Konrad Paul Liessmann

Theorie der Unbildung

Die Irrtümer der Wissensgesellschaft
Cover: Theorie der Unbildung
Zsolnay Verlag, Wien 2006
ISBN 9783552053823
Gebunden, 176 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Was weiß die Wissensgesellschaft? Wer wird Millionär? Wirklich derjenige, der am meisten weiß? Wissen und Bildung sind, so heißt es, die wichtigsten Ressourcen des rohstoffarmen Europa. Debatten um mangelnde Qualität von Schulen und Studienbedingungen - Stichwort Pisa! - haben dennoch heute die Titelseiten erobert. In seinem Buch entlarvt der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann vieles, was unter dem Titel Wissensgesellschaft propagiert wird, als rhetorische Geste: Weniger um die Idee von Bildung gehe es dabei, als um handfeste politische und ökonomische Interessen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.01.2007

Heinz Dieter Kittsteiner scheint in weiten Teilen mit der Diagnose Konrad Paul Liessmanns über den Zustand der "Wissensgesellschaft" konform zu gehen. In seiner "Theorie der Unbildung" definiert der Autor "Unbildung" nicht als Verfehlung der Lernenden oder der Bildungspolitik, sondern macht sie als notwendige Konsequenz der Verhältnisse aus. Liessmann ziele vor allem auf die Reformen des Universitätsstudiums ab und sehe in der Einführung von Bachelor- und Master-Abschlüssen oder in Rankinglisten der Universitäten hauptsächlich eine Eindämmung des Besonderen und Außergewöhnlichen, erklärt der Rezensent. Kittsteiner fällt auf, dass in Liessmanns Buch von Studierenden nirgendwo die Rede ist und er fühlt sich deshalb - zur Beruhigung? - aufgerufen, auf eine wenn auch rare Gruppe von Studenten hinzuweisen, die sich ungeachtet jeglicher Hochschulpolitik und -Reformen in der Lektüre ihres Kants und Heideggers nicht beirren lassen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.01.2007

Endlich hat es mal jemand aufgeschrieben! Mit großer Erleichterung quittiert Burkhard Müller Konrad Paul Liessmanns Abrechnung mit den jüngsten Universitätsreformen. Allerdings liegen für den Rezensenten die Übel der derzeitigen Bildungspolitik derartig auf der Hand, dass er gar nicht glauben kann, dass nicht die gesamte Professorenschaft längst auf den Barrikaden steht. Nach den neuesten "Qualitätssicherungsstandards" würde Immanuel Kant ohne Auslandsaufenthalte und mit einer katastrophalen Publikationsliste heute keine Professur bekommen, lästert Müller. Denn gelesen werden akademische Arbeiten nicht mehr, sondern nach einem Punktesystem aus "Publikationsort und Zitierindex" evaluiert. Der reinste Gräuel ist ihm der Bologna-Prozess, in dem die Hochschulen europaweit angeglichen werden. Dies hat den deutschen Unis den Bachelor gebracht, den Abschluss für Abbrecher. Anstatt einfach die internationale Anrechnungspraxis flexibler zu gestalten, werden die gesamten Universitäten umgekrempelt. Wie hanebüchen diese Reformen sind, das findet Müller mit "intellektueller Schärfe und stilistischer Energie" von Liessmann bravourös zusammengefasst.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.01.2007

Wenig hat der Rezenset Jörg Plath gegen die allgemeine Stoßrichtung dieser Streitschrift gegen den gegenwärtigen Umbau des deutschen Universitätssystems einzuwenden. Der Philosoph Konrad Paul Liessmann wendet sich gegen Ökonomisierung und Verkürzung, gegen die mit der Umsetzung des Bologna-Prozesses zu erwartende Spaltung der Universität in Elite- und Massenbereiche ebenso wie gegen die allgemeine Minderschätzung nicht als unmittelbar verwertbar erkennbaren Wissens. Dies alles geschieht im Rekurs auf das alte "Bildungs"-Ideal Wilhelm von Humboldts, das seit dem 19. Jahrhunderts wenigstens die Rhetorik der deutschen Universität bestimmte. Daran, dass dieses Buch nicht wirklich überzeugen kann, findet der Rezensent, ist der Autor aber selber schuld. Er verschieße schon im Vorwort sein ganzes Pulver, der Rest, der noch dazu nicht optimal strukturiert ist, habe dann vor allem Wiederholungscharakter. Auch kann sich Liessmann, bedauert Plath, nicht recht zwischen Polemik und empirisch belegter Überzeugungsarbeit entscheiden. Und dass allein die "Selbstorganisation der Wissenschaft" selig macht, daran glaubt der Rezensent auch nicht.