die etwa Peter Reichels "Der schöne Schein des Dritten Reichs" nicht kennen. Im Ganzen aber hat ihn das Werk nicht überzeugt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.05.2010

Gründlich aufgeräumt hat der Autor mit dem Mythos vom genuinen Führercharisma, freut sich Gregor Schöllgen. Weil bei Ludolf Herbst der Nachweis so quellenstark, anschaulich, präzise und mit Hinweis auch auf Hitlers frühe Misserfolge gelingt und der Autor zeigen kann, wie der Propagandacoup nach Hindenburgs Tod (durchaus nicht immer einmütig) geplant und ausgeführt wurde, kann Schöllgen das Unverständnis über die "vernebelnde" Inanspruchnahme Max Webers und seiner Herrschaftstheorie für diesen Nachweis auch verkraften.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.05.2010

Als "wichtigen, ja wegweisenden Beitrag" zur Hitler-Forschung beschreibt Volker Ullrich dieses Buch des Berliner Historikers. So scharfsinnig nämlich und zugleich empirisch differenziert ist die Inszenierung von Hitlers Charisma aus seiner Sicht noch nie beschrieben worden. Beeindruckt rekapituliert der Rezensent, wie Ludolf Herbst auf der Basis von Max Webers Konzept der charismatischen Herrschaft die Erfindung des deutschen Messias aus dem Geist der Krise von 1918/19 beschreibt. Dabei gibt Ullrich auch zu Protokoll, Herbst analysiere lediglich auf die wenigen gesicherten Quellen, lasse Theater- und Opernerfahrungen Hitlers einfließen sowie Hitlers Entdeckung und Schulung durch Reichswehroffiziere. Eingehend werde auch das Umfeld beschrieben, sowie Hitlers Erfolg auf sein schauspielerisches und rhetorisches Talent zurückgeführt. Ebenso aufschlussreich jedoch findet der Kritiker die Massenrituale der NSDAP geschildert. Ullrich bedauert nur, dass die Analyse zu früh abbricht, und auf die ersten Herrschaftsjahre nicht mehr eingegangen wird. Dies ist, wie er Herbsts Vorwort entnimmt, der schweren Krankheit zuzuschreiben, der dieses Buch abgerungen worden ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.05.2010

Der Entmythologisierung Hitlers kommt Hans Mommsen mit diesem Band von Ludolf Herbst ein Stück näher. Herbst zeigt ihm, dass es möglich ist, Hitlers Rolle als deutscher Messias als Erfindung von Hitlers Gesinnungsgenossen und sein Charisma als Legende zu erweisen. Für Mommsen liegt der Akzent dabei auf der institutionellen Verfestigung des Charismas im politischen Alltag. Der Autor liefert ihm eine nüchterne, quellenstarke Analyse der Herausbildung des Führerglaubens aus einer ursprünglich innerparteilichen Funktion und schildert ausführlich Propagandatechniken, Inszenierung und Ritualisierung des "Führerkultes". Dass Herbst davor warnt, diesem nicht nachträglich zu erliegen und sich von der Meinung distanziert, der Führerglaube hätte die ganze Nation erfasst, sowie von Positionen, die Hitler ein substantielles politisches Konzept zuschreiben, rechnet Mommsen dem Autor hoch an.
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