Richard van Dülmen (Hg.), Sina Rauschenbach (Hg.)

Macht des Wissens

Die Entstehung der modernen Wissensgesellschaft
Cover: Macht des Wissens
Böhlau Verlag, Köln 2004
ISBN 9783412133030
Gebunden, 742 Seiten, 64,90 EUR

Klappentext

Mitherausgeber: Meinrad von Engelberg. 317 schwarz-weiß Abbildungen und 38 farbige Abbildungen auf 20 Tafeln. Das Wissen, so scheint es, hat in der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts als Schlüssel zu Wohlstand, Einfluss und Macht eine überragende Bedeutung erlangt. Unsere Gesellschaft bezeichnet sich gerne als "Wissensgesellschaft", um sich von der "Industriegesellschaft" der Moderne abzusetzen. Doch auch schon vor unserer Zeit, eigentlich seit jeher, haben sich die Menschen in den verschiedensten sozialen, kulturellen und politischen Verhältnissen auf "Wissen" berufen. Und immer schon galt, dass derjenige, der über Wissen verfügte, auch Macht hatte. Aber das Wissen, um das es ging, war nicht zu allen Zeiten dasselbe. Insbesondere in der Frühen Neuzeit entstand etwas Neues, ein Wissen, das zunehmend an Bedeutung gewann und durch das sich neue Mächte und Machtverteilungen in Staat und Gesellschaft entwickelten. Dieses Wissen steht im Mittelpunkt der Darstellung. Es war verbunden mit den Kenntnissen und Konsequenzen, die sich aus einer ebenfalls neuartigen wissenschaftlichen Forschung ergaben, und es wurde grundlegend für das moderne Weltbild, die Verständigung der Menschen in immer universaleren Zusammenhängen, schließlich allgemein für die Begründung von sozialen, politischen und ökonomischen Strukturen. Das vorliegende Unternehmen knüpft an eine moderne Wissenschaftsgeschichte an, die sich auch und gerade der wissenschaftlichen Praxis, den verschiedenen und einander beeinflussenden Wissenskulturen sowie der Herkunft und Funktion der Wissenschaften widmet.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.04.2005

Angesichts des in diesem Sammelband angehäuften Wissens wagt man kaum noch Kritik zu üben, meint - zunächst etwas eingeschüchtert - Jakob Vogel. Also lobt er erst einmal, besonders die Aufsätze von Michael Stolberg und Michael Wahrig über ärztliche Heilkunst in der Frühen Neuzeit sowie den von Wolfgang Behringer über "Wunder, Besessenheit und Hexerei im wissenschaftlichen Diskurs des 17. und 18. Jahrhunderts". Dann wird er in seinen Bedenken angesichts dieser "Schatzkammer des Wissens" doch deutlicher: Allzu unangekränkelt von neueren Erkenntnissen zur zweifelhaften Wissenschaftlichkeit der "Wissenschaften" in der Neuzeit zeigten sich die Herausgeber, zu kurz kommen dem Rezensenten die esoterischeren Neigungen des damaligen Zeitgeists. Der "lobpreisende Ton einer Erfolgsgeschichte" geht ihm bei allem Respekt für die eindrucksvollen Beispiele von Gelehrsamkeit auf die Nerven.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.12.2004

Über diesen Sammelband zur Entstehung der Wissensgesellschaft weiß Thomas Thiel nur Gutes zu berichten. Die beiden Herausgeber Sina Rauschenbach und der inzwischen verstorbene Historiker Richard van Dülmen haben für ihre Unternehmung, den unzähligen Quellen des Wissens nachzuspüren, ein "kompetentes wie anregendes Forschungsteam" rekrutiert. Im Zentrum des Interesses steht dabei die entscheidende Formationsphase der Wissensgesellschaft von 1450 bis 1820, in der sich "die Wissenschaften von antiker Tradition und metaphysischer Verankerung lösten und ihre Fortschrittsdynamik gewannen". Wichtig für die Genese der Wissensgesellschaft, referiert der Kritiker, war neben Universitätsreform und der Erfindung des Buchdrucks vor allem die Loslösung von natürlich geglaubten Zusammenhängen, vom barocken Traum einer Universalwissenschaft, in dem "systematisches und spirituelles Wissen bedeutsam verwoben waren". Den eindrucksvoll bebilderten und interdisziplinär angelegten Sammelband hält Thomas Thiel für so plausibel, dass er ihn auch Laien ans Herz legen möchte. Der Gemeinschaftsarbeit gelinge es, ein facettenreiches und dichtes Bild der verworrenen Wege zum Wissen zu zeichnen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.11.2004

Insgesamt zufrieden zeigt sich Heinz Dieter Kittsteiner mit diesem von Richard van Dülmen und Sina Rauschenbach herausgegebenen "opulenten Band", der sich mit der Entstehung der modernen Wissensgesellschaft befasst. Die neuere Wissenschaftsgeschichte, die die kulturellen Rahmenbedingungen der Entstehung und Durchsetzung von Wissen untersucht, diene als Vorbild, berichtet Kittsteiner. Gegenstand sei das Wissen der frühen Neuzeit bis hinein in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit der vorgenommenen Epochengliederung ist Kittsteiner im Großen und Ganzen einverstanden. Er empfiehlt, den Band als eine Art Lexikon zu benutzen und selbst einen roten Faden zu legen. Neben Eberhard Knoblochs Artikel über die Kopernikanische Revolution hebt er Gudrun Wolfschmidts Beitrag über die neue Kosmologie hervor. Zu seinem Bedauern fehlt ein Artikel über Isaac Newton und Edmond Halley. Auch hätte er sich ein wenig mehr Systematik gewünscht, schließlich wolle er wissen, "wie die fachspezifischen Erkenntnisse sich durch die Jahrhunderte ziehen und wie sie in ihrem kulturellen und gesellschaftlichen Umfeld angenommen werden." Er hält ferner fest, dass die Aufklärung des 18. Jahrhunderts durch mehrere Beiträge zur Popularisierung des Wissens vertreten ist, und das frühe 19. Jahrhundert mit der "Geburt der Biologie", dem technischen Wissen und einem Artikel über "Wissen und außereuropäische Erfahrung". Kittsteiner sieht in dem Band eine "Buchbindersynthese", aber eine der "erfreulichen Art", ein "großes Mosaik des Wissens". Auch wenn Weiterarbeit erforderlich sei, resümiert der Rezensent, belehre der Band durch seine Bausteine zur Wissensgeschichte allemal.
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